17 | März 2020 (1)

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Michael hielt sein Gesicht in den Wasserstrahl der Dusche und genoss mit geschlossenen Augen das Prasseln der Tropfen. Für ihn war es die Ruhe vor dem Sturm; unten im Haus arbeiteten Christian, Marco und seine Kollegin Stefanie an den Vorbereitungen für Christians Geburtstagsfeier. Nachdem er Stefanie endlich gebeichtet hatte, dass er in festen Händen war, hatte sie natürlich darauf bestanden, die Glückliche kennenzulernen. Die großen Augen, als dann plötzlich der schwarzhaarige Handwerker vor ihr stand, waren schnell einem breiten Grinsen gewichen. Die Überwindung, sich vor ihr zu outen, hatte sie ihm mit bedingungsloser Akzeptanz gedankt. Jetzt rückte sie Stühle, schichtete Häppchen auf Platten und stellte Getränke kalt, als hätte sie schon immer dazugehört.

Er dagegen war froh, noch einen kurzen Moment innehalten zu können. Widerwillig drehte er sich unter dem Wasserstrahl und fuhr mit der Hand über sein Gesicht, wischte sich das Wasser aus den Augen. Was Stefanie allerdings nicht wusste, war, wie brüchig seine Beziehung tatsächlich dastand. All die Geduld, die er versuchte, mit Christian und Phillip zu haben, reichte kaum aus. Es ging langsam so weit, dass er sich als Eindringling in deren Beziehung fühlte.

Aber heute war er an Christians Seite! Seufzend stellte er das Wasser ab. Ja, er war hier. Nicht Phillip.
Er und Stefanie würden heute mit Christian seinen Geburtstag nachfeiern. Immer wieder hatte er sich diesen Fakt in den letzten Tagen wie ein Mantra vor Augen gehalten, um sich davon zu überzeugen, dass der Abend schön werden konnte. Schön werden würde.

Denn – unbeschwerte Momente waren spärlich gewesen im neuen Jahr. Ihre Leichtigkeit war dahingeschmolzen wie Eis im Sommer. Für einen kurzen Moment war sie süß und köstlich; doch im nächsten Moment unwiederbringlich verloren.

Das anhaltende Klingeln seines Telefons riss ihn aus seinen ewigen Gedankenstrudeln. Ein Blick auf das Display ließ ihn jedoch schmunzeln. Es zeigte das Profil eines blonden Mannes, der dick eingepackt auf der Terrasse eines Cafés saß, die Hände um die wärmende Tasse Cappuccino geschlossen.

Während er aus der Dusche stieg und sich mit dem Handtuch durch die Haare rubbelte, dachte er kurz an den Nachmittag, den sie vor zwei Wochen gemeinsam verbracht hatten und konnte ein leichtes Lächeln nicht unterdrücken. Der verträumte Blick, mit dem David auf dem Foto zur Seite sah, hatte Michael damals sein Handy zücken lassen, um den Moment einzufangen.

Er erreichte das Handy gerade, als der Anruf abbrach. Etwas enttäuscht, aber auch besorgt trocknete er sich die Finger ab, bevor er den Rückrufknopf betätigte. Was konnte David denn Dringendes wollen, dass er ihn anrief? Das machte er doch sonst nicht.

„Hey, na?", drang nach nur einem Freizeichen Davids weiche Stimme aus dem Hörer. Er klang nicht, als müsste Michael sich weiter Sorgen um ihn machen.

„Hi! Was gibt's? Du rufst doch sonst nicht an."

„Ach, ich wollte euch nur viel Spaß wünschen heute!", lachte David.

„Achso... Danke! Wundert mich, dass Du daran denkst", murmelte er ehrlich überrascht. Im Spiegel betrachtete er sich selbst, beäugte kritisch den leichten Bartschatten, der sich auf seine Wangen legte. Er sollte sich noch rasieren, es war immerhin Christians Geburtstag.

„Na klar! Du hast doch erzählt, dass dein Freund heute Geburtstag feiert. Richte ihm alles Gute von mir aus!"

„Gern", David musste ja nicht wissen, dass er die Grüße nicht weitergab – Christian hatte er nicht eingeweiht, wer David eigentlich war. Generell sprach er nicht über seinen mysteriösen neuen alten Kumpel aus Berlin. Mit der freien Hand fuhr er tastend über die Stoppeln an seinem Kinn. Er gefiel sich mit Bart. „Was hast Du heute noch vor?"

„Ich bin noch verabredet", sagte David unbestimmt. „Ich muss dann auch los."

„So früh schon? Geht ihr in Berlin nicht immer spät feiern?", scherzte er und beschloss, das Rasieren für heute sein zu lassen. Vielleicht sollte er sich generell wieder mehr stehen lassen?

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