3. Inko

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"Katsuki bitte, hör auf Trübsal zu blasen. Das bringt ihn auch nicht wieder zurück."

Katsuki, der genau wusste, auf wen seine Mutter anspielte, sprang auf und knallte seine Faust auf den Tisch.
Er schien erst etwas schreien zu wollen, besann sich dann doch eines besseren und ging still ins Bett.

Wenn er könnte, so würde er weinen.
Doch er verdiente nicht zu weinen. Nein, nicht er. Nicht nach all dem, was er seinen vermeintlichen besten Freund angetan hatte.

Ich wünschte, ich wäre nicht so ein Arschloch. Ich wünschte, ich hätte all das nicht getan. Ich wünschte, er wäre immer noch hier. Wo bist du nur? Wo? Ich will dich wieder haben. Wir wollten doch Helden werden.
Wir gemeinsam.
Aber ich habe so versucht dir diesen Traum auszutreiben und jetzt ... jetzt bist du weg. Wer weiß, vielleicht für immer.
Wenn das so ist, würde ich mir nie mehr verzeihen können.
Es wäre meine Schuld, ganz allein meine.

Izuku lauschte dem inneren Monolog des Jungen.
Doch er konnte sich keinen Reim draus machen.
Wofür wollte er sich den unbedingt entschuldigen?

Katsuki war durcheinander und konnte nicht schlafen.
Gegen kurz vor 11 zog er sich also eine dünne Jacke über und öffnete sein Fenster.

Sein Zimmer lag im zweiten stock, doch konnte er von dort einfach auf den Baum springen, der in seinem Garten stand.
Am Baumstamm waren dünne Bretter ein genagelt, die man als Treppe benutzen konnte.

Schließlich sprang er zu Boden und lief flink über die kaum beleuchtete Straße und stand nach einigen Minuten vor einem kleinen Wohnblock.

In der 3 Etage brannte noch Licht, weshalb er die Türklingel betätigte.
Nach kurzer Zeit wurde ihm geöffnet und Katsuki hastete die Treppen hinauf.

Außer Atem kam er an der Wohnungstür an, die ihm von einer kleinen Frau geöffnet wurde.
Ihre Augen waren rot angeschwollen und sie konnte nicht verstecken, dass sie geweint hatte.
Sie hatte langes, grünes Haar, welches allerdings total ungepflegt war.

Der Geist zog scharf die Luft ein.
Er kannte diese Frau.

Mama! Das ist Mama!
Rief er und machte Luftsprünge.

Beide zuckten zusammen.
Sie konnte die Stimme des Jungen hören, doch sie dachten, es sei nur reine Einbildung.

"Komm doch rein, Katsuki." Sagte sie in einer gebrechlichen Stimme.
"Tut mir leid für die späte Störung Tante Inko." Entschuldigte er sich leise, doch die Frau winkte ihn nur ab.
"Schon okay. Du bist mir immer willkommen, Katsuki, das weißt du doch."

Die beiden gingen hinein und ließen sich auf das Sofa im Wohnzimmer fallen.
Inko war müde, das sah man ihr an.

Katsuki hatte einiges auf dem Herzen, doch wusste er nicht, was er damit anfangen sollte.
Er wollte ihr so viel sagen, doch gleichzeitig wollte er einfach nur in Izukus Zimmer und dort übernachten.

"Geh ruhig, ist schon okay. Du brauchst schlaf." Sagte Inko, als hätte sie seine Gedanken gelesen.
Katsuki nickte dankend und ging zum Zimmer des Jungen.

Izuku folgte ihm, nur um zu sehen, wie sein Zimmer eingerichtet war. Als er es sah, schoss ihm einiges wieder in den Sinn. Zum Beispiel wie er das Zimmer eingerichtet hatte und warum.
Diese Bewunderung zu seinem Lieblingshelden und den eigenen Drang Held zu werden.

Katsuki schloss die Tür hinter sich und legte sich ins Bett des Jungen.
Er kuschelte sich ein und war schon bald eingeschlafen.
Der Blondschopf brauchte dieses Zimmer gerade einfach. Den Geruch, das Gefühl.

Izuku ließ ihn schlafen und schwebte zu seiner Mutter, die in ihrem eigenen Schlafzimmer saß.
Sie hatte ihren Kopf in ihre Hände gelegt und weinte bitterlich.

Den Jungen schmerzte es, sie so zu sehen.
Jetzt wünschte er sich, dass er sie tatsächlich umarmen konnte.

Er schwebte auf sie zu und drückte sie.
Ihm war es egal, ob sie die Berührung spüren würde oder nicht, er musste es einfach versuchen.

Die Frau hörte für einen Moment auf zu weinen.
Eine Wärme hatte sie ergriffen und schien sie ein weiches Tuch zu hüllen.
"Oh Izuku." Weinte sie hervor.

"Ich vermisse dich ja so schrecklich, mein Junge." Weinte sie erneut hervor.

Erst da sah der Geist, was seine Mutter neben sich liegen hatten.
Eine Waffe und einen Brief.

Die pure Angst lief ihm über den Rücken.
Er liebte seine Mutter unendlich und er konnte nicht zulassen, dass sie sich sowas antat.

Mama? Du wirst doch hier sein, wenn ich wieder komme?
Fragte er und Inko schaute sich verwirrt im Raum umher.
Du bist da, wenn ich wieder komme, nicht wahr Mama?
Du verlässt mich doch nicht, oder?

Die Frau war stock steif, sie wagte sich nicht zu bewegen. Sie wollte diese Stimme noch einmal hören. Sie musste ihren Sohn noch einmal hören.
Ich liebe dich, Mama. Ich will nicht, dass du mich allein lässt.

"Oh izuku ... oh mein Sohn. Komm zu mir zurück, mein Kind."

Keine Sorge Mama! Wir werden uns wieder sehen! Warte auf mich, ja?

"Versprochen Izuku! Ich werde auf dich warten. Komm nur schnell wieder, mein Schatz. Ich werde immer für dich ..."
Doch die Frau konnte nicht weiter reden.
Eine Müdigkeit hatte sie ergriffen und ließ sich rücklings auf ihr Bett fallen.

Sie schien wegen der Erschöpfung eingeschlafen zu sein.
Izuku übernahm schweren Herzens ihren Körper.

Es tat ihm leid, dass seine Mutter so seinetwegen leiden musste.
Izuku wünschte sich, nie gestorben zu sein.
Wüsste er doch nur, warum er gestorben war.

Auch wenn es ihm etwas merkwürdig vorkam, duschte er den Körper seiner Mutter, wusch ihr die Haare und putzte ihr die Zähne.
Er konnte nicht spüren, ob sie hungrig oder durstig war, doch einfach nur um sicher zu sein, machte er ihr einen kleinen Snack und aß ihn, bevor er dann eine halbe Flasche Wasser trank.

Dann brachte er den Körper ins Bett und kuschelte sie ein, bevor er den Körper verließ und auf sie hinab blickte.
Sie schien so traurig und einsam.

In diesem Moment wurde ihm erst wirklich klar, dass er nie wieder zu ihr zurückkehren würde.
Er würde nie wieder bei ihr sein.

Er griff die Waffe und versteckte sie, bevor er den Brief zerriss. Er las ihn nicht. Das wollte er nicht.
Schließlich machte er das Licht aus und sorgte dafür, dass nichts in der Wohnung mehr an war oder so.

Da er keinen Schlaf brauchte, machte er in der Nacht die Wäsche und das Geschirr. In regelmäßigen Abständen schaute er nach den beiden, um sicherzugehen, dass sie noch schliefen.

Als er fertig war, bemerkte er, dass es wohl etwas merkwürdig sein würde, dass alles von allein geschehen war.
Doch auch wusste er, dass seine Mutter das alles nicht allein schaffen würde.

Er musste wohl nicht nur auf Katsuki aufpassen.

Ghost BoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt