Kapitel 5

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Die Sonne ging auf und weckte mich unsanft um eine Zeit, die wohl um die 8 Uhr war. Auch wenn dieses Bett unglaublich bequem war, so waren Menschen, die einfach ins Zimmer kamen doch ein großer Nachteil von Krankenhäusern. Wiederholt war ich in der Nacht durch unbekannte Geräusche erwacht, was meine Laune wenig steigerte. Irgendwie stand auch schon wieder essen neben mir und von keiner Menschenseele war irgendeine Spur zu sehen. Doch dieses Mal war es keine Schwester gewesen, die mich geweckt hat, sondern die Sonne, welche hell am Himmel stand und durch die hauchdünnen Vorhänge nahezu schonungslos meine Augen blenden konnte. Ich wäre so viel glücklicher, wenn sie mich hätte schlafen gelassen. Da mir sterbenslangweilig war zählte ich die Lampen im Raum, wieder und wieder und immer wieder. Dabei verzählte ich mich allerdings immer wieder und so hatte waren es meist zwischen 50 und 53, wobei eine Gerade Zahl wohl wahrscheinlicher war. Nachdem dann wirklich alles in diesen vier Wänden abgezählt und ich fertig umgezogen war -Meine Eltern hatten gestern noch meine Sporttasche gefühlt mit Wechselkleidung mitgebracht und ich wollte garnicht wissen was sie in meinem Kleiderschrank alles gesehen hatten- klopfte es federleicht an der Tür und mein Bruder trat, gefolgt von meinem Vater und meiner Mutter in den weißen Raum, indem ich mich immer unwohler zu fühlen begann. Ohne in irgendeiner Weise das am Vortag Gesehene zusprechen klärten meine Eltern alles mit den Ärzten, während Max die Sporttasche ergriff und begann diese mit einem „räum deinen scheiß Kleiderschrank auf." mit dem Wenigen zu befühlen, was ich über Nacht heraus geräumt hatte. Ich hätte gelacht bei seinem Gesicht, aber da in dem Moment eine Ärztin gefolgt von meinen Eltern erneut hereinkam und mir auf fachsprachlichem Geschwarfel mitteilte ich könnte/solle gehen, ergriff ich die fabelhafte Chance meinen Bruder zu nerven ausnahmsweise einmal nicht. Zuhause könnte ich mich totlachen so viel ich wollte. Im Auto war es dann still, obwohl geredet wurde. Mum fuhr und Dad redete teils über alltägliches mit ihr. Eine ungewöhnliche Atmosphäre, normal war das Fahrzeug Schlachtfeld Fetzten fliegender Diskussionen zwischen meinen Eltern. Max saß stumm neben mir, starrte wie ich aus dem Fenster und beobachtete die Gegend an uns vorbei ziehen. Es war ein Gefühl von Frieden. Der Weg war nicht lange und so baten meine Eltern mich nur Minuten späte in die Küche. Es herrschte die typische Sitzordnung am Tisch. Ich an der linken langen Seite rechts neben meiner Mutter, Max vorne am Tischende und mein Vater an der anderen langen Seite. Auch wenn es inzwischen halb zehn war, so frühstücken wir als Familie. Und ich dachte bereits, dass endlich alles gut werden würde, doch ein einziger Satz zerbrach diese feine Illusion mit wenigen Worten . „Wir sind der Meinung, dass das alles nicht so weiter gehen kann.", sagte mein Vater und meine Mutter nickte zustimmend. Wo erste Hoffnung in mir aufkeimte, zersprang sie sogleich in tausende Scherben. „Wir verbieten dir den Kontakt zu Kaya und den anderen." Es war  fast schon gruselig meine Eltern gemeinsam reden zu hören, dabei hatte ich es mir von klein auf immer so gewünscht. Meine Mutter ergänzte zu ihren Worten noch ein: „Und da wir es hier schlecht kontrollieren können wird sich einiges ändern müssen." Bedrückendes Schweigen entstand. Max schaute mitleidig zu mir, wusste wohl bereits, was mich erwarten würde. Ich hätte auf Veränderungen gefasst sein sollen, aber als ich es dann gleichzeitig aus dem Mund meiner beiden Elternteile hört traten mir die Tränen in die Augen. „Wir schickten dich auf ein Internat." Nein. nein, dass konnte nicht sein. Damit rissen sie mich nicht nur aus meinen Freundeskreisen, sie zerstörten mein gesamtes Umfeld. Denn bei einem konnte ich mir sicher sein, sie würden es nicht dem Zufall überlassen, ob ich mich selbst abkapselte von meinen Freunde. Sie würden ein Internat so weit weg gewählt haben, dass Kontakt zu ihnen unmöglich wäre. Waren sie so überfordert mit einem Teenager, der seine eigene Meinung hatte, dass sie mich von sich weg stießen. Gerade weg zu sein von meinem Bruder und Kaya konnte und wollte ich mir einfach nicht vorstellen. „Es gibt ein wunderschönes, ehemaliges Schloss in Niedersachen..." weiter kam meine Mutter nicht, da meinte Wut aus mir heraus brach. „Hasst ihr mich so sehr, dass ihr mich in ein anderes Bundesland Stunden von hier verbannen müsst?", fragte ich aufgebracht und merkte, wie eine Träne aus meinen Augen tropfte. „Mike, wir machen das alles doch nur für dich und deine Zukunft."Auch meine Mutter schien aufgewühlt. Sie wusste, was ich mir für die Zukunft wünschte und schob mich nun ab, in der Hoffnung ich würde meine Pläne überdenken, dabei hatte ich noch weniger als ein Jahr, bis ich selbst entscheiden könnte, was ich machte. Ihre falschen Bemühungen hatten keinen Sinn. Am meisten aber kränkte mein Bruder mich. Mein großes Vorbild, was nicht zu mir hielt, sondern stumm daneben saß und unseren Eltern recht gab, ihre Worte mit einem Nicken oder „mhh" bestätigte. Ihnen aus der Hand frass wie ein räudiger Hund. Am liebsten hätte ich ausgeholt und ihn geschlagen. Wut staute sich immer weiter in mir an und verdrängte die Trauer und Enttäuschung zumindest für einen kurzen Moment. Warum war er so gleichgültig, dass man mich weg schickte? Warum schien er sogar dafür zu sein? Sollte er nicht hinter mir stehen, wir Geschwister gegen unsere Eltern, so wie es schon immer war. Vielleicht hatte ich ihn verloren, als er das Tattoo sah, womöglich sogar bereits, wo Kaya und ich Lasse, Piet und die anderen Gruppenmitglieder kennen gelernt hatten, aber ich stand zu meiner Meinung und zu den ihnen und Vorhallen zu Kaya und daran würde auch die Entfernung nichts rütteln können. Meine Heimat war in Hessen und nicht in Niedersachen, sowie meine Freunde hier und nicht dort waren. Und so wurde mir in wenigen Worten die Welt zerstört, als man mir aufzeigte, das bereits alles geplant und abgesprochen war. Nach dem Halbjahr würde ich auf das Internat in Niedersachen gehen und bis dahin hatte ich Hausarrest. Mit einem Verbot Kontakt mit Kaya oder meinen anderen Freunden auf zu nehmen. „Mike, gib mir dein Handy.", bat Max und hielt mir seine Hand entgegen. „Es muss ein Ende haben." Er wollte es zurück setzte, dass wusste ich, so wie ich gewusst hatte, dass meine neue Schule weit entfernt von meiner Heimat sie. Würde. Solange ich ihre Nummern hatte waren sie erreichbar für mich. Aus dem Impuls heraus sprang ich auf, schleuderte den Stuhl weg, und warf das Handy mit voller Wucht auf die Erde, sodass es auf dem harten Steinboden zu einem Splitterhaufen verspreng. Sollten sie doch versuchen mir das letzte bisschen Kontakt zu nehme. Sie konnten mich nicht verändern. Darauf stürmte ich hoch in mein Zimmer und warf mich weinend auf mein Bett. Die Zimmertür hatte ich dabei abgeschlossen. Doch niemand kam und hämmerte dagegen. Keiner interessierte sich genug für mich um nach mir zu sehen. So egal war ich ihnen inzwischen geworden. Und so weinte ich nur und sah auf das Blut, welches leicht aus der kleinen Wunde an meiner Hand quoll. Einer der Splitter meines Handydisplays hatte die Haut leicht angeschnitten. Der Schmerz war wie doppel. Einer Seits war es eine Verletzung, welche begann sich durch das Blut selbst zu reparieren und gleichzeitig zeigte es, wie sehr mich die Worte meiner Eltern verletzt hatten.

Schutz des Allays // Wichtiger FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt