Hoffnung

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Dass Melina keinen Herzinfarkt bei all meinen Erzählungen bekam, glich auch wirklich nur einem Wunder. Ich hatte meine beste Freundin Monate nicht gesehen, musste sie überhaupt erstmal auf den aktuellen Stand bei mir bringen, von Sing meinen Song berichten und dann musste ich ihr noch irgendwie halbwegs menschlich verklickern, dass ich überhaupt erst in Berlin war, weil ich einen Typen datete, den ich bei Sing meinen Song kennengelernt hatte, und der hier wohnte.

,,Meine Güte, da lässt man dich einmal alleine für n paar Tage ans verfluchte andere Ende der Welt fliegen und du lernst in Kapstadt, in einer fucking Fernsehsendung nen Typen kennen?"

Ein verhaltenes Grinsen zauberte sich auf meine Lippen und ich zuckte leicht mit den Schultern bevor ich aus reiner Verlegenheit an meinem Milchkaffee nippte. Was hatte ich dem schon groß hinzuzufügen? Im Grunde hatte sie die Sache ziemlich gut zusammengefasst, obwohl es so außerhalb meines Kopfes und aus dem Mund eines anderen schon etwas absurder klang. Die Tatsache, dass ich wegen ihm hier war, ihn jedoch schon einige Zeit nicht gesehen hatte, ließ ich für den Moment jedoch außen vor. Schließlich wollte ich das arme Mädchen nicht komplett verwirren. Gut, zugegeben hatte ich auch keine Lust auf den Vortrag ihrerseits, den ich mir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hätte anhören müssen.

Was folgte und von mir gefordert wurde, war mir bereits vorher vollkommen klar gewesen; Melina wollte selbstverständlich Details und was wäre ich für eine beste Freundin, wenn ich ihr diese nicht liefern würde. Also bekam sie ihre Infos. Vorsichtig dosiert zumindest.

Nachdem sie auch mir über die aktuellen Entwicklungen in ihrem Leben berichtet hatte, waren insgesamt beinahe 5 Stunden vergangen und als ich schließlich wieder in der Bahn auf dem Heimweg saß, war es mittlerweile Nachmittag geworden. Höchste Zeit Vincent mal anzufunken und das von mir heiß herbeigesehnte Abendessen zu planen.

Ich drückte auf seinen Namen in meiner Anrufhistorie und ließ es klingeln. Es tutete geschlagene 6 Mail in meinem rechten Ohr und es kam mir vor wie eine gottverdammte Ewigkeit, bis ich schließlich sein freudiges ,,Hello, hello" am anderen Ende der Leitung vernahm. Für einen Moment hatte ich gedacht, er würde nicht dran gehen, unsere Planung würde ins Wasser fallen und ich in ein paar Stunden wieder alleine in seiner Wohnung sitzen, doch die Anspannung und Angst fiel genau in dem Moment seines Abhebens wieder von mir ab.

,,Heyy, stör ich gerade oder passts dir?"

,,Alles gut, wir haben grad ne Pause eingelegt. Seid ihr durch mit eurem Brunch?"

In einem Mal nahm ich das Völlegefühl meines Bauches wieder aktiver wahr, was mir seine Frage innerlich schon beantwortete.

,,Yes. Ich sitze in der Bahn auf dem Weg zurück. Ich glaube ich bin satt für die nächsten drei Tage."

Auf der anderen Seite hörte ich ein leises Lachen, das mal wieder seine ansteckende Wirkung auf mich entfaltete.

,,Wieso wundert mich das nicht ? Ich hoffe, dass sich das bis heute Abend dann wieder geändert hat, wenn wir zusammen was essen. Apropos, was schwebt dir denn da jetzt so vor? Auswärts essen oder Zuhause zusammen kochen ?"

Die Antwort lag für mich persönlich schon auf der Hand. Ich hatte ihn so lange nicht gesehen, dass ich es definitiv bevorzugte, Zuhause mit ihm zu essen, gemeinsam was zu kochen und einfach mal wieder Zeit mit ihm alleine zu verbringen. Mit ihm persönlich zu sprechen.

,,Lass uns doch zusammen was kochen und dann gemütlich bei dir essen. Mir ist irgendwie eher nach einem entspannten Abend mit dir."

,,Ist notiert. Dann gehe ich auf dem Weg nach Hause schnell 1, 2 Teile einkaufen und du lässt dich überraschen, was es gibt. In Ordnung?"

Wir verblieben mit genau der Abmachung und innerlich hatte ich mich bereits damit abgefunden, dass das jetzt meine tägliche Dosis an Vincent gewesen war, bis es endlich Abend wurde, doch ich wurde, gerade als ich mich verabschieden wollte , vom Gegenteil überzeugt.

,,Achso, Dag und ich hätten da noch eine Frage."

Dann kurze Stille, aber dieses Mal auf meiner Seite des Telefons. Was kam denn jetzt?

,,Jaa?"

,,Wir hatten in Kapstadt kurz über unsere Pläne nach der Reise gesprochen oder ? Und ich hatte erwähnt, dass wir noch ein Konzert aus der Corona- Pause nachzuholen haben oder?"

Ein weiteres zögerliches Ja meinerseits.

,,Besagtes Konzert würde doch eher stattfinden als geplant, es ist jetzt für Freitag datiert. Ich habe schon mit Dag gesprochen und wir waren uns beide einig, dass wir es total cool finden würden, wenn du deinen Tauschsong von und mit uns dort zusammen singen würdest. Also wollten wir dich fragen, ob du dabei bist."

Hatten mir vorher bereits die Worte gefehlt, war ich spätestens jetzt komplett überfordert und konnte nicht wirklich was sagen. Ich hatte noch gar nicht die Gelegenheit mit ihm über meine Pläne mit der Produktionsfirma zu sprechen, geschweige denn über die letzten 2 Tage und jetzt sowas ?

Kurz ging ich in meinem Kopf die nächsten Tage durch. Wenn ich Anfang nächster Woche wieder zuhause sein musste, war spätestens Sonntag mein letzter Tag hier in Berlin. Das würde zwar heißen, dass ich für das Konzert am Freitag definitiv noch hier war, aber auch nur noch einen, vielleicht zwei Tage dannach mit ihm hier hatte. Im gleichen Zug mit der Erkenntnis entschied ich mich dafür, mir diese Infos für heute Abend und ein persönliches Gespräch aufzuheben und sagte ihm zunächst nur für Freitag zu. Schließlich stand dem, abgesehen von dem etwas schief hängenden Haussegen nichts entgegen.

,,Echt? Mega! Ich sag Dag gleich bescheid und du machst dir jetzt erstmal ein paar entspannte Stunden auf meiner Couch bis ich zuhause bin. Ich freu mich auf dich."

Obwohl ich es mir innerlich gewünscht, aber nicht damit gerechnet hatte, beendete ich dieses Gespräch mit einem Grinsen auf den Lippen, das mich bis zu seiner Wohnungstüre nicht verlassen sollte.
Dort angekommen warf ich mich in Shorts und ein viel zu großes Tshirt und schließlich meinen erledigten Körper aufs Sofa. Alle viere von mir gestreckt, genoss ich ein paar tiefe Atemzüge, die mich den Geruch seiner Wohnung ziemlich intensiv wahrnehmen ließen. Eine Mischung aus dem Geruch, den ich auch an ihm und seinen Klamotten riechen konnte und einer frischen, fast schon blumigen Note. Nichts auf dieser Welt würde mich diesen Geruch jemals wieder vergessen lassen.

Und so lag ich dort nun auf seinem Sofa, im Hintergrund waren Autos und Vogelgezwitscher wahrzunehmen und die Sonne stand bereits so tief, dass sie durch die noch kahlen Bäume vor seinen Fenstern in die Wohnung schien und diese in einen unglaublich schönen Orangeton färbte. Für bestimmt ein paar Minuten verharrte ich genau so einfach da, ließ den Anblick auf mich wirken und meine Gedanken kreisen. Konnte ich mich an das hier gewöhnen? An Berlin, Vincent und seinen Alltag? An die Veränderungen für mich ? Und noch viel wichtiger: konnte er sich an mich gewöhnen? Denn eines stand fest, wir würden unsere Tagesplanung definitiv überarbeiten werden müssen. Eine Beziehung in der man aneinander vorbei lebte war nunmal nichts für mich. War er dafür bereit?

Ich hatte wirklich nicht damit gerechnet, doch circa 3,5 Stunden später beantwortete ich die letzte Frage in meinem Kopf schließlich erstmal mit einem Nein. Seit Stunden bekam ich erneut keine Antwort von ihm. Draußen war es längst dunkel geworden und im Fernsehen wechselten die Sendungen ins Abendprogramm. Selbst ich hatte mittlerweile wieder deutlichen Hunger und das trotz des ausgiebigen Brunches, doch wie es mittlerweile immer mehr dannach aussah, würde unser geplantes Abendessen wohl ins Wasser fallen. Mal wieder.

And here we go ahain :) ganz viel Freude und lasst mir wie immer gerne Feedback da. Was denkt ihr, schaffen sie es aus der Abwärtsspirale?

Zwischen Liebe und Musik, Kapstadt und Berlin - SDP FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt