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[Vor etwa 12 Jahren, Marie sechs Jahre]

Erwin stieß seine Schwester von sich zu Boden und kletterte auf ihr: „Du bist noch viel zu unerfahren, um überhaupt an Missionen teilzunehmen.", versuchte er ihr klarzumachen. Die Blondhaarige schüttelte verzweifelt ihren Kopf. Sie presste ihre Zähne angespannt zusammen und sah stur zu ihm auf.

„Ich will aber! Nur so kann ich lernen!" - „Dir fehlen aber jegliche Grundbasis, wenn du noch nicht einmal deinen älteren Bruder besiegen kannst!" Die Wut, welche in Marie stieg, hatte sie schon lange nicht mehr gespürt. Sie hatte erkannt, dass sie noch nicht die Kraft besaß und damit komplett nutzlos für die Mafia war. Ungewollt rollte ihr eine Träne von der Wange hinunter.

Sofort zuckte Erwin zusammen und setzte sich neben ihr: „Tut mir leid... Hey du wirst noch mit auf Missionen geschickt, aber nur jetzt nicht." Seine Stimme klang nicht wie sonst, so kühl und angestrengt. Bei seiner Schwester konnte der Blonde keine Strenge zeigen, immerhin war es seine jüngere Schwester.

Immer noch lag Marie auf den Boden und wischte sich die Träne von den Augen weg. Sie schniefte und versteckte dann mit ihrem Ärmel die rot durchgeweinten Augen. „Marie...", hörte sie ihren Bruder sprechen, der einen besorgten Unterton legte.

„So wer von den Rotznasen soll ich ausbilden?", riss eine unbekannte Stimme die beiden aus ihren gemischten Gefühlen. Ruckartig sprang der Blonde auf und stellte sich in Kampfbereitschaft. Ein wenig verzögert dann auch Marie. „Wer bist du?", fragte Erwin angespannt nach.

Die Mafiatochter blickte kurz zu ihrem Bruder. Noch nie hatte sie ihn so angespannt gehört. Das lag bestimmt an ihn - der Unbekannte. „Kenny Ackermann, sei gegrüßt. Und wer seid ihr Rotznasen?", stellte er sich vor und hob seinen Hut kurz zur Begrüßung an.

„Erwin Smith", stellte der Blonde sich zögernd vor, behielt aber seine Fäuste weiter nach oben. Kurz lachte der Typ auf und stemmte seine Hände an den Hüften: „Du musst schon deine Fäuste ein wenig runter setzen. So bist du nur ein leichtes Ziel für die Feinde."

Marie weitete ihre Augen und blickte ihren Bruder an, der genauso aus der Fassung geraden ist. „Wie bist du hierhergekommen?", fragte dieser nun Zähne knirschend. „Nun ja...", kurz kratzte Kenny sich am Hinterkopf, welcher geschätzt um die dreißig Jahre alt war, und zeigte mit den Daumen hinter sich zur Tür, „Dein ach so beliebter Vater will, dass ich seine Tochter trainiere."

Nun weiteten sich die Augen der Kinder wieder. „Also wer ist diese Göre?", die Stimme klang nun ein wenig genervt, worauf die Blondhaarige kurz zuckte. Seine Raucherstimme durchbohrte ihre Haut und brachte in ihr ein Gefühl hinaus, welches sie in ihren ganzen sechs Jahren nicht erlebt hatte - Angst.

„D-das bin ich.", Marie ging einige Schritte nach vorn und senkte ihre Fäuste. Seine Augen zuckten kurz auf: „Das ist doch noch ein Kleinkind.", motzte er. „Sie ist die Tochter des Bosses und muss genauso hart trainieren, wie jedes Mitglied von uns. Umso eher die Kinder des Bosses trainiert werden, umso heller werden sie strahlen.", mischte sich Keith mit ins Gespräch ein.

„Onkel Keith.", strahlte augenblicklich die Blondhaarige und rannte auf den Mann zu, der bereits in den letzten Jahren einige Haare verlor. Vor ihm blieb sie dann stehen und sah zu ihm auf: „Du warst lange nicht mehr da." Das brachte ihn ein wenig zum Lächeln, ehe er nickte: „Du wirst ab sofort mit Kenny trainieren. Er ist sehr talentiert und kann dir mit Sicherheit viel mehr beibringen. Werde stark."

„Ich werde es dir aber nicht leicht machen.", mischte sich der für sie noch fremde Mann mit ein. „Das hoffe ich auch.", grinste nun Marie ihn an, was Kenny ebenfalls zum Grinsen brachte.

[Fünf Jahre später, Marie elf Jahre]

Angestrengt blickte die Blondhaarige herum, während sie schwebend an der Wand klebte und nach einem Ausweg suchte. Sie saß in einer Zwickmühle. Das war doch nicht alles, was sie in den letzten Jahren von ihrem Lehrmeister lernen konnte! Sie musste mehr geben - große Taten vollbringen.

Marie eröffnete ihren nächsten Schritt mit einen Kampfschrei und schlug dann ihre Gegenüber mit der Stirn gegen seine. Dieser verlor sein Gleichgewicht und lief einige Schritte nach hinten. Die Mafiatochter nutzte diese Gelegenheit und entnahm ihm sein Revolver. Darauf folgte ein Schuss in seinen linken Fuß und der nächste am rechten Oberarm.

Das noch relativ junge Kind atmete erschöpft stark ein und aus. Sie warf das Gewähr in der nächsten Ecke und hielt ihm die Klinge von ihrem Messer, welches sie vom Boden aufhob, vors Gesicht. „Du hast keine Chance mehr gegen mich. Gib auf.", zischte sie.

Die Show lief vor einigen Mafiamitgliedern ab, darunter ihr Bruder und ihr Vater. Ebenso stand Kenny in der Nähe und verfolgte diesen Kampf, um die Entwicklung seiner Schülerin zu sehen. Es war ein Training, die den anderen zeigen sollte, dass die Mafiatochter endlich so weit war.

Ergebend hob ihr Gegner die Hände nach oben: „Ich kann einfach nicht mehr." Marie schmunzelte über ihren Sieg, für den sie Jahre gekämpft hatte. „Kleines, du solltest immer deine Augen offenhalten.", riss der Lehrmeister sie aus ihren Siegestanz, weswegen die Blondhaarige verwundert hinter sich schaute.

Kenny hielt ihr den Revolver entgegen: „Du hast heute nur gegen einen Gegner gekämpft. In der realen Welt wird es kaum möglich sein nur einen Feind vor dir zu haben." Als Demonstration umgriff er den Henkel des Gewehrs und schoss direkt los, als der Mann diese perfekt in der Hand hielt.

Marie kniff kurz ihren Augendurfh das Geräusch zusammen. Die Munition landete vor ihren Füßen. Verstehend nickte das Kind. Wenn es ein offizieller Kampf gewesen wäre, dürfte sie nie die Deckung verlieren. Fünf Jahr hatte Kenny sie trainiert und immer noch... Sie war nicht einmal ansatzweise so gut wie der Typ!

Eine Hand wuschelte durch ihre vom Kampf verfitzten Haare, worauf sie verwirrt aufschaute. Direkt in die grauen Augen ihres Meisters. „Du hast dich trotzdem tapfer geschlagen. Werde immer besser und irgendwann werden wir auf verschiedenen Seiten kämpfen." Die Blondhaarige sah dabei zu, wie er Richtung der Tür ging.

„Was soll das heißen, Kenny?", rief sie ihm nach und rannte den großen Mann hinterher. Eine Hand, welche ihren Arm ergriff, hielt sie allerdings davon ab. Ihre blauen Augen richteten sich auf die von ihrem Bruder. „Er hat seine Arbeit erledigt. Du kannst nun alleine auf Missionen gehen."

Maries Augen weiteten sich. Nie war ihr in den Sinn gekommen, dass mit diesen Tag auch der Abschied von Kenny sein würde. Die Mafiatochter blickte wieder zur Tür. Dort stand niemand mehr. Ihr Lehrmeister war nun verschwunden.

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Die Mafiatochter✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt