1. Kapitel

185 12 0
                                    

Hinweis vorab in Sachen Rechtschreibung:
Ich werde hier die Schweizer Rechtschreiberegeln anwenden, die sich geringfügig von den Deutschen unterscheiden. Also kein scharfes S.

Nun viel Spass beim Lesen
Eure Daydream Fantasy

---------------------------

Früher war Londinium eine Stadt voller Farbe und Lachen gewesen. Ein wunderbarer Ort, in dem es für neugierige Kinder unglaublich viele Geheimnisse zu entdecken gab. Ein wunderbarer Ort, in dem das Leben pulsiert hatte, über dem immer eine Atmosphäre der Unbesorgtheit und der Freude gelegen hatte. Jetzt war es anders. Seit Kaspar und ich aus Hogwarts heimgekehrt waren, veränderte sich die Stadt zunehmend. Die Unbeschwertheit und das Lachen verwandelten sich in Sorge und ernste Gesichter, das übersprudelnde, pulsierende Leben ebbte ab. Und das alles verschuldet hatte Lord Voldemort, der kurz vor Beginn der Sommerferien zurückgekehrt war, um erneut nach der Macht zu greifen. Voldemort war der schlimmste und schrecklichste aller Zauberer in der Geschichte der Zauberergemeinschaft. Doch aus diesem Grund allein wäre seine Rückkehr für die buntdurchmischte Bevölkerung von Londinium nicht von Interesse gewesen. Allerdings bestand die Gefahr, dass Voldemort auch versuchen könnte, gegen andere magisch begabte Wesen in den Krieg zu ziehen. Deshalb bereitete sich Londinium nun auf einen Krieg vor, während die Zauberergemeinschaft, allen voran der Zaubereiminister, die Rückkehr Voldemorts ignorierten, weil sie Angst davor hatten, ihre gemütlichen, friedlichen Leben aufzugeben.

Ein düsteres Lachen stieg in mir auf, als mir etwas einfiel, dass unser Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste Mad-Eye Moody uns letztes Jahr beigebracht hatte: Man sollte immer gewappnet sein, immer bereits sein und genau wissen, womit man es zu tun hatte, denn sonst würde man es auf die harte Tour lernen müssen. Und leider war es nur eine Frage der Zeit, bis die Zauberergemeinschaft auf die harte Tour lernen würde, dass ihre gemütlichen, friedlichen Leben ein Ende hatten. Aber das würde noch dauern – vorerst liess der Zaubereiminister im Tagespropheten alle möglichen Lügen verlauten – über Harry Potter, meinen Bruder und derjenige, der Voldemort zurückkehren sah, und über den Schulleiter von Hogwarts Professor Dumbledore, der Harry sofort geglaubt hatte und Massnahmen gegen Voldemort ergreifen wollte. Harry wurde als gestört hingestellt, Dumbledore für senil erklärt.

In Londinium aber zweifelte man nicht an der Rückkehr Voldemorts. Meine Ma Kathleen Seanorth, die mich im Alter von wenigen Monaten adoptiert hatte, hatte Harrys Bericht ebenfalls gehört und wie Dumbledore keinen Moment gezögert. Direkt nachdem sie Harrys Bericht gehört war, hatte sie den AZMGUK unterrichtet, eine Abteilung der britischen Regierung, die sich mit der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen magischen Gemeinschaften Grossbritanniens beschäftigte. Und der AZMGUK hatte sofort Massnahmen eingeleitet, um die Nichtmagischen zu schützen. Die verschiedenen magischen Gemeinschaften wurden ebenfalls unterrichtet und in Londinium hatte man beschlossen, Massnahmen zu ergreifen. Nun wurde die Stadt befestigt: Komplexe Zauber wurden über die ganze Stadt gelegt, die die verborgene Stadt weiter verbergen und abschirmen sollten, eine Appariersperre wurde errichtet und an den Grenzen der Stadt strenge Zugangskontrollen eingeführt. Jeder der egal zu welchem Zweck die Stadt betreten wollte, wurde genaustens gefilzt, was äusserst lästig und vor allem peinlich war, wenn man nur kurz ins nichtmagische London wollte, um Frauen-Hygieneartikel zu besorgen. Aber immerhin war der Wächter genauso rot geworden wie ich, als er die Tasche mit den Tampons durchsucht hatte. Hatte man es geschafft, die Grenze von Londinium zu überschreiten, hörten die Sicherheitsmassnahmen allerdings nicht auf. Auch in der Stadt waren an allen möglichen und unmöglichen Stellen Schutzzauber aufgebaut worden und Tag und Nacht patrouillierten Wachen durch die schmalen, verwinkelten Strassen.

Nebst den Sicherheitsvorkehrungen wurden auch Notvorräte eingelagert, für den Fall, dass es einmal zu gefährlich werden sollte, die Stadt zu verlassen. Das kam mir dann doch etwas paranoid vor, doch Ma erklärte, dass viele der Bewohner Londiniums schon einmal eine Belagerung mitgemacht oder aufgrund eines Kriegers eine Hungersnot durchlitten hatten und lieber für das Schlimmste gerüstet waren. Mas Erklärung machte durchaus Sinn, da es sich bei vielen der Bewohner Londiniums um langlebige, wenn nicht gar unsterbliche Wesen handelte. Ma war da das beste Beispiel: Sie war eine Fey. Fey waren menschenähnliche Wesen, die sich äusserlich nur durch spitze Ohren, spitze Zähne und schrägstehende Augen von uns Menschen unterschieden. Diese Merkmale entwickelten sich erst im Lauf ihres langen Lebens, Feykinder sahen genauso aus wie Menschenkinder. Nebst den Äusserlichkeiten absah, gab es aber noch weitere Unterschiede: Fey waren stärker und schneller als Menschen, sie hatten viel feinere Sinne, ihre Magie war stärker, als die der meisten Hexen und Zauberer und Fey waren unsterblich. Meine Ma war 1598 geboren worden und hatte den Dreissigjährigen Krieg mit all seinen Gräueln, Hungersnöten und der Pest durchlebt und danach zahlreiche andere Auseinandersetzungen und Hungersnöte.

Ungewisse Wege - Adrienne Seanorth 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt