Kapitel 2

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Kapitel 2

Wir wohnen auf der Papental, nahe am Waldrand. Anfangs habe ich mich noch gewundert, dass man eine Straße so nennen kann, aber letztlich ist es doch ganz schön hier. Die Häuser sehen wunderbar idyllisch aus und wenn ich mir den Wald weg denke, könnte es mir hier sogar richtig gut gefallen. Ich wünschte nur, Mom wäre hier. Dann würde sie sich mit uns freuen und könnte mich vor diesem dunklem Wald behüten.
,, Aysu", holt mich mein Vater aus meinem Traum zurück, als er an meiner Tür steht. ,,Es gibt Essen Süße"
,,Warte kurz, ich räum' noch schnell die letzten Kisten aus!"
Mein Zimmer ist nicht gerade das größte, nur ein Fenster, obwohl sonst jedes Zimmer zwei oder drei davon hat. Links daneben steht mein Schreibtisch und dem gegenüber mein Bett. Außerdem stehen ein paar Regale in meinen Raum. So fülle ich also jedes einzelne auf. Es sieht fast wie in meinem altem Zimmer aus. Nur dass das Fenster einen Blick auf eine Menge Bäume wirft.
Als ich schließlich alles verstaut habe, begebe ich mich runter in unsere Küche. Dad hat auch hier schon alles eingerichtet. Der Tisch in der Mitte, umgeben von den Regalen, ist schon gedeckt. Es gibt Nudeln, mein Leibgericht. Der Fußboden ist wie fast überall hier aus Kork, woran ich mich sicher noch gewöhnen werden muss.
,, Aysu, wir müssen noch das Thema Schule klären", wirft mein Dad jetzt in unseres Schweigen ein.
,, Was gibt's?" Ich will die Antwort nicht wirklich wissen, aber ich frage aus Höflichkeit lieber noch einmal nach.
,,Du kommst in die 10 b. Der Direktor hat mir alles genaustens erklärt. Morgen wirst du dich deiner Klasse in einem kleinem Aufsatz über dich vorstellen müssen. Der Direktor ist übrigens auch dein Klassenlehrer. Er macht einen ganz netten Eindruck auf mich. Du wirst jemanden an deine Seite gestellt bekommen, der dir die Schule und das Gebäude zeigt und dir den Stundenplan gibt. Die Bücher und weiteres bekommst du von Mr. Noyan, dein Klassenlehrer und Direktor. Das war's dann auch schon. Ich hoffe, du lebst dich schnell ein und kannst darüber vielleicht auch mal Mom vergessen."
Ich schnappe empört nach Luft. Wie konnte ich Mom jemals vergessen!
,,Bist du fertig mit essen, oder willst du nicht mehr?" Ich hatte gar nicht bemerkt, wie ich mein Besteck aus den Händen gelegt habe.
,,Nein, nein. Ich bin satt. Darf ich schon mal hoch? Ich muss ja noch den Aufsatz schreiben und mir wird allein bei dem Gedanken daran schlecht. Ich möchte morgen schließlich nicht unvorbereitet aufkreuzen und es ist schon um acht."
,,Na gut meine Kleine. Ich muss dann auch bald schlafen gehen, meine Arbeit fängt 5:30 Uhr in der Früh an. Das heißt, ich sag dir lieber jetzt gute Nacht. Hab dich lieb, Aysu."
,,Danke Dad. Ich dich auch.", lächle ich ihn an. Als ich gehe, sehe ich gerade noch, dass er in sich zusammen klappt. Mir tut es jetzt schon leid, dass ich ihn alleine in der Küche sitzen lasse. Er hat ja niemanden mehr als mich.
Dennoch gehe ich hoch in mein Zimmer. Der Aufsatz fällt mir nicht schwer, da mein Leben ja auch noch nicht so kompliziert war. Zum Schluss lege ich mich auf mein Bett und lese ihn noch einmal durch. Er ist ziemlich kurz, aber ich hoffe, dass das schon in Ordnung geht.

Mein Name ist Aysu Akay. Ich bin 16 Jahre alt und meine Mom starb vor vier Monaten. Ich bin Einzelkind und seit gestern wohnen mein Dad und ich hier in der Nähe. Wir kommen aus der Türkei. Ansonsten ist mein Leben wie das eure und ich hoffe, dass ich mich hier gut zurechtfinde, da alles für mich neu ist.

Jetzt sitze ich also in meinem Zimmer auf meinem Bett und habe mir den Aufsatz nun schon zum x-ten Mal durchgelesen. Ich lege den Zettel ordentlich in meine schwarze Tasche, mache noch schnell das Licht aus, das ich nicht hätte anmachen müssen, denn heute ist Vollmond, und lege mich erschöpft, wie ich bin, auf mein Bett.
Während ich die Decke so anstarre, erkenne ich immer besser ein Motiv daraus. Es ist eine Art Werwolf, der auf mich herunterblickt. Und daneben schwebt eine Elfe, die mich ziemlich an Mom erinnert. Sie hat dieselben hellbraunen, fast schon blonden Haare wie Mom und ich. Und die himmelblauen Augen, die mich zärtlich anschauen, haben ebenfalls die selbe Form. Als ich meine Hand nach dem Werwolf ausstrecken will, um sein Fell zu fühlen, verschwinden die Gestalten. Sowohl die Elfe, als auch der Werwolf mit den smaragdgrünen Augen und dem dunklem Fell.
Auf einmal packt mich eine unglaubliche Müdigkeit und ich schlafe über dem Gedanken, es Dad zu erzählen, ein.

wolf fireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt