Kapitel 3

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Kapitel 3

Mein Wecker klingelt. Die Uhr zeigt um sechs an. Langsam wache ich auf. Ich höre Vögel zwitschern und beobachte, wie die Sonne aufgeht. Wo, verdammt, bin ich? Dann fällt es mir wieder ein und ich wünschte ich hätte mich nicht daran erinnert. Mom ist tot und Dad und ich sind nach Deutschland gezogen, um einen Neuanfang zu machen. Und es wird mein erster Schultag sein. Allein der Gedanke, dass ich mich lauter neuen Leuten, die ich nicht kenne, offenbaren muss lässt meinen Magen schwerer fühlen. Ich registriere die weißen Wände um mich herum. Der Blick auf die Decke verrät mir, dass ich die ganze Nacht beobachtet wurde. Von der Elfe und dem Werwolf mit smaragdgrünen Augen, die mich böse anfunkeln. Oder wurde ich gar nicht beobachtet, sondern nur behütet? Wer sind die beiden?
Ein zweites Weckerklingeln reist mich aus meinen Gedanken. Ich muss los!
In der Küche steht schon mein Frühstück. Daneben ein Zettel von Dad.

Hey Süße,
Guten Morgen und einen guten Start in deiner Schule! Deinen Schulweg habe ich auf der beiliegenden Skizze gezeichnet :)
Ruf mich an, wenn was schief läuft!
Dad

Erst jetzt fällt mir der zweite Zettel auf. Ich kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen, als ich mir die Skizze von meinem Schulweg genauer betrachte. Selbst die Häuser hat er so gut es eben ging mit eingezeichnet.

Auf dem Weg von der Bushaltestelle zur Schule rempelt mich ein Typ an. Er hat schwarze, glatte Haare, die ziemlich durcheinander aussehen. Leider passen sie perfekt zu seiner schwarzen Kleidung. Aber an seinen Charakter werde ich mich wohl noch gewöhnen müssen. Er ist sicher nicht viel älter als ich, vielleicht nur ein Jahr oder so.
Als ich das zweite Mal angerempelt werde, dieses Mal nur leichter, wird mir bewusst, dass ich diesem blödem Typ hinterhergestarrt habe.
Der zweite Typ hat blonde, hochgegeelte Haare und trägt ganz normale Klamotten. Ein grünes T-shirt und dunkelblaue Jeans.
,,Sorry", murmelt er noch, im Gegensatz zu dem Schwarzhaar.
Nachdem ich endlich meine Klasse gefunden habe, suche ich zunächst nach einem Sitzplatz. Und während ich so in die Runde schaue, bemerke ich, wie nicht anders erwartet, Schwarzhaar in den Reihen. War ja klar. Neben ihm ist noch ein Platz frei, aber da will ich mich ganz gewiss nicht hinsetzen. Also lasse ich meinen Blick weiter schweifen und entdecke nur noch einen weiteren Platz, der halbwegs unbesetzt aussieht. Ich gehe dort hin und stupse den einen blondhaarigen Jungen an. Der dreht sich auch ganz geschmeidig zu mir um. Mist. Das war der zweite Typ, der mich vorhin angerempelt hat. Als er bemerkt, wer da vor ihm steht, ziehen sich kurz Mauern vor ihm hoch, und sein kalter Blick durch die braunen Augen lässt mich schaudern. Wahrscheinlich hat er das bemerkt und seine Mauern fallen ein. Zum Glück.
,,Darf ... darf man sich neben dich setzen?", stottere ich.
Er scheint kurz nachzudenken, bevor er antwortet: ,,Klar. Ich bin übrigens Justus." Er reicht mir die Hand, was mich sehr verwundert.
,,Aysu", antworte ich und nehme seine Hand. Er sieht mir aufmerksam in meine wasserblauen Augen. Dann lässt er meine Hand los und ich stelle meine Tasche auf dem Stuhl ab, um meinen Block und Federmappe auszupacken. Der Rest der Klasse mustert mich neugierig und tuschelt etwas. Nur Schwarzhaar würdigt mich keines Blickes.
Dann ertönt auch schon das Stundenklingeln und unserer Lehrer betritt die Klasse. Hinter ihm eilt noch ein Mädchen mit pinken Haaren und braunen Augen in die Klasse. Sie stürmt auf meinen Platz zu. Ich befürchte Schlimmes.
,,Das ist mein Platz, geh weg da!", zischt sie mir zu.
,,Ich ... das wusste ich nicht, tut mir leid" Mann, was muss ich immer so stottern, wenn ich nervös bin?
,,Jetzt mach schon!" Sie ist lauter geworden. Ihre braunen Augen werden immer kälter und bedrohlicher.
Jetzt schaltet sich auch unserer Lehrer ein: ,,Was ist denn hier los? Mona, warum setzt du dich nicht, wenn du schon zu spät bist?" Sie heißt also Mona. Der friedliche Name passt gar nicht zu ihrem aufgeputschem Aussehen. Wie kann man nur so viel Oberweite von sich zeigen?
,,Weil ich mich nicht auf einen besetzten Platz setzen kann", erwidert sie genervt. Der sollte ich besser aus dem Weg gehen. Ich nehme also mein Zeug und muss mich erneut im Zimmer umsehen. Dabei wirft mir Mona ein triumphierendes Grinsen zu und Justus' Augen sehen mich entschuldigend und ... traurig? an. Wieder finde ich keinen freien Platz, außer den neben Schwarzhaar. Das Schicksal muss mich hassen. Schwarzhaar guckt kein einziges mal zu mir auf.
,,Custos.", murmelt er und ich weiß nicht, was er meint, deswegen schweige ich lieber und setzte mich.
,,Soooo meine Lieben. Wollen wir doch mal erfahren, wer die neue unter uns ist. Bitte, ließ doch deinen kleinen Aufsatz vor."
Kann mich hier keiner außer Justus leiden oder warum sind hier alle so fies zu mir?
Trotz dessen lese ich meinen Aufsatz vor.

Mein Name ist Aysu Akay. Ich bin 16 Jahre alt und meine Mom starb vor vier Monaten. Ich bin Einzelkind und seit gestern wohnen mein Dad und ich hier in der Nähe. Wir kommen aus der Türkei. Ansonsten ist mein Leben wie das eure und ich hoffe, dass ich mich hier gut zurechtfinde, da alles für mich neu ist.

,,Türkei also, Aysu. Was hatte denn deine Mom?" Dieser Lehrer ist sowas von heimtückisch!
Ich schweige nur und sehe ihn mit hochgezogenen Mauern an.
,,Nun gut, sicher willst du nicht weiter darüber reden. Dein Banknachbar wird dir unsere Schule genaustens zeigen. Ich bin dein Direktor und Klassenleiter Mr. Noyan. So genug mit der Vorstellung. Lasst uns beginnen. Wir haben Mathematik, zu deiner Info, Aysu." Mir wird jetzt schon schlecht.

wolf fireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt