Kapitel 5: Der Zettel

23 11 2
                                    

Malcolm lachte. Nicht mit ihm.

Er lachte über ihn.

Über Sam.

"Du hast also ernsthaft gegen irgendeine Ravenclaw verloren?", rief er zum vierten mal. Sam sah ihn genervt an, erwiderte jedoch nichts mehr.

Er hatte das Gefühl, ganz Slytherin wusste von seiner Niederlage und lachte darüber.

Sam fühlte sich unglaublich gedemütigt - nicht wegen dem verloren Spiel, sondern wegen den Reaktionen seiner Mitschüler.

"Ich dachte, er gewinnt!", sagte Elias emotionslos und stopfte sich den nächsten Muffin in den Mund. "Die Dinga schmegen gud!"

"Man spricht nicht mit Essen im Mund!", meinte Malcolm naserümpfend, bevor er sich zu Sam vorbeugte. "Kleiner Bruder. Was denkst du denn persönlich darüber, dass Rosa-"

"Rose.", unterbrach ihn Sam, der kurz davor war, Malcolm anzuschreien.

"Rose.", wiederholte Malcolm, mit so viel Genugtuun in der Stimme, dass Sam ihn am liebsten auf der Stelle verprügelt hätte.

"Also, was ist?", fragte Sam und krallte die Hände zusammen.

"Möchtest du das wirklich auf dir sitzen lassen?! Geschlagen von ROSE Landon?!".

"Was versucht du mir zu sagen, Malcolm? Willst du, dass ich meinen Nachnamen wechsle, damit du nicht mit einem Loser verwandt sein musst?! Nur so als Erinnerung: Ich spiele besser Dame als du!", fauchte Sam.

"Seit wann bist du so empfindlich?", fragte Malcolm, betont bekümmert. "Lastet dir etwas auf der Seele? Wie auch immer: Möchtest du das so auf dir sitzen lassen?!"

Dieses mal klang seine Frage drohend.

"Nein.", antwortete Sam und verschränkte die Arme.

"Dann fordere ein ReMatch-"

"ReGame."

"Hör auf mich ständig zu unterbrechen!", zischte Malcolm. Sam unterdrückte ein Grinsen.

"Forder ein ReGAME und schlag Rose.", beendete Malcolm seinen Satz.

"Wie soll er sie schlagen, wenn sie besser spielt als er?", fragte Elias. Malcolm sprang von dem hohen Sessel auf und baute sich wütend vor Elias auf, der sich erschrocken in die Lehne des Sofas drückte.

"Eine Ravenclaw ist niemals besser als ein Slytherin. Wir sind die Besten, die Größten, die ...".

"Aber er spielt schlechter als Rose!", beharrte Elias mutig und richtete sich vorsichtig etwas auf.

Malcolm fuhr wieder zu seinem Bruder herum: "Ich hoffe doch sehr, dass das nicht die Wahrheit ist!"

"Keine Sorge. Ich bin besser als sie.", beruhigte ihn Sam. "Ich war beim letzten mal nur abgelenkt."

"Du musst zugeben, vielleicht sind die Ravenclaws bescheuert, aber hässlich sind sie ni-", fing Elias an.

"Kannst du deinem hirnlosen Freund bitte mal sagen, dass er seine verdammte Klappe halten soll?!", brüllte Malcolm. Kurz war es still, dann fuhr Malcolm gelassener fort. "Sam. Es klingt als würde Elias darauf hinauswollen, dass du Rosa-"

"Rose."

"HALT! DIE! KLAPPE! Dass du Rose, gewissermaßen ... magst.", sagte Malcolm und ließ den Satz in der Luft hängen.

"Beruhig dich! Ich bin seit drei Jahren mit ihr in einer Klasse und hab gefühlt gestern zum ersten mal mit ihr geredet. Außerdem weiß ich, dass ich mehr wert bin als sie!", beruhigte Sam seinen Bruder und stand auf. "Ich werde Rose Landon zu einem ReGame auffordern!"

.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.

Zuerst überlegte Sam, ob er Rose einen Zettel in ihr Fach legen sollte, aber er war sich nicht sicher, ob sie überhaupt schon eins hatte.

Also beschloss er, sie zu suchen.

Er suchte in der Bibliothek, lief einige Flure entlang und guckte am Seeufer nach.

Irgendwann traf er dann auf Mia.

"Mia.", begrüßte er sie hochmütig. Mia drehte sich zu ihm um und nachdem sie ihn für eine Sekunde gesehen hatte, wurde ihr Gesichtsausdruck mürrisch. "Was?!"

"Wo ist Rose?", fragte Sam, ohne weitere Begrüßungsfloskeln.

"Warum willst du das wissen?", fragte Mia.

"Warum wohl?!", erwiderte Sam.

"Weil du sie umbringen willst?", schlug Mia vor und lachte freudlos. "Wie auch immer: Sie ist im Ravenclaw-Gemeinschaftsraum. Wenn du Glück hast, siehst du sie im Turm."

"Danke!", sagte Sam eilig und rannte zurück zum Schloss, ins Treppenhaus. Er lief so schnell, dass er eine der nicht-existenten Stufen übersah. Im letzten Moment bemerkte er das Loch unter sich und warf sich auf die nächste Stufe.

"Ach, Hi.", sagte eine Stimme über ihm.

"Rose.", stieß er hervor und richtete sich auf. Seine Arme taten höllisch weh.

"Wow. Du hast dir meinen Namen gemerkt. Und ich dachte immer, du würdest an akuter Amnesie leiden.", sagte Rose trocken und hielt Sam ihre Hand hin. Er sah sie verwirrt an.

"Du siehst nicht so aus, als könntest du alleine hochkommen. Sonst wärst du nämlich vermutlich längst aufgestanden.", erklärte Rose. Sam nahm ihre Hand und zog sich daran hoch.

Es war erstaunlich, wie kalt ihre Haut war. Erst nach einigen Sekunden Bedenkzeit bemerkte er, dass Rose an ihm vorbei weitergelaufen war.

"Hey, warte!", rief er und lief ihr hinterher, übersprang dieses mal aber geschickt die fehlende Stufe.

Rose drehte sich überrascht um.

Bevor sie irgendetwas fragen konnte, gab Sam ihr den Zettel: "Du weißt vermutlich was das ist."

"Ein Erpressungsbrief?", fragte Rose sarkastisch und nahm das Papier entgegen. "Ja, ich denke ich weiß was das ist."

"Gut!", sagte Sam. "Dann, ähm ..."

"Wir sehen uns.", unterbrach Rose sein Stottern knapp und lief weiter die Treppe hinunter. Er sah ihr hinterher und fragte sich dabei, warum zur Hölle er das tat. Dann legte jemand Sam eine Hand auf die Schulter.

Es war eine schwere Hand, fast schon eine Pranke und sie war unangenehm warm, das spürte er sogar durch den Stoff seines weißen Hemdes.

"Mr McVille.", sagte die Person, der die Hand gehörte.

Sam unterdrückte ein Stöhnen: Diese Stimme war leider unverwechselbar. Zuckersüß und klebrig, dabei aber irgendwie immer mit einem drohenden Unterton - Dolores Umbridge.

"Hallo!", sagte er und versuchte, höflich zu klingen.

"Ich sah, wie sie sich mit Rose Landon unterhielten und Liebesbriefe austauschten und-"

Sam wurde knallrot und unterbrach Umbridge schnell: "Es waren keine Liebesbriefe. Wir sind keine Freunde oder so."

"Aha. Ich dachte nur, dass es sie interessieren könnte, dass Rose Landon womöglich eine von den Bösen ist.", sagte Umbridge und faltete ihre Hände. "Falls sie anfingen, sie zu mögen: Miss Landon ist eine der Personen, von denen sie sich fernhalten sollten!"

"Da müssen sie sich wirklich keine Sorgen zu machen!", sagte Sam schnell. "Wirklich! Wir-"

"Einen schönen Tag noch, Mr McVille!". Umbridge schnitt ihm das Wort ab und lief an ihm vorbei, wie vorher Rose.

.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.

Am Abend verkündete Umbridge, dass alle Clubs unverbindlich und sofort aufzulösen seien.

Eine Einverständnis für die Neugründung müsste bei Professor Dolores Jane Umbridge anzufordern sein.


The Raven and the Snake (Harry-Potter-FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt