Studio

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Vor uns erschloss sich ein riesiger offener Raum in dem allerhand Instrumente standen. In der einen Ecke ein Klavier, einige Gitarren in verschiedensten Ausführungen auf Ständern oder an der Wand. Der restliche Teil der Wände war fast schon tapeziert mit unzähligen Platten; von Silber bis Platin war alles dabei und ich wusste gar nicht so recht wohin ich als nächstes blicken sollte. Im hinteren Teil des Raumes ging eine kleine Empore hervor, die zur oberen Etage führte und wo sich augenscheinlich das eigentliche Studio befand, denn durch die Scheiben zu dem großen offenen Bereich in dem wir uns gerade befanden, war das riesige Mischpult und ein vollkommen Schallisolierter Raum erkennbar.

,,Und wie findest du es?"

,,Da fragst du noch? Machst du Witze, das ist der Wahnsinn! Ich wusste gar nicht, dass du ein so guter Produzent bist."

Gerade so war es mir möglich die große Brötchentüte zu fangen, bevor sie eiskalt meinen Brustkorb erwischt hätte.

,,Ich merk mir das alles für heute Abend, Fräulein."

Lächelnd sah er über seine Schulter zu mir, bevor er aus einem Schrank neben ihm drei Tassen herausholte und sie auf einen Tisch in ein paar Metern Entfernung abstellte.

,,Leg die Tüte ruhig hier auf den Tisch, ich zeig dir erstmal alles."

Sofort fand die Tüte ihren Weg zu der Tischplatte und ich sprintete die paar Schritte zu Vincent, der vor der Empore auf mich gewartet hatte. Das Studio wirkte noch viel größer und imposanter, jetzt wo wir wirklich drin standen. Natürlich kannte auch ich Aufnahme- und Produktionsstudios aber die, in denen ich bisher aufgenommen hatte, waren dann doch etwas dezenter ausgefallen gewesen. Unruhig wanderten meine Augen von Links nach Rechts und scannten alle paar Sekunden ein neues Detail, das mein Gehirn zu Registrieren versuchte.

,,Willkommen an meinem hauptsächlichen Arbeitsplatz."

Mit den Augen noch immer irgendwo im Raum hängend antwortete ich ihm fast schon nur beiläufig.

,,Es ist echt krass groß, aber schön habt ihrs hier."

Gerade wollte er mir antworten; hatte schon seinen Mund geöffnet, als er von einem Geräusch aus der Entfernung unterbrochen wurde.

,,Hallo? Seid ihr nackt oder kann ich ohne Gefahr reinkommen?"

Dumpf aufgrund der Entfernung, war Dags Stimme von unten zu hören und kurz darauf das Geräusch der großen Eingangstüre, die ins Schloss gefallen war.

,,Ne keine Angst, wir haben schon wieder was an."

Mit einer nickenden Kopfbewegung signalisierte Vince mir, dass wir nach unten gehen sollten und antwortete seinem Freund parallel mit einer Aussage, die ein riesen Fragezeichen in Dags Gesicht zauberte. Kaum hatten wir uns umgedreht und den Raum verlassen, war Dag bereits zu sehen. In einer dunklen Jeans und einer Sweatshirtjacke bekleidet, stand dieser nur ungefähr einen Meter von der Tür entfernt im Raum und sah uns mit großen Augen an.

,,Wieder? Dicka wenn ich irgendwo deine Wichse finde.."

,,Entspann dich, man. Das war'n Witz."

Mittlerweile waren wir die paar Stufen hinuntergestiegen und standen jetzt vor Dag, der dem Braten immernoch nicht ganz traute, sich jedoch etwas entspannte als er mein lachendes Augenrollen sah.

,,Und den hältst du 24 Stunden am Stück aus?"

Statt auf diese nicht ernst gemeinte Frage wirklich einzugehen, begrüßte ich ihn mit einer herzlichen Umarmung und nahm so sein eher herbes Parfüm an seinem Halsbereich war. Dieser erwiderte sie mit Euphorie und Vincent nahm es mir dabei ab, doch noch auf Dags Frage zu antworten.

,,Ich hab auch meine Vorzüge."

Gerade noch so sah ich Vincent, der seinem Freund mit einer eindeutigen Handbewegung zeigte, was für Vorzüge er meinte. Mit der oberen Öffnung seiner geschlossenen Faust, schlug er gegen die flache und senkrecht gehaltene Handinnenfläche seiner anderen Hand.

,,Okay wie wär es, wenn wir uns kurz wieder daran erinnern, dass ich auch physisch in diesem Raum anwesend bin und erstmal frühstücken bevor das ganze hier ausartet?."

Ich hatte nun wirklich kein Problem mit den Blödereien der beiden, aber ich hatte allmählich das Gefühl, dass sie sich so an mich gewöhnt hatten, dass sie manchmal vergaßen, dass ich auch wirklich anwesend war und nebenbei hatte ich auch wirklich einen Mordshunger.

,,Absolut. Ihr wart beim Bäcker? Verdammt, vielleicht solltest du öfters mit uns ins Studio kommen. Mir gefällt die Entwicklung."

Also fielen wir über Vincents und meine Ausbeute vom Bäcker um die Ecke her und vernichteten diese in einer Geschwindigkeit, die es unumgänglich machte im Anschluss eine kleine Pause einzulegen, bevor wir uns schließlich zu dritt auf den Weg nach Oben und ins Studio machten. Fast schon reflexartig nahm Vince auf dem Bürostuhl vor dem Tisch mit den vielen Reglern und Knöpfen platz und schaltete diese ganze Technik ein.

,,Okay, ich würde vorschlagen wir starten direkt mit dir. Wir brauchen einmal eine komplette Rohversion von dir alleine Diana. Danach gehen wir dann gegebenenfalls zu weit oder dritt rein. Aber Sing dich ruhig erstmal was ein und wir stellen dir das Headset ein."

Ich war fast schon geschockt davon, wie schnell er in den Arbeitsmodus umschalten konnte und wie sich dieser bemerkbar machte. Verflucht, dieser Mann war professionell. Doch ich konnte da gar nicht wirklich viele Gedanken dran verschwenden, denn Dag zeigte bereits auf eine Türe recht von Vincent, die in die Tonkabine führte und ehe ich mich versah stand ich auch schon drin und setzte mit das Headset auf den Kopf. Kurz darauf ertönte Vincents Stimme auf meinen Ohren.

,,Kannst du mich hören? "

Ich sah durch die Scheibe vor mir, durch die ich die beiden klar und deutlich sehen konnte und sie mich auch; im Hintergrund winkte Dag wie ein bekloppter, dann nickte ich lächelnd.

,,Wunderschön. Wie ist die Lautstärke? Lauter , leiser?"

,,Bis jetzt alles Top."

,,Okay dann würd ich dir den ersten Beat auf die Ohren hauen zum Warmwerden, sag mir wenn ich irgendwas anders für dich einstellen soll. Ist ,,Red Flags" okay? den hätte ich hier aus gegebenen Anlass direkt parat."

Sofort schossen mir die Bilder aus Südafrika vors innere Auge. Vincent und Dag vor mir und auf dem Sofa alle mit kleinen roten Fähnchen in den Händen. Ich vermisste die Zeit.

,,Klar ich bin ready, danke dir"

Nach 2 bis 3 Durchläufen in denen ich die Ein oder Andere Höhe etwas anders eingestellt haben musste, hatte ich dann endlich das Gefühl mich eingesungen zu haben und war zumindest halbwegs bereit dazu jetzt diesen Song von den beiden wirklich aufzunehmen; in einer Kulisse, in der mir kein Sonnenuntergang, Feuer, Lichterketten oder eine krasse Aussicht halfen, kleine Fehler zu überspielen. Jetzt würde man alles bemerken.

Da wären wir wieder mit einem neuen Kapitel! Ich hoffe es gefällt euch :)

Zwischen Liebe und Musik, Kapstadt und Berlin - SDP FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt