Anayas Rudel (OS)

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Seit auf einer Insel nahe Costa Rica ausgestorbene Lebewesen wieder erschaffen worden sind, ist sehr viel Zeit vergangen. Vor knapp zehn Jahren ist Jurassic Park gefallen. Heute wollen wir einen Neuanfang machen. Die Idee hinter Jurassic Park ist großartig. Sie braucht nur den nötigen Feinschliff.

,,Anaya, komm rein, wir haben schon die ersten neuen Dinosaurier. Sehen Sie sie sich doch an." Doktor Wu lächelte die junge Frau vor sich stolz an. Er war es gewesen, der die neuen Tiere erschaffen hatte. Die Frau folgte ihm in sein Labor. Es war ein sehr großer weißer Raum mit einer Wand voller Gehege für die Dinosaurier, denn die Gehege draußen waren noch viel zu groß für sie (und noch im Bau). Wu stellte sie genau vor das erste Gehege. Ein Metallgitter trennte sie von einem kleinen Raum mit dichten Farnen und Gebüschen.
,,Und was sehe ich hier?" fragte Anaya den Wissenschaftler. ,,Sie ist ein wenig schüchtern, vielleicht kniest du dich hin." Er selbst setzte sich auch auf den überraschend sauberen Boden. Sie folgte seiner Aufforderung. Aus dem Gehege drang eine Wärme und Luftfeuchtigkeit, die ihr von draußen schon vertraut war.
Dann raschelte der Farn. Angespannt beobachtete sie, wie sich zuerst eine lange, reptilienähnliche Schnauze und dann ein kleiner Körper aus dem Gebüsch traute. ,,Hallo, wer bist du denn?“ fragte Anaya sanft und streckte ihre Hand durch das Gitter. Der kleine Raptor schmiegte sich nach kurzem Zögern an sie und sie streichelte seinen Kopf.
Wu begann so hastig zu sprechen, dass das Tier kurz zurückschreckte. ,,Natürlich ist das Exemplar noch nicht ganz fertig, es gibt durchaus noch Ringe, die es zu verbessern gilt-" ,,Dieser Raptor erscheint mir sehr perfekt." ,,Wirklich?" ,,Wu, ich rede nicht, um mich an meiner Stimme zu erfreuen."

Wu führte sie zum nächsten Gehege.
,,Sie werden begeistert sein, Anaya." ,,Ich bin gespannt. Und ich habe nichts dagegen, wenn du mich weiterhin duzen würdest, Henry. Immerhin kennen wir uns schon seit über zehn Jahren.“
,,Also gut,“ er lächelte, ,, dann wollen wir mal sehen." In diesem Augenblick sprang ein echter, kleiner T-Rex ans Gitter. ,,Mein Gott, Henry! Ein Rex!" Er gluckste. ,,Und nicht unser einziger Rex.“ ,,Was meinst du damit?“ Tadelnd sah Anaya ihren Freund an. Henry war schon immer ein sehr experimentierfreudiger Mensch gewesen, der das Unbekannte erforschen wollte. ,,Nun,“ begann er zögernd, ,,es könnte sein, dass ich, also, nun ja... Dass ich einen Hybrid erschaffen habe.“
Anayas Miene blieb ruhig. Nach einem Moment der Stille sagte sie: ,,Zeig ihn mir.“
Wu führte sie durch das Labor, vorbei an einigen Gehegen und Wassertanks bis nach hinten zu einer Reihe von belüfteten Glaskästen. ,,Wir brauchten der Sicherheit wegen verhärtetes Panzerglas, immerhin wussten wir nicht, wie sie sich verhalten werden. Nun, das wird ihr Gehege.“ ,,Wird?“ ,,Oh, ja... Sie sind noch nicht geschlüpft.“ ,,Ach, so ist das also. Wie wirst du die... Art denn nennen?“ ,,Ich weiß es noch nicht. Es sollte ein einfacher Name sein - basierend auf der lateinischen Sprache - und natürlich machtvoll klingen. Etwas mit Rex, so viel steht fest.“ ,,Hmm... An meiner Schule hatte ich Latein, vielleicht fällt mir ja noch etwas ein.“ ,,Danke. Oh, und ich muss dir etwas zeigen!“
Er führte sie begeistert zu einem Wassertank. Anaya erkannte sofort, was für ein Geschöpf darin herumschwamm. ,,Früher warst du immer sehr begeistert vom Mosasaurus, deshalb, naja. Bitteschön.“
,,Oh mein Gott. Wenn sie ausgewachsen ist...“ ,,Sie wird Jurassic Worlds zweitgrößte Attraktion sein,“ meinte Henry mit einer verträumten Stimme. ,,Nach dem Hybrid.“
Dann war er wieder in der Realität.
,,Anaya. Wir kennen uns schon seit der Schulzeit, ich vertraue dir und deinem Verstand vollkommen. Du bist klug und verstehst die Genetik wie kein anderer. Hilf mir. Zusammen werden wir alles erschaffen, wofür diese Insel in wenigen Jahren stehen wird.“ Etwas kleinlaut fügte er noch ein ,,bitte?“ hinzu. ,,Im Angesicht der Tatsache, dass ich noch keinen Job gefunden habe und du eine gute Gesellschaft bist, sage ich zu.“ Dann lachte sie, weil sie das so ernst gesagt hatte. ,,Natürlich, Henry! Ich werde mich um diese Dinosaurier kümmern, als wären es meine Kinder.“

Nur wenige Wochen später durchbrach der erste Hybrid seine Schale. Anaya war als erstes bei ihr. ,,Sie ist weiß.“ ,,Und tödlich. Krallen, Zähne, Stacheln und ...“ ,,Und was?“ ,,Eventuell Tarnschuppen...“ Anaya wollte etwas sagen, aber das zweite der beiden Eier knackte. Während ein etwas dunkles Exemplar den Kopf in die Luft streckte, rannte die Erstgeschlüpfte auf sie zu und es dauerte keinen Herzschlag, da griff die Ältere die Jüngere an. ,,Nein!“ Rief Anaya und nahm das dunkle in die Hand. Henry steckte derweil das weiße Mädchen in ihren Glaskasten. Während er noch beschäftigt war, eilte Anaya mit dem verwundeten Jungen in ihr Labor. Dort hatte sie einen Erste-Hilfe-Koffer. Nicht für Menschen, sondern für Saurier.
Im Nu verband sie die blutenden Stellen, aber das Junge war schon so schwach, und so klein...
Traurig legte sie das kleine Tier in ein Gehege, welches in ihrem Labor war. Dort hatten bis vor kurzem ein Pyroraptor und zwei Velociraptoren mit einem großen Utahraptoren und einem kleinen Atrociraptoren gerauft. Es waren allesamt Junge, Junge, die Henry für zu klein, zu schwach oder mental instabil hielt. Anaya hatte sie vor ihm "gerettet". Und siehe da, glückliche Dinokinder, die sich balgten und Rudelverhalten lernten.
Nun hockten sie sich neben den kleinen Verletzten und gurrten, der große Utahraptor tiefer als die anderen. Sie legten sich an das Junge und hörten nicht auf zu gurren. ,Fürsorgliche Kinder. Wu ist zu streng', dachte Anaya liebevoll. Vielleicht konnten die Raptoren dem Rex mehr helfen als sie.

Es vergingen ein paar Stunden. Anaya hatte Henry gesagt, das Junge sei an ihren Verletzungen gestorben, aber sie hatte genau gefühlt, dass ihr Herz noch gleichmäßig schlug. Aber es war besser, den Wissenschaftler im Glauben zu lassen, die "fehlerhaften Exemplare" seien verendet. Wu wusste auch nichts von den Raptoren. Oder von dem Brontosaurus mit einer Sehschwäche, den Anaya trotzdem in die Herde geschleust hatte, obwohl Wu den Sauropoden hatte töten wollen. Aber das Tier lebte, fraß und sang abends genauso gut wie die anderen.

In den drei Stunden hatten Anaya und Henry an weniger Agressiven Hybriden gearbeitet und Anaya hatte Henry den Namen Indominus Rex für die Hybridin vorgeschlagen, was ihn begeisterte. Später, in ihrem Zimmer, hatte sie ihren bewusstlosen Indominus Rex gezeichnet und die Werte und Maße aufgezeichnet. Das hatte sie auch mit den anderen gemacht.

Schließlich war es Abend und sie pflegte die Tradition, abends mit den Raptoren ein kleines Training durchzuführen. Sie sollten lernen, dass Anaya ihre Alpha war und dass man der Alpha aufs Wort gehorchen sollte. Und was sollte Anaya sagen? Diese Theropoden waren sehr, sehr klug und gelehrig. Und ihr Rudelverhalten war ausgezeichnet. Anaya war eine sehr zufriedene Alpha.
Was sie den Raptoren beibring, war vielseitig. Sie sollten am Fleck bleiben und sich nicht rühren, sie sollten eine Hetzjagd darstellen, sich tot stellen, auf Kommando verschiedene Laute von sich geben, erst fressen, wenn Anaya es erlaubte und, weil es allen Beteiligten Spaß machte, diverse Kunststücke zeigen.

Um das Training zu vereinfachen, hatte sie den Raptoren Namen gegeben. 
Die ältere Velociraptorin hieß Navy, weil sie blaue Schuppen hatte und und ein paar Schuppen hinter Navys Augen genau diesen Blauton hatten. Sie war blind zur Welt gekommen und hatte milchig blaue Augen. Die jüngere Velociraptoren hieß Poison, weil sie auf schwarzem Grund giftgrüne tropfenförmige Flecken hatte. Ihre Augen waren leuchtend Gelb.
Der Pyroraptor war immer sehr aufgedreht und war leicht abzulenken und zu etwas zu begeistern. Seine Federn leuchteten Flammenrot, und so hieß er auf: Flame.
Der braune Utahraptor hieß Fang. Er war immer wachsam und passte auf, dass er die anderen wegen seiner Größe nicht verletzte. In Wus Augen war er schon als Ei zu groß gewesen und er hatte Anaya aufgetragen, das Ei zu entsorgen. Sie hatte sich dazu entschieden, dem Utahraptor eine Chance zu geben.
Die kleine Atrociraptoren, eine ashgraue clevere Rabaukin mit schwarzen Tigerstreifen, hieß Ash und war unglaublich flink, womit sie ihre kleine Größe eindeutig wettmachte.
Es war noch zu früh, eine Beta zu bestimmen, aber Navy zeigte gute Tendenzen dazu. Sie war vielleicht die klügste von allen und dominant, herrisch und hatte die anderen immer unter Kontrolle.

Als Anaya am nächsten Tag erwachte, hörte sie aus dem kleinen Gehege ein ganz neues, hohes, kindliches Brüllen und sie wusste, die kleine Indominus hatte es geschafft. Ihre Schuppen glänzten wie Silber im Sonnenlicht. ,,Silver! Der Name passt zu dir.“ Die Raptoren und der Rex gurrten sie an. Silver überragte fast alle, nur Fang war so groß wie sie.

Part 2?

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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 01 ⏰

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