40.

1.3K 54 4
                                    

»Keine Sorge.« Melissas Stimme klang kühl und vielleicht ein wenig verächtlich. »Er lebt noch, aber du hast derzeit eigentlich ganz andere Probleme, als dir Sorgen um dein Darling zu machen.«

»Er ist nicht mein Darling«, rief ich.

Riley warf mir einen ›Sicher, was auch immer du dir einreden musst‹-Blick zu, der in mir den Drang hervorrief, meine Faust in seinem Gesicht zu versenken.

»Was hast du vor?«, fauchte ich stattdessen. »Willst du mich da mal einweihen?«

»Einen Moment noch«, erwiderte Melissa. »Wir warten noch auf einige weitere Gäste.«

Mein Blick schoss zu den Bildschirmen. Dort sah sich Mark verwirrt um, hob die Hände und verließ den Raum. Auf einem anderen Display hob Damian den Kopf, als einer der Jungs den Raum betrat und seine Fesseln durchtrennte.

»Glaubst du wirklich, ich wäre so herzlos?«, ertönte es aus einem Lautsprecher. Anscheinend war mir meine Erleichterung, dass Damian noch lebte, am Gesicht abzulesen.

»Sag du es mir«, murmelte ich.

»Süße, behalte einmal in deinem Leben etwas Optimismus.«

»Kommt nicht in Frage.«

Der Auftritt von Mark und seinen Lakaien ersparte es mir und Melissa, dieses Gespräch fortführen zu müssen.

»Ihr auch hier«, begrüßte ich Mark und Anhängsel. Er bemühte sich um ein arrogantes Lächeln.

»Natürlich«, sagte er und gestikulierte zu den Lautsprechern. »Sie arbeitet für mich.«

»Spar dir deinen Bullshit für jemand anderen auf«, schnitt Melissa ihm umstandslos das Wort ab. »Du musst lernen, wann du den Mund zu halten hast. Sonst gebe ich die Aufnahmen von deiner Reaktion frei, als die Lautsprecher angegangen sind.«

Mark wurde tatsächlich rot und hielt den Mund.

Ich konnte nicht anders, als ihn mit Damian vergleichen. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass er vor einem unsichtbaren Gegner so schnell so klein beigegeben hätte.

Wie um ihre Worte zu beweisen, öffneten sich die Türen und Damian betrat in Begleitung des letzten von Marks Männern den Raum. Er war der einzige, dem die Handfesseln noch nicht abgenommen worden waren. Offenbar wollte ihn niemand gänzlich befreit wissen.

Damians eisblaue Augen zuckten zwischen den Videobildschirmen hin und her. Mark hatte es offenbar nicht für nötig gehalten, Damian nach dem Zwischenfall im Wald ein Hemd zu geben. Das führte dazu, dass es mir schlagartig schwerfiel, mich auf die eigentlichen Geschehnisse zu konzentrieren.

Schließlich bemerkte Damian meinen Blick und seine Augen trafen auf meine. Das Eis darin wurde sofort etwas wärmer.

Mein Mund wurde trocken.

»Erde an Laura?«, ertönte es aus den Lautsprechern.

»Wollte ich auch gerade sagen«, brummte Riley.

Ich räusperte mich und richtete meine Aufmerksamkeit zurück auf die Bildschirme.

»Meine Güte, das ist schlimm mit euch«, sagte Riley taktvoll. »Das halte ich nicht einmal zwei Minuten lang aus.«

»Melissa, was willst du eigentlich von uns?«, fauchte ich.

»Melissa also«, brachte Damian hervor und mein Blick huschte zu ihm. Das Eis seiner Augen war wieder gefroren. »Diejenige, von der du meintest, wir könnten ihr vertrauen?«

Ich knirschte mit den Zähnen. »Ich wünschte nicht.«

»So, Beziehungsdrama aus«, unterbrach Melissa. »Ich hätte gern einmal eure Aufmerksamkeit. Keine weiteren Unterbrechungen, keine Liebäugeleien zwischen euch.«

Ich musste nicht nachfragen, wer in diesem Fall ›euch‹ war. Ich warf einen verstohlenen Blick zu Damian, der ebenfalls zu mir sah.

Ein Räuspern ertönte aus den Lautsprechern.

»Ich mach doch schon gar nichts«, sagte ich mürrisch, aber Melissa ging nicht darauf ein.

Sie lenkte die Aufmerksamkeit endgültig auf sich, als sie ein großes Bild an alle der Bildschirme warf. Es zeigte die Außenaufnahme eines mir unbekannten Gebäudes, wahrscheinlich ein Bürokomplex irgendwo in Detroit.

»Marky«, säuselte Melissa. »Erkennst du es wieder?«

Ich sah zu Mark. Die Blässe, die sich um seine Nase gelegt hatte, war ein sehr eindeutiges ›Ja‹.

»Wollen wir auch einen Blick hineinwerfen?« Sie wartete nicht auf Marks Antwort. Das Bild löste sich auf und wurde durch neue ersetzt. Innenaufnahmen von Räumen, gestochen scharf und offenbar in Echtzeit.

»Ich weiß alles, was dort in den letzten Wochen und Monaten vor sich ging, Marky«, sagte Melissa. »Ich habe jedes deiner schmutzigen Geschäfte beobachtet und ich werde dich nicht ungeschoren davonkommen lassen.«

»Ich bin Geschäftsmann«, zischte Mark durch zusammengebissene Zähne. »Es ist nicht immer leicht, sich einen Marktvorteil zu sichern.«

Die Bildschirme flackerten erneut auf und setzten sich zu einem neuen Bild zusammen. Diesmal keuchte Mark erschrocken auf und die kühle Miene des Drogenbarons zerbrach endgültig.

»Nein«, hauchte er. »Das kannst du nicht wirklich tun.«

Auf dem Bildschirm zeigte sich nun ein kleines Gerät, versehen mit diversen Drähten und einer roten LED-Anzeige, die unerbittlich einen Countdown herunterzählte. Er stand bei etwas mehr als dreißig Minuten.

»Wir wissen beide, was das ist«, sagte Melissa kühl.

»Was willst du von mir?«, rief Mark.

Melissa schwieg einen Moment. »Das ist das Schöne an der Sache. Es gibt nichts, was ich von dir will. Das hier ist keine Verhandlung. Du hast nur einen Platz in der ersten Reihe bekommen, wenn der Countdown abläuft und alles, was du dir über die letzten Jahre so hübsch aufgebaut hast, in sich zusammenfällt und brennt.«

Sie pausierte kurz, ehe sie fortfuhr: »Aber ich hatte nicht vor, euch hier eine halbe Stunde sitzen und auf das Unausweichliche warten zu lassen. Ich habe nämlich noch eine weitere Überraschung für euch.«


The Mafia King and the Ice QueenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt