Gnocchi und Rosen

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Die zwei einsamen Teller und Gläser auf dem sonst fast leeren Wohnzimmertisch vor mir waren die einzigen Anzeichen dafür, das hier heute ein Abendessen stattfinden sollte, denn mein Magen war weiterhin leer und ich war kurz davor mir etwas zu Essen zu bestellen.

Dann klingelte es plötzlich an der Türe und kam mir vor wie ein kleines Kind, das zum ersten Mal alleine zuhause gelassen wurde und keinem Fremden die Türe öffnen durfte. Wer konnte das denn jetzt bitte sein? Vincent hatte ja wohl einen Schlüssel zu seiner eigenen Wohnung dabei.

Vorsichtig, als müsste ich mich gleich einem 2 Meter großem Einbrecher stellen, stand ich auf und ging vorsichtig zur Türe. Nachteil dieser noch so schönen Altbauwohnungen war jedoch, das diese keinen Türspion besaßen, der mir mehr Aufschluss darüber gegeben hätte, wer sich da hinter der Tür verbarg. Stattdessen versuchte ich durch das mehr als milchige Glas auch nur den Hauch einer Ahnung von dem unangekündigten Besuch zu bekommen.

,,Hallo?"

Mehr bekam ich nicht heraus während ich aus Selbstschutz seitlich und nicht genau vor der Türe zum Stehen kam. Im Hausflur brannte Licht, was es mir ermöglichte zumindest den Umriss der Person auf der anderen Seite wahrzunehmen, doch mehr erkenne, als das es sich um eine männliche Person handeln musste, war unmöglich. Dann ertönte Gelächter aus dem Hausflur.

,,Jetzt mach schon auf du. Ich hab die Hände voll und komm nicht an meinen Schlüssel."

Die Stimme die mir entgegenhallte, erkannte ich auch durch die Abschirmung der Türe und innerhalb von Sekunden öffnete ich sie. Vor mir stand ein müde aussehender aber grinsender Vincent. Die Arme vollgepackt mit einer Einkaufstasche und Blumen. Auch wenn meine Stimmung nicht gerade die beste war, automatisch formten sich meine Lippen zu einem Lächeln.

,,Du hast Glück, dass ich überhaupt zur Türe gegangen bin. Ich dachte schon, ich müsst jetzt gegen irgendeinen Einbrecher kämpfen. Wieso hast du nicht wenigstens kurz geschrieben oder angerufen von unterwegs aus?"

Während ich sprach, wich ich einen kleinen Schritt zur Seite um ihm mehr Platz beim Betreten der Wohnung zu geben und schloss schließlich die Türe hinter ihm. Vince ging zunächst einige Schritte, stellte seine Ladung ab und wandte sich dann wieder zu mir.

,,Das hätte ich sicherlich auch, wenn ich mich nicht so krass beeilt hätte. Ich war so schnell wie möglich noch im Supermarkt und bin dann hierher gedüst. Entschuldige die Verspätung und dass du dachtest, ich sei ein Einbrecher."

Seine Hände ruhten mittlerweile auf meinen Hüften und er zog mich besänftigend zu sich heran.

,,Du hättest dennoch kurz schreiben können, dass es später wird. Ich hab extra schon den Tisch gedeckt."

Meine Hände vor der Brust verschränkt und mit einem gespielt bösem Blick zu ihm aufschauend, versuchte ich ihm deutlich zu machen, das die Sache damit für mich dennoch noch nicht gegessen war.

,,Ich weiß, ich weiß. Es tut mir echt leid. Die letzten Tage waren krass anstrengend im Studio. Ich machs wieder gut, okay?"

,,Du hast Glück, dass ich schon wieder vor Hunger sterbe."

Erst dann ließ ich einen Kuss seinerseits zu und meine Körperspannung ließ allmählich nach. In dem Moment war es so, als würden Ketten, die sich aus Anspannung um meinen Körper gelegt hatten und sich immer enger zogen, umso länger die Situation zwischen Vincent und mir andauerte, mit einem Mal aufspringen und zu Boden fallen. Ich wusste selbst gut genug, dass diese Euphorie zunächst nur für den Moment andauerte und keine Prognose für die Zukunft zuließ, aber das wollte ich auch gar nicht. Zu sehr genoss ich das Hoch, dass es gerade in mir auslöste und ich fand mich wieder in der Spirale meiner Gefühle.

Als ich gerade noch versuchte meine Gefühle zu ordnen, hatte er bereits wieder zu einer seiner Taschen auf dem Boden gegriffen und hielt mir jetzt einen wunderschönen Strauß von Blumen vor den Körper.

,,Ich weiß, das Essen gleich wird dich mehr besänftigen, aber ich dachte mir dennoch, dass Blumen angemessen wären. Ich wusste leider nur, dass du auf Rosen stehst." Sein Kopf nickte in Richtung meines Oberschenkels, an dem sich ein riesiges Rosen- Tattoo über meinen Oberschenkel, sowie Hüfte erstreckte. ,,Deshalb habe ich den Rest einfach improvisiert. Ich hoffe sie gefallen dir dennoch."

Lächelnd nahm ich sie an mich und roch wie aus Reflex keine Sekunde später an dem üppigen Blumengesteck, das zu einem Großteil aus Rosen bestand. Den Rest bildeten verschiedene Grüngestecke und zwei andere Arten weißer Blumen, von denen ich keine Ahnung hatte, die aber ebenfalls wunderschön waren.

,,Die sind wunderschön. Danke sehr."

Dann fiel ich ihm wiederum halb um den Hals und drückte ihm einen mehr als freudigen Kuss auf die Lippen.

Schneller als gedacht war dann auch das Essen fertig, dass Vince sich ausgesucht hatte und was seinen Geschmack anging wurde ich definitiv nicht enttäuscht. Entschieden hatte er sich für einen Auflauf mit Gnocchi, allerlei Gemüse und selbstverständlich reichlich Käse. Der Geruch hatte sich mittlerweile fast in der ganze Wohnung verteilt, als er schließlich mit der Auflaufform bewaffnet ins Wohnzimmer kam und mein Lächeln nur noch breiter wurde.

Als wir beide irgendwann schon fast den ganzen Teller inhaliert hatten, ergriff er schließlich das Wort und fragte, ob die Produktionsfirma auch mich versucht hatte zu erreichen. Es war fast so, als würde er endlich den Elefanten im Raum ansprechen, der für uns beide ganz offensichtlich war.

,,Tatsächlich ja, die haben mich verflucht früh heute angerufen. Es ging um Drehtermine für die Homestory. Hast du auch mit ihnen gesprochen?"

Warum auch immer konnte ich ihm kaum in die Augen sehen und stocherte stattdessen mit der Gabel in meinen viel zu gut riechenden Nudeln herum.

,,Darum gings in meinem Telefonat vorhin auch. Hättest du ein Problem damit, wenn sie das Konzert am Freitag ein wenig begleiten? Und konntet ihr passende Termine finden?"

Bei seiner ersten Frage, sah ich urplötzlich wieder zu ihm nach oben und von meinem Teller weg. Irgendwie gehörte da schon etwas mehr dazu, mich auch in ihrer Homestory zu erwähnen und dass er dieser Idee nun auch zustimmte, es vielleicht sogar vorgeschlagen hatte, bedeutete mir schon etwas.

,,Nein gar nicht. Ich würde mich freuen auch bei euch dabei zu sein. Kim hat auch mit mir Termine ausgemacht und es trifft sich ganz gut, dass du darauf zu sprechen kommst, denn die sind doch etwas eher als ich damit gerechnet hätte. Vermutlich Anfang nächster Woche schon."

Dann war es plötzlich so still um uns herum, dass ich den Backofen in der Küche hören konnte, der beim Abkühlen scheinbar noch ein brummendes Geräusch von sich gab und erneut wagte ich es mich nicht, den Blick von dem Teller vor mir zu lösen.

,,Oh, heißt das, du fährst am Wochenende schon wieder zu dir?"

Ich hoffe wie immer, dass euch das neue Kapitel gefallen hat :)

Zwischen Liebe und Musik, Kapstadt und Berlin - SDP FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt