11.

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Der nächste Morgen begann nur drei Stunden, nachdem ich halbtot ins Bett gefallen war. Wieder einmal war es das Klingeln von meinem Handy, das mich weckte. Warum dachte ich nie daran, das Ding stummzuschalten?

»Hm«, brummte ich.

»Schlechte Neuigkeiten, Süße«, verkündete Melissa am anderen Ende der Leitung. »Du hast dir Feinde gemacht.«

Ich stöhnte und ließ den Kopf zurück ins Kissen fallen. »Sag mir doch etwas, das ich nicht weiß. Hat die Mafia mich gefunden?«

Meli zögerte kurz. »Das auch. Aber das ist nicht die schlechte Neuigkeit.«

»Was?« Warum mussten es immer solche Nachrichten sein, die meine Müdigkeit vertrieben?

»Die Jungs – ja, das ist echt deren Name – gibt es tatsächlich. Und du hast sie sauer gemacht.«

Ich strich mir mit einer Hand über die Stirn. »Ich hätte sie einfach alle abknallen sollen.«

»Jetzt möchte ich nicht sagen, ›Ich habe es ja gesagt‹, aber ...«

»Meli ...«

»Ja. Sorry. Also. Außerdem sucht dich die Mafia. Sie wissen, wer Riley ist. Bitte sei vorsichtig. Und sag von mir aus auch Riley, dass er vorsichtig sein soll.«

Das Lagerhaus, das Riley mir gestern empfohlen hatte, sah nun sehr verführerisch aus. »Ich verstehe. Danke.«

»Ich werde sehen, was ich noch über die Jungs herausfinden kann.«

Damit war die Leitung unterbrochen. Ich legte das Handy zurück auf meinen Nachttisch und zog die Bettdecke wieder bis zu meinem Kinn hoch. Vielleicht konnte ich noch ein bis zwei Stunden Schlaf kriegen.

Allerdings machte Riley mir einen Strich durch die Rechnung. Er stieß nämlich die Schlafzimmertür auf. »Was hast du mit ihm gemacht?«

Widerwillig öffnete ich die Augen wieder. »Raus.«

»Vergiss es, Laura. Was hast du mit Lansky angestellt?«

»Gar nichts.« Am liebsten hätte ich mir die Bettdecke über den Kopf gezogen. »Wir haben uns gepflegt unterhalten.«

»Sein Hals ist rot und er hat ein blaues Auge!«, fuhr Riley mich an. »Von diversen Schwellungen in seinem Gesicht mal ganz abgesehen. Die Geräusche, die da gestern aus dem Keller kamen, habe ich ganz anders interpretiert.«

Jetzt warf ich ihm doch einen gereizten Blick zu. »Danke für dein Hilfsangebot.«

»Als ob du sie gewollt hättest«, wiegelte Riley ab.

»Du hast recht, ich brauche keine Hilfe«, zischte ich. »Also halt dich gefälligst aus meinen Angelegenheiten raus.«

Riley stapfte durch das Schlafzimmer und riss das Fenster auf. Kalte Luft flutete in das Zimmer. Ich stöhnte genervt auf.

»Du kannst unsere Geisel nicht verprügeln.«

»Es ging nicht anders. Und wir sind also bei unserer Geisel angekommen, ja? Mach das wieder zu, du bist nicht meine Mutter.« Wieso noch gleich hatte ich den Kontakt zu Riley gesucht?

Zu meinem Glück wechselte Riley das Thema. »Weißt du, was Lansky am liebsten frühstücken würde?«

»Was Lansky haben will?«

Jetzt war es an Riley, zu stöhnen. »Laura, dir ist bewusst, dass er nichts gegessen hat, seit du ihn entführt hast? Eine verhungerte Geisel bringt dir nichts.«

Ich zog mir die Bettdecke über den Kopf. »Dann frag ihn doch selbst.«

»Ich habe ihm schon was bringen wollen, aber er kann bewusstlos nichts essen oder mir sagen, was er frühstücken möchte.«

»Gib ihm einfach einen Toast und dann ist er bestimmt glücklich«, sagte ich.

Riley warf mir einen Blick zu. »Laura, was ich gerade versucht habe, zu sagen: Du hast gewaltigen Mist gebaut. Was denkst du, wie die Mafia reagiert, wenn sie ihn so vorfindet?«

Ich schob die Bettdecke ein Stück hinunter und sah ihn an. »Er hat mich dazu überredet«, gab ich kleinlaut zu. »Hätte ich ihm den Wunsch abschlagen sollen?«

Riley zog eine Augenbraue hoch. »Sei einfach netter zu ihm und versorge vielleicht seine Wunden. Wir können nur hoffen, dass er nicht mehr ganz so miserabel aussieht, wenn die Mafia hier aufkreuzt.«

Ich schluckte. Wenn ich Meli Glauben schenkte, dann war es nur wahrscheinlich, dass die Mafia hier auftauchen würde, ohne Lösegeld mitzuführen.

»Ist ja gut«, maulte ich. Ja, ich klang, als wäre ich ein kleines Kind, dessen Mutter es gerade zum Aufräumen zwang, aber das war mir herzlich egal.

»Und jetzt hör auf zu jammern und steh auf«, sagte Riley. »Ich kann mich nicht erinnern, dass du jemals so ein Morgenmuffel warst.«

Mit diesen Worten verschwand er. Endlich.

Eine halbe Stunde später hatte ich schon wieder Ähnlichkeit mit meinem normalen Selbst. Die Reste des Drogensüchtigen-Make-ups hatte ich den Abfluss hinuntergespült und den Geschmack der Prügelei aus meinem Mund gewaschen und war in eine Jogginghose und ein einfarbiges T-Shirt geschlüpft.

Ich schnappte mir ein Brötchen und belegte es mit Käse, dann einen Toast. Wahrscheinlich wollte Lansky vorrangig etwas trinken.

»Nicht einmal ein bisschen Mascara?«, kam von Riley, der sich an den Rahmen der Küchentür lehnte. Warum musste er nur ständig hier – in seinem Haus – herumlaufen?

»Nerv nicht«, fuhr ich ihn an, holte dann aber tief Luft und schüttelte meine Negativität ab. Ich war heute nett.

Kurze Zeit später trug ich Brötchen, Toast, verschiedene Marmeladensorten, Käse und Butter und zusätzlich noch einen Krug mit Wasser auf einem Tablett in den Keller.

»Nett«, sagte Damian und grinste mir entgegen.

Das ›Klappe‹ verkniff ich mir und schenkte ihm stattdessen das freundlichste Lächeln, zu dem ich mich durchringen konnte.

The Mafia King and the Ice QueenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt