Die nächsten Tage stützte ich mich in das was mir an Bekanntem geblieben war. Noch waren Weihnachtsferien und so streamte ich von Morgens bis Abends Craft Attack. Tatsächlich half es mir der neuen Umgebung zu entfliehen, die mit ihrer unbekannt ein weiteres Loch in meine Brust stach. Zwar war die aller größte Menge sehr nett und versuchten mich zu integrieren, doch waren es trotzdem Fremde. Die Gesamtsituation verunsicherte mich nicht nur zunehmend, sondern verstärkte das Gefühl von Einsamkeit nur noch weiter. Einzig Adrians verrückte Art konnte ich nicht von mir stoßen. Womit er eine einzige Ausnahme darstellte. Alle anderen waren mir zu schrill, zu auf dringlich, oder ich wusste selbst nicht, warum ihre Anwesenheit mich unwohl fühlen lies, aber so grenzte ich mich selbst vollkommen aus. Ich hätten die Stadt erkunden können. Ich war zu unmotiviert und erst recht zu unsozial um eine Fremde Umgebung zu erkunden. Auch meine Bekanntschaften vom ersten Abend ließ ich nicht weiter an mich heran. Ein zwei Mal hatten Adrian oder ein anderer Bewohner unser Wohngemeinschaft, versucht mich zu der, bereits am ersten Tag kennen gelernten, Gruppe zu schleifen, doch ihre Mühe fand keinen Sinn. Ich war nicht bereit mich zu öffnen, zu vergessen, oder gar neu zu beginnen. Ich hing an meinem alten Ich und an meinen Freunden in der Heimat. Niemals könnten die Schüler dieser Burg Kaya oder die anderen ersetzen. Dieses Gefühl bekam ich allerdings, wenn ich neue Menschen traf. Fast all würde ich sie betrügen. Das Ziel meiner Eltern sollte an mir scheitern, aber war mein eigener Wille dazu standhaft genug? Also tat ich einfach das, was ich am besten konnte und was nun einmal vor dem PC sitzen und Streamen war. Es war ein klein wenig wie Heimat, wo nur noch ein Trümmerhaufen stand. Diese dünne Schicht Luft in einem Behälter voller Wasser, die einen für einen Moment vor dem Ertrinken rettete. Hinaus wagte ich mich nicht, etwas Frischluft wäre sicher förderlich für das Herzkreislaufsystem, doch ich konnte es nicht. Es war nicht wie so oft einen Frage des Wollens, ob ich hinaus in die Natur des Schlossparks trat, sondern pures nicht können. Die Angst, welche mich bei dem Gedanken empfing war unendlich und doch wusste ich nicht woher sie kam. Was bereitete mir solch starke Ängste, dass meine Glieder sich allein bei dem Gedanken daran weigerten sich in Bewegung zu setzten? Erneut saß ich wie eingefroren in dem mir zugeteilten Zimmer und starrte stumpfsinnig aus dem Fenster, ohne wirklich wahrzunehmen was vor diesem Geschah. Meine Augen sahen, doch mein Kopf blendete das Bild vollkommen aus. Auch die Geräusche, welche von außen zu mir durch drangen, konnten meinen Gedanken nicht überschreiben. Gegen die Tränen hatte ich schon vor Wochen in meinem Elternhaus verloren. So flossen sie scheinbar unendlich aus meinen Augen für all die Zeit, die ich nicht dort verbringen konnte. Diesen Ort „Zuhause" zu nennen verbat ich mir selbst in Gedanken. Mein Zuhause war Kaya, nicht ein warmes Haus voller Erinnerungen.
Nur langsam kam ich zurück in die Realität. Erst waren es nur die vielen Stimmen, welche nicht zu den wenigen Jungen und Mädchen aus dem Gemeinschaftraum passten, über die nächsten Minuten wurden es schwammig auch die Umrisse der ganz verschiedenen Menschen unter mir. Es waren jüngere, vielleicht um die 10 Jahre alt, aber auch Ältere. Eltern, Schüler, vermutlich auch Lehrer. Jeder von ihnen war vermutlich einzigartig, doch aus meiner Perspektive waren es bloß verschieden große Farbklecke, so sehr war meine Sicht noch immer verschleiert. Ob von Tränen oder purem Uninteresse an meiner Umwelt wusste ich selbst nicht einmal genau.
Mein Zeigefinger glitt meine Wange hinauf, bis er auf die feuchten Tränen traf, welche sogleich vom Hoody Ärmel neutralisiert wurden. Nahe zu panisch, blickte ich auf und erhob mich schwerfällig aus meinem neu liebgewonnen Bett. Leicht schlurften meine Füße über das Parkett, als ich mich in das geteilte Wohnzimmer begab, welches zu dieser Zeit wie ausgestorben wirkte. Adrian war -wie ich bis vor wenigen Sekunden- in seinem Zimmer und trieb was er eben so tun wollte in dem kleinen Messizimmer und auch der andere Mitbewohner, welcher so selten da war, dass ich nicht einmal seinen Namen hatte behalten können, war erneut irgendwo, wo nicht unsere Wohngemeinschaft war. Als es weniger später an der WG Tür klopfte gab es somit niemanden, abgesehen von mir, der sie öffnen würde. Bei dem wilden Stimmengewirr, welches von außen zu mir durch drang, spielte ich mit dem simplen Gedanken mein Handy zu zücken und lieber Sozial Media zu checken, als zur Tür zu gehen. Vermutlich würde es sich um einen kindischen Klingelstreich handeln, doch ein gebrülltes „Alter Adrian, mach die scheiß Tür auf." lies mich an dieser Annahme zweifeln. Trotz wenig Lust darauf dieser Person -die ziemlich erzürnt schien- in den Raum zu lassen, in dem ich war, ging ich zur Tür, um sie nicht noch wütender zu machen. Anstatt einen erzürnten jungen Mann zu sehen, denn ich bei der Stimme erwartete hatte, sah ich zuerst eine Dame ungefähr in den Anfängen ihrer dreißiger, die mich professionell, wenn auch mit einem Hauch Gehässigkeit, anlächelte. Ihre Hand streckte sich mir entgegen und ich ergriff diese, nachdem sie sich vorgestellt hatte, unbeholfen. Handschläge würde ich nie lernen und die Dame hatte etwas unendlich unsympathische an sich. Just in diesem Moment sah ich den etwas größeren Jungen hinter ihr, der unbehaglich in die WG verschwand. Oh, dann hatte der wohl zu Adrian gewollt und die Frau, die sich als Koordinatorin von irgendwas vorgestellt hatte -der Name war so kompliziert, dass ich ihn sofort vergessen hatte- wollte zu mir. Kann die nicht bitte auch zu Adrian wollen. „Hat es Dir hier gefallen." , fragte sie gespielt interessierte und betonte das Dir dabei, als würde sie mich siezen. Keine Ahnung, aber manchmal merkt man das so voll, dass die Person einen normal siezen würde. „Ehm, joar." Die Dame schnalzte über meine Ausdrucksweise tadelt mit ihrer Zunge. Jajaja Frau Koordinatorin mir ist die Ungebildetheit meiner Antwort wohl bewusst. Gibt es das Wort Ungebildetheit, oder handelte es sich dabei um einen Eigenkreation meinerseits? Könnte man das patentieren? „Schön, das es Dir bei Adrian gefallen hat. Verständlicherweise war dies nur eine Übergangslösung. Du sollst schließlich mit Gleichaltrigen unterrichtet werden. Uns, als Schulleitung, war es allerdings wichtig Dich auch die ersten Tage in Gesellschaft zu wissen." Oh, man lebte hier mit Jugendlichen seiner Altersklasse zusammen, irgendwie erschein dies reichlich logisch, auch wenn die Bedeutung dieser Regelung nur langsam zu mir durchsickerte. In meinem Kopf war nur der Gedanke, dass ich meinen PC dann noch einmal umbauen müsste. gar kein Bock , dachte ich und verstand nicht, dass nicht nur mein PC, sondern auch ich umziehen müsste. „Kann ich nic...", wollte ich versuchen hier bleiben zu dürfen, als mich die Frau bereits unterbrach: „Jeder gehört zu seinen Klassenkameraden, außerdem ist diese WG belegt. Die ehemalig leeren Zimmer besetzen andere Schüler des Jahrgangs." War das hier normal, dass Schüler zu dieser Zeit Mitten im Halbjahr wechselten, oder wohnten die dann hier ab dem neuen Halbjahr, wie ich ja eigentlich auch sollte? Und dann scheuchte mich die Dumme Tante zwei Etagen hinunter -naja weiter nach oben ging ja nicht, außer man wollte aufs Dach- und vor eine Tür, die ein Klohn aller anderen zu seihen schien. Unglaublich öde, wie mir sofort klar wurde. Vielleicht würde man mich die etwas... kreativ verschönern lassen. So ganz schlicht war doch langweilig und im tristen Alltag einer Schule könnte doch wenigstens die Tür etwas Farbe vertragen. „Was auch immer Du für Pläne schmiedest, Junge, sei dir sicher wir haben dich im Auge und scheuen nicht vor Konsequenzen für Fehlverhalten zurück.", zischte die Dame und entriegelte mit einem Schlüsselbund, der neben Massen an Schlüsseln noch aus mindestens doppelt so vielen Schlüsselanhängern bestand, das Schloss. Mit ihr hatte ich es mir wohl mit meinem Imag bereits vergeigt, bevor auch nur ein Wort meine Lippen verlassen hatte. Scheiß Vorurteile. Drinnen hockten sechs Jugendliche, die laut der Koordinatorin in meinem Alter sein mussten. Fragend sahen sie zu der Dame hoch, welche grader Stand als ein Brett es je sein könnte. „Das ist euer neuer Mitbewohner, Mike.", stellte sie mich vor. Scheinbar glücklich mich endlich los zu werden. „Entschuldigen Sie bitte Frau *undeutliches Gemurmel* -oh ich war wohl nicht der einzige, der sich ihren Namen nicht merken konnte- , aber wir haben keinen Platz mehr." „Wie?! Ihr habt keinen Platz mehr." Ihre Augen waren so groß wie Tischtennisbälle und sie schaute den Jungen mit einer Mischung aus geschockt und einem gnadenlosen Killerblick an. „Ja, dadurch, dass Moritz aus den USA zurück ist." Der Arme. Musste der Dame klar machen, dass sie ihren Job verknackt hatte. Schadenfreude überkam mich. Oh, ich würde Spaß dabei haben jeden Lehrer, Koordinator oder Direktor auf die Palme zu bringen, dass war mir bereits klar. „Es gibt kein Freies Zimmer mehr.", flüsterte die Frau eher zu sich selbst und raufte sich die braunen Haare, bevor sie begann nachdenklich auf und ab zu gehen. „Kann ich nicht einfach zu Adrian", fragte ich hoffnungsvoll und freute mich bereits drauf den ganzen Blödsinn mit ihm gemeinsam zu planen und zu veranstalten. Sicher konnte man mit ihm den ein oder anderen Streich spielen. „Auf keinen Fall." Viele zu laut hallte die Stimme in meinem Kopf wieder. „Zwei Unruhestifter in einer WG überlebe ich nicht." Leider zog sie mich bereits nach kurzer Zeit weiter. Der Weg führte weitere Treppen hinunter und dann aus dem Gebäude. Ok, ging es jetzt in den zweiten Klotz? Innerlich machte ich mir schon Gedanken, wie ich je wieder zu der WG mit Adrian finden sollte um meine Sachen zu holen. Und dann bog sie ab. Und zwar in Richtung des Schlosses. Okay. Was passiert jetzt. „Glaub mir, gäbe es eine andere Lösung, ich würde sie wählen." , zischte sie erneut und verschnellerte ihre Schritte noch ein wenig mehr. Hatte die es eilig, oder so? Langsam wurde es anstrengend hinter der her zu laufen. Zum Glück verlangsamte sie zwei Gänge später ihre Schritte und klopfte an der Tür vor ihr. Hatte sie keine Schlüssel für alle Räume, oder warum? Da hingen doch so viele an dem fetten Schlüsselbund. Aus dem inneren blickten mir leuchtend grüne Augen entgegen. Nur einige wenige Sekunden dauerte es, bis die Tür hinter der Koordinatorin zuflog und mir die Sicht versperrte, aber die wenige Zeit hatte gereicht, dass ich wusste, wer diese so vorschnell verschloss. Die weißblonden Haare waren unverkennbar und die kräftige Statur machte es eindeutig. Ich hatte es mit dem Black Bruder zu tun. *Augen verdrehen* hach wie schön. In der Wohnung wurde wild diskutiert, was selbst aus meiner Position außerhalb der Räumlichkeiten unüberhörbar war, aber etwas verstehen tat ich leider nicht. Klar war nur eine nette Unterhaltung war es nicht. Irgendwann wurden sie dann so laut, dass jedes Wort deutlich zu verstehen war. „Mein Vater zahlt dafür, dass dieses Internat all diese Privilegien hat. Ich werde mir sicher nichts mit diesem Jungen teilen." „Du bist ein Schüler, wie jeder andere hier. Es ist noch Platz, also kommt er zu dir." Damit schien die Diskussion ein Ende gefunden zu haben und ich stellte mir so ein richtig episches Blickduell vor. So sehr, dass ich nicht merkte, wie die Tür auf ging, genau gegen meinen Kopf. Aua. „Steh nicht so dumm rum du Idiot." Oh jetzt holt der möchte gern Badboy die bösen Sprüche heraus. Ich hätte gelacht, wenn mein Kopf nicht ehrlich weh getan hätte. „Pass doch auf du Spast." „Nenn mich noch einmal so und du bist einen Kopf kürzer." Okaay. Da hat jemand... Temperament. Oder benahm sich wie ein fünfjähriger. Verhaltensweisen, die nicht selten Ähnlichkeiten hatten, die man schwer unterscheiden konnte. Ich glaube das würde eine lustige WG werden. „Mike, du wohnst jetzt hier." Wo war das erstmal? Damit verschwand sie einfach. Das war nicht deren Ernst, oder? So böse kann selbst sie doch nicht sein, dass sie mich hier lässt. „Wenn ich jetzt meine Sachen hole. Komm ich dann hier jeh wieder rein.", fragte ich und kannte die Antwort dabei eigentlich bereits. „Ich würde mich an deiner Stelle nicht darauf verlassen." , meinte er möchte gern Badboy nur kalt und drehte sich um. Klar Dude, geh nur, ich wollte eh nicht wissen welches mein Zimmer ist, Danke Bro, ehrlich. Wenn das der erste Satz war, denn ich von dem Kerl jeh gehört hatte wollte ich eigentlich keine weiteren mehr hören. Mein Handy hatte ich zum Glück dabei und so zückte ich es und rief Adrian an. Kurz tutete es, bis die Person auf der anderen Seite ab nahm. „Was los Mike?" Der Schalk lag in seiner Stimme. „Du hast eine wichtige Aufgabe.", meinte ich und spielte so meine Bitte etwas hinauf. „Kannst du mir meine Sachen bringen? Ich kommt hier nicht raus." Verlegen lachte ich. Es musste so lächerlich klingen. „Mach doch selber." „Haha kann ich ja nicht." Als ich ihm dann allerdings begann zu beschreiben, wo mein neues Zimmer -von dem ich ja noch nicht wusste, welches meins war- lag, hörte er auf sich zu weigern. „Mike, du verarscht mich!" Mehrfach versicherte ich ihm, dass ich wirklich hier war und das mit dem Black. Ich sollte langsam mal versuchen den Namen zu erfahren. Und dann legte er auf und versprach mir alles zu packen. Das nenne ich eine Freund, auch wenn ich Angst um meinen PC hatte. Vielleicht brachte er mir ja erst Kleidung oder sowas und ich konnte ihn dann hier drinnen als Türöffner lassen und den PC selbst hinunter tragen. Uh, das würde anstrengend werden. Sport bräuchte ich in nächster Zeit definitiv nicht mehr. Das tragen war genug. Hugo und ich wechselten uns ab, nachdem Hugo ohne Probleme mein Zimmer gefunden hatte. „Kennst du jemanden der hier wohnst, oder was?" „Mike, man kennt es einfach." Etwas über meinen Mitbewohner konnte ich ihm leider nicht entlocken, wobei er einiges über diesen wissen zu schien. Auch das Rätsel selbst redet kein Wort mit mir und ignorierte sowohl Adrian, als auch mich. Einzig mit diesem hatte er noch gesprochen und das auch noch in meiner Anwesenheit, zumindest wäre es die realistische Möglichkeit, warum dieser plötzlich wusste, welches mein Zimmer war. Es war größer, als das in der anderen Wohnung. Heller Holzboden, der definitiv erneuert wurde mit typischen Katalog Möbeln. Ein Kleiderschrank, ein Schreibtisch, eine Kommode, sowie ein Nachtschrank angrenzend an ein wesentlich größeres Bett, als das, in welchem ich die letzten Nächte verbracht hatte. All dies in der selben Holzfarbe, wie es auch das Laminat war. In dem Kleiderschrank, mit einer großen Spiegeltür, lag zum Glück ordentlich gefaltet Bettzeug, denn unter dem rauen Stoff einer Tagesdecke, die Matratze und Lattenrost überdeckte, fanden sich weder eine taugliche Decke, noch ein Kissen. Bezüge suchte ich allerdings vergebens und so wühlte ich in dem übermäßig großen Koffer nach dem Zeug, welches meine Mutter unbedingt hinein quetschen musste. „Falls du Heimweh bekommen solltest." hatte sie gemeint und ihre Aussage auch nach meinem Protest, dass ich ja kein kleines Kind mehr wäre nicht zurück genommen. Um mir selbst zu beweisen, dass ich es nicht brauchte hatte ich es im anderen Zimmer im Koffer gelassen, aber nun war ihr Drängen mein Segen. So konnte ich alle Glieder von mir gestreckt in dem großen Bett liegen und die Decke, welche für diese Jahreszeit eigentlich viel zu dünn war, wärmend um mich legen. Es war besser, als komplett ohne Decke, aber ich fühlte mich etwas in die Nächte versetzt, wo ich in dem ungeheizten Schlafzimmer im Haus meiner Großeltern lag und nur eine ebenso dünne Decke, wie in dieser Nacht mich wärmte.
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Schutz des Allays // Wichtiger FF
FanfictionManchmal, da ist die Welt nicht so rosig. Das müssen auch Mikes Eltern, sowie sein älterer Bruder Max bemerken. Die Lösung? Ein Internat in einem anderen Bundesland um alles zu zerschießen, was die ach so rosige Zukunft ihres jüngeren Sprösslings ge...