Wo ich so dastand, die Hände in den Taschen meiner Hose vergrub und die Tür vor mir mit Blicken durch bohrte, hörte ich bloß das schnelle Klopfen meines Herzens, wie es gegen meinen Brustkorb schlug. Es schien, als übertünche es jeden Gedanken, den ich versuchte zu formen. Und so faste ich mehr als einen weiteren Entschluss. Ohne dabei zu denken. Es war als würde ich jegliche Vernunft verstoßen, wie ich die Stimmen der Klasse in meinen Ohren verstummen lies. Ich würde Endscheidungen nicht mit dem Kopf treffen, wenn es um mein Herz ging. Kaya war mein Herz. Das Chaos und der Unfug. Das Illegale und das Rebellische. Sicher war der Weg zu ihr nicht der des friedlichen Schafes, was treu dumm mit den anderen Schafen auf dem Rasen stand und auf den Wolf wartete. Sollte der Allay doch endlich mal beweisen, dass es mich schützte.
Von jetzt an war ich der Mike, welcher ich war, bevor Internat, Ausgangssperre und Unfall über mir hereinbrachen. Sollten sie doch versuchen mich weiß zu Kleiden, das darunter liegende schwarz war Ich. Hell mag Dunkelheit erleuchten, doch schwarz schluckt weiß und der Tod überwieg das Leben.
Schreibt punkt eins auf die Liste.
Sei selbst gewusst. Sei du selbst. Sei der, der du seien willst.
Manchmal, da ist die Welt nicht so rosig.
Die Zukunft nicht so perfekt und die Gegenwart mehr schein als sein.
Wie sehr ich diese Gedanken ein anderen Mal bereuen würde wahr mir unklar, als die Türklinge unverhofft unter meinen Fingern nachgab und sich der Klassenraum mit seiner Fülle vor mir lichtete. Noch nicht einmal ganz eingetreten legten sich alle Blicke auf mich. Einige sahen gelangweilt zu mir, ein anderer musterte mich aufmerksam und wieder andere tuschelten bei meinem Anblick. Mein Auftreten war selbstsicher. Andere würden es vielleicht arrogant nennen. Einzig der finstere Blick meines Lehrers brannte sich bekannt auf meine Haut. Schmunzelnd drehte ich mich zu dem Lehrkörper. Dir mach ich die Welt zur Hölle. Eigentlich hatte ich nur Selbst bewusst zu sein wollten, doch noch bevor die Liste außerhalb meines Kopfes existieren und somit real seien konnte, lies mich die Einstellung in alte Verhaltensmuster fallen. Es gab mir Sicherheit und ich liebte es. Der Graus aller Lehrer war meine Rolle, eine für die ich womöglich geboren war.
Hallo neue Schule. Hallo Internat. Herzlich willkommen zur neuen Daueraufführung.
Hier für Sie *Trommelwirbel* Badboy Mike. Neu interpretiert und doch alt bekannt. Ihnen viel Freude damit.
Daran zu denken, dass noch am vorangegangenen Abend meine Pläne ganz andere -widersprüchliche- waren versuchte ich zu verdrängen. Zerdenken war noch nie etwas, was mich weiter brachte. So war mein Handeln zwar häufig von Willkür geprägt, doch war es etwas, was ich selbst als etwas betiteln würde, was mich ausmachte. Mein Kopf war mein Herz.
Um meine Rolle zu finalisieren beachtete ich weder die Beschwerden des Lehrers, noch kam ich irgendwie seiner Forderung mich vorzustellen nach.
Was Jack konnte, konnte ich schon lange.
Ein wenig zu breit Beinig nahm ich auf dem leeren Stuhl in der letzten Reihe platz, welchen ich mir beim betreten auserkoren hatte. Der Lehrer schien wenig von den klassischen Chaotenplätzen zu halten, denn einzig die Vorderen Reihen waren besetzt. Ich kam nicht umher die Klasse zu vergleichen, welche wesentlich kleiner war, als meine Alte. Irgendwie verständlich, immerhin schickte mein seinen Nachwuchs ja auf solche Irrenanstalten wie diese, um die Jungen und Mädchen individueller zu fördern.
Sollten meine Eltern den Gedanken hegen, ich wäre ihnen irgendwann Dankbar dafür, dass sie mich hier her geschickt haben, dann könnten sie sich den Einfall gleich aus dem Kopf schlagen. Es war erträglich, wohl eine komfortabel Lösung, aber trotzdem bloß ein den Freunden besser zu vermittelndes Gefängnis für mich.
Daher hockte ich nur gelangweilt auf dem Platz und saß die Zeit des Unterrichts ab. In einem Versuch unauffällig zu sein wandern immer wieder die Blicke der anderen in meine Richtung, was meine einzige Unterhaltung darstellte.
Gedanken über die Sprunghaftigkeit, welche ich an den Tag legte hegte ich nicht. Lieber ein weiteres Mal alle Lampen zählen, als Kopfschmerzen zu provozieren. Für einen guten Ersten Eindruck oder vorzeigbare Noten würde das Verhalten nicht förderlich sein, doch das war mir reichlich egal, wie ich es mir bequem machte und meine lieblings Rolle spielte. Unter dem Tisch zückte ich mein Handy. Hier gab es doch in der Gegend sicher eine Tankstelle oder einen Zigarettenautomaten. Wie der Drang danach in mir aufgekeimt war wusste ich nicht einmal. Eigentlich rauchte ich nicht. Mal auf der ein oder anderen Party, aber das waren seltene Ausnahmen, in denen es mehr dem Gruppenzwang und dem Bedürfnis nach Anerkennung, als etwas, wie einer Sucht, zu schulden war.
In dem Moment, wo der schrecklich melodische Gong den Raum erfüllte beendete der Lehrer tatsächlich den Unterricht. Auf eine merkwürdige Weise war es so bekannt und doch fremd. Mit den Worten "Denkt an die Hausaufgabe" entließ er den Haufen an Jugendlichen, in welchem auch ich mich etwas abseits tummelte, in die Pause. Da ich eh nicht wusste, was mich nun erwartete folgte ich dem stärksten Strohm hinaus auf das Außengelände. Wohl ein glückstreffen für mich, denn aus dem Augenwinkel konnte ich bereits eine Gruppe älterer Schüler sehen, wie sie die glimmenden Stiele in ihren Fingern glühen ließen.
Perfekt.
Auch wenn erneut Nervosität in mir aufkeimen wollte ertränkte ich sie mit einem Griff in die Tiefen meiner Hosentaschen. Eine etwas mitgenommene Schachtel kam hervor. Diese elegant in der linken Hand drehend, steuerte ich Zielsicher auf die Gruppe zu und versuchte mich an einem neutralen Gesichtsausdruck, sowie einem aufrechten Gang. Um ein Haar hätte ich mir die Rolle selber geglaubt, wäre da nicht das Zittern meiner vor Angst schweiß kalten Finger und das zu schnelle schlagen meines Herzens.
Was tue ich hier eigentlich? Wollte mein Kopf fragen, doch ich erlaubte mir den Gedankten nicht und beschleunigte meine Schritte weiter, um keinen Rückzieher mehr machen zu können.
Das Bild einer, das Gesicht verziehenden, Kaya konsequent ausblendet suchte ich händeringend nach etwas anderem. Auch nach längerem in einem rauchenden Freundeskreis (konnte man diese verräterischen Bastarde so nennen?) hasste die Kleinere Zigaretten abgrundtiefe, obwohl der Geruch von Kindheit an wie ein unsichtbarer Schleier an ihr haftete. Wie es dazu kam konnte ich nur vermuten, doch sicher hatte es etwas mit ihren Vater zutun, der schon immer rauchte. Hatten andere eine Zigarre in der Hand lächerte sie dieses besondere Lächeln und schaute teils traurig ins nichts.
Wollte ich diese traurigen, Leeren Augen sehen? Ich sollte diese Frage mit einem klaren Nein beantworten. Sollte umkehren und die Schachtel in den nächsten Mülleimer pfeffern und nie nie nie im Leben eine neue in die Hand nehmen. Ich sollte.
Tuen tat ich es nicht. In einer routinemäßigen Bewegung klickte mein Daumen das Rädchen des Feuerzeug, was schon lange keinen Schmerz mehr durch diesen schickte, eine kurze Wärme ging davon aus, bevor diese erschloss und Lulle in meinen Fingern für den Funken weiter brannte.
Den Rauch tief einatmend zog ich einen tiefen Zug und beruhigte mit dem Auspusten meinem Atem.
Nach einigen weiteren Zügen lies ich meinen Blick schweifen. Von dem Schloss und den Schülern davor zu der Gruppe um mich. Ein wenig verwundert war ich, als Jacks Gesicht fehlte. Ein Gefühl von Triumph wuchs in mir,a auch wenn es in keinsterweise löblich war unter den Rauchern zu sein.Irgendwie waren es aber genau diese, welche mir schon immer auf Anhieb sympathisch waren. Mit ihrer meinst eher entspannteren etwas langsameren Art und dieser Gewissen Verplantheit, die das Nikotin entweder anzuziehen schien, oder hervor rief. Wohl eine meiner größten Schwächen, mit meiner Sprunghaftigkeit und meiner Abneigung gegen das Nachdenken. Wie würde mein Leben aussehen, wäre diese Anziehung nie da gewesen? Vielleicht wären wir nicht abgerutscht, Kaya und ich. Würde es ihr besser gehen? Schnell verbat ich mir den Gedanken erneut und setze an etwas zu sagen. Langsam nährte sich die Zigarre ihrem Ende und die Kälte umgab mich. Die Ironie hinter den Glimmstäbchen würde ich wohl nie ganz verstehen, auch wenn sie logisch war. Wie konnte etwas brennendes eines Frieren lassen?
„Wo bekommt man hier Kippen her?", fragte ich in die Runde. Nach kurzer Stille durchbrach dann ein recht Sportlich aussehender Junge diese und lehnte sich zu mir. „Am Wochenende darf man in die Stadt. Wenn du willst kannst du mit uns mit kommen." Und somit hatte ich meine Freundesgruppe gefunden. Eine Sache, die ich noch an Rauchern schätzte. Wer mit ihnen sein Krebsrisiko erhöhte war adoptiert.
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Schutz des Allays // Wichtiger FF
FanfictionManchmal, da ist die Welt nicht so rosig. Das müssen auch Mikes Eltern, sowie sein älterer Bruder Max bemerken. Die Lösung? Ein Internat in einem anderen Bundesland um alles zu zerschießen, was die ach so rosige Zukunft ihres jüngeren Sprösslings ge...