»Ihr habt noch etwas weniger als 15 Minuten«, informierte uns Melissa leichthin. »Das Gleiche gilt für dich, Lansky.«
»Weißt du, ob es hier Popcorn gibt, Melissa?«, kam es unvermittelt aus Rileys Ecke. »Ich fühle mich großartig unterhalten.«
Ich warf ihm einen entgeisterten Blick zu.
»Versuch es in der Schublade«, antwortete Melissa auch noch. »Die da.«
Eine Schublade sprang auf. Ich spielte kurz mit dem Gedanken, verbal zu protestieren, dann hob ich stattdessen ein zweites Mal die Waffe, zielte und schoss, noch bevor Riley die Hand ausstrecken konnte. Die Kugel zerschmetterte das Schloss und schob die Schublade wieder zu.
»Haben wir hier keine anderen Probleme?«, schrie ich. Riley sah enttäuscht aus und ich hätte noch so einiges zu sagen gehabt, aber ich musste mich unbedingt auf Mark konzentrieren.
»Ruf deine Leute an. Jetzt«, wies ich ihn an und hob die Pistole wieder auf Augenhöhe. »Oder ich schwöre dir, ich drücke ab.«
Mark hob die blutverschmierten Hände, ohne Anstalten zu machen, sich wieder vom Boden zu erheben. »Ich tu es. Ich mach doch schon.«
Marks Hand zitterte deutlich, als er in seiner Hosentasche nach einem Handy angelte. Immerhin etwas tiefer war Marks Stimme, als jemand abhob.
»Hi, hi, ich bin's.« Souverän war anders, urteilte ich innerlich spöttisch. »Ja, ich weiß, lange Geschichte. Keine Zeit. Wir evakuieren alle. Ihr habt 15 Minuten –«
»13«, warf Melissa ein und Mark schluckte.
»13 Minuten, um einen möglichst großen Abstand zwischen euch und unser Gebäude zu bringen.« Er lauschte einen Moment. »Nein, sagt auch Evan Bescheid. Als Letztes.«
Er legte auf und die halbwegs selbstbewusste Fassade fiel genauso schnell wieder in sich zusammen, wie sie erschienen war.
Ich beschloss für meine geistige Gesundheit, nicht nachzufragen, wer Evan war und welches Problem Mark mit ihm hatte.
»Das war doch gar nicht so schwer, oder?«, meinte ich.
Auf die Bildschirme an der Wand kam Bewegung. Kleine schwarze Punkte, auf die Entfernung nur so groß wie Ameisen, strömten aus dem Gebäude.
»Vermutlich sind seine Jungs genau solche Waschlappen wie er«, kommentierte Melissa ungerührt.
»Ich bin kein –«
Mark brach ab, als sein Blick auf meine Pistole fiel und er hob wieder die Hände.
»Lass dich von deinen Männern verarzten«, befahl Melissa. »Sie warten draußen. Gib ihnen die entsprechenden Befehle. Aber bilde dir nicht ein, dass ich euch nicht mehr sehen würde.«
Ich glaubte, ein leises Wimmern von Mark zu hören, aber er quälte sich auf die Füße und humpelte aus dem Zimmer heraus.
Ich zögerte einen Moment, bevor ich mich zu Damian umdrehte. »Damian ...«
»Vergiss es.« Sein Kiefer war so angespannt, wie ich ihn selten gesehen hatte.
»Ihr habt noch zehn Minuten.« Zehn Minuten, bis es zu spät wäre. Zehn Minuten ...
»Willst du wirklich, dass deine Leute sterben?«, fragte ich, deutlich ruhiger, als ich mich fühlte. »Du bist der Einzige, der sie retten kann.«
»Sie blufft«, knurrte Damian. »So tief ist sie nicht in unsere Strukturen vorgedrungen.«
»Und wenn doch?« Mein Griff um die Waffe festigte sich. Ich wollte sie nicht einsetzen. Aber in diesem Moment wurde mir klar, dass ich es tun würde, wenn das Melissas Voraussetzung war, um den Countdown abzubrechen.
»Wir können auch neun Minuten abwarten und du kannst dich selbst davon überzeugen«, sagte Melissa.
Meine Handflächen begannen zu schwitzen. »Ich habe mit ihr zusammengearbeitet, bevor ich dich kennengelernt habe«, sagte ich. »Sie weiß, was sie tut.«
Damian hob das Kinn. »Und ich weiß, wie es ist, die Führung zu übernehmen.«
»Du unterschreibst gerade das Todesurteil deiner Leute!« Hitze stieg in meinen Wangen auf.
»Acht«, kam aus den Lautsprechern.
»Nicht hilfreich!«, rief ich. »Sag mir erst wieder Bescheid, wenn es nur noch fünf Minuten sind.« Den zusätzlichen Zeitdruck konnte ich echt nicht gebrauchen.
»Wie du willst, Süße.«
Seufzend legte ich die Waffe weg. »Okay, wir wissen beide, dass wir so nicht weiterkommen. Sprechen wir also auf Augenhöhe.«
Damian reagierte nicht, sondern musterte mich nur.
»Ich weiß, dass es dir gerade schwerfällt, zu akzeptieren, dass du verloren hast. Und es gibt genau zwei Wege, wie dies endet. Entweder all deine Leute sterben, du stirbst und ich verliere dich.« Verdammt, hatte ich das jetzt wirklich sagen müssen? Und sämtliche Anwesenden hatten es natürlich gehört. »Oder du gibst ein verfluchtes Mal in deinem Leben nach und tust das einzig Vernünftige«, schob ich hoffentlich mit genug Nachdruck hinterher, dass die anderen meine erste Aussage nicht so sehr im Gedächtnis behielten.
Aus Rileys Ecke kam ein leises Lachen. »Dann hatten –«
»Klappe«, zischte ich.
»– wir recht«, beendete Riley seinen Satz. »Wirklich Laura, ich hatte immer gedacht, du würdest dich, wenn überhaupt, für eine Frau entscheiden.«
»Ist das jetzt echt der richtige Zeitpunkt?«, versuchte ich, das Thema wieder auf die buchstäblich tickende Zeitbombe zu steuern.
»Oder für jemanden, der zumindest ein bisschen liebenswert ist«, fuhr Riley fort. »Aber Lansky? Wirklich?«
»Das ist nicht der richtige Zeitpunkt!«
Riley zuckte mit den Schultern. »Ich bin hier ziemlich fein aus dem Schneider. Ich komme damit klar, wenn du Mark und Lansky in die Luft jagst. Da dachte ich, wir könnten noch ein bisschen Smalltalk führen.«
Ich schloss für einen Moment die Augen und wandte mich dann ab. Riley würde nur meine Zeit verschwenden.
Als ich mich wieder an Damian wandte, musterte er mich mit einem eigenartigen Ausdruck in den Augen, den ich nicht richtig zu deuten vermochte.
»Ich weiß nicht, was ich noch sagen kann, um dich zu überzeugen«, meinte ich. »Wenn dir dein Leben nicht wichtig ist, und dir das deiner Leute auch nichts bedeutet ... Sag mir, wie ich dich davon abbringen kann, diesen schrecklichen Fehler zu begehen.«
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The Mafia King and the Ice Queen
RomanceEs ist nicht leicht, als Auftragskillerin das zu bekommen, was man will. Als Laura für einen Auftrag von der Mafia um ihren Lohn betrogen wird, sieht sie nur einen Ausweg: den Mafiaboss entführen und sich ihre Belohnung erpressen. Doch der Mafioso D...