Kapitel 5 - Dinner at Home

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Die Worte der beiden gingen mir auch Tage später nicht mehr aus dem Kopf. Bäuchlings lag ich auf meinem Bett und scrollte lustlos durch mein Handy. Es war Freitagnachmittag und ich hatte heute aufgrund meiner angesammelten Überstunden früher Feierabend gemacht.

Natürlich hatte ich mich riesig darüber gefreut, dass das geklappt hatte und gleich sämtliche Pläne geschmiedet, was ich an meinem freien Freitagnachmittag alles unternehmen und erledigen wollte - nur, um jetzt doch wieder in meinem Schlafzimmer zu liegen, nicht in die Gänge zu kommen und ein Tiktok nach dem anderen zu schauen.
Irgendwann warf ich mein Handy aufs Bettlaken und stand auf. Wenn ich jetzt noch länger rumtrödelte, hatten die Läden wahrscheinlich schon geschlossen, bevor ich in der Stadt ankam.

Ich verließ die U-Bahn Station Mönckebergstraße und schlenderte langsam und gemütlich die Fußgängerzone entlang. Langsam stahl sich ein Lächeln auf meine Lippen.
Einer der vielen Gründe, warum ich diese Stadt so liebte, war, dass man hier wirklich alles hatte: eine Fußgängerzone mit zig verschiedenen Geschäften, wo man alles, was das Herz begehrte, kaufen konnte, wann immer man es wollte. Noch dazu gab es an jeder Ecke leckere Restaurants - mein liebstes war das "Prego" mit seiner hervorragenden italienischen Küche - sowie ein riesiges Einkaufscenter mit noch mal so vielen Läden - die Europa Passage. Und wenn einem das mal überdrüssig wurde, konnte man sich einfach in die nächste U-Bahn setzen und war wenige Minuten später schon am Hafen, wo man sich auf die große Steintreppe setzen und das Wasser beobachten konnte - nicht zu vergessen die unzähligen Imbissbuden, wo man Fischbrötchen essen konnte, bis einem schlecht wurde.
Am liebsten ging ich alleine in die Stadt. Nicht, weil es hier nicht genügend potenzielle Begleitungen für mich gäbe - davon hatte ich in meinem Freundeskreis und auf der Arbeit mehr als genug - sondern vor allem, weil ich dabei in Ruhe nachdenken konnte. Zum Beispiel darüber, dass ich letztes Wochenende offenbar mit einem berühmten Comedian und Podcaster gefeiert hatte.
Obwohl ich es Julia und Leonie versprochen hatte, hatte ich mich bis jetzt noch nicht dazu überwinden können, mir den Podcast anzuhören. Was, wenn das träumerische Bild, das ich mir am Samstag von Felix gemacht hatte, dadurch zerschmettert wurde, dass er sich in seinem Podcast als komplettes Arschloch entpuppte?
Ich hielt für einen kurzen Augenblick inne und schüttelte schließlich den Kopf über mich selbst. Wenn das wirklich so war, dann wäre sein Podcast mit absoluter Sicherheit nicht so erfolgreich! Kurzentschlossen blieb ich stehen und holte mein Handy raus. Wie in Zeitlupe gab ich Gemischtes Hack in die Suchleiste ein. Da war er - der Podcast von Felix Lobrecht (Comedian und Autor) und Tommi Schmitt (TV-Moderator und Kolumnist). Felix war auch noch Autor?
Diese Kleinigkeit hatten meine Freundinnen mir wohl verschwiegen.
Kurz zögerte ich, dann klickte ich in der Kopfzeile des Podcasts auf den "Folgen" - Button, der sich automatisch in "Gefolgt" umwandelte. Dann scrollte ich nach unten und speicherte mir die letzte Folge in meiner eigenen Podcast-Playlist ab.

Auf dem Nachhauseweg hörte mein Gedankenkarussell noch immer nicht auf. Bisher hatte ich mir eigentlich noch nie einen Podcast so richtig angehört - höchstens mal hier und da vereinzelte Folgen von Wissens- oder Nachrichtenpodcasts, wenn mich ein Thema besonders interessierte. Ab und zu hatte ich mir mal eine Folge von "Hotel Matze" angehört, wenn dort jemand zu Gast war, dessen Leben ich besonders spannend oder inspirierend fand.
Aber auf die Idee, mich hinzusetzen, mir etwas zu essen zu machen und mir dabei Folge um Folge eines Comedypodcasts anzuhören, war ich bisher noch nicht gekommen.
Grinsend fasste ich einen Entschluss. Dann wurde es jetzt wohl höchste Zeit, das in die Tat umzusetzen.

Zuhause angekommen stellte ich als erstes meine Einkaufstüten in die Ecke, dann zog ich mir die Schuhe aus und begann, mich umzuziehen. Schließlich hatte ich heute Abend einiges vor.
Kurz, bevor ich mich auf den Weg zur U-Bahn Station gemacht hatte, hatte ich noch einen Stop bei Rewe City in der Europa Passage eingelegt und das nötigste für mein Abendessen eingekauft.
Nachdem ich meine Jeans und die Bluse gegen eine Jogginghose und ein weites, verwaschenes Band-Shirt eingetauscht hatte, machte ich mich daran, meine Einkäufe im Kühlschrank und der Vorratskammer zu verstauen.

Als ich das frische Gemüse, das Fleisch und die Kokosmilch hervorholte, ging mir das Herz auf. Auch, wenn das vielleicht komisch klang - Kochen war meine Leidenschaft. Schon mit 14 war ich dahingehend sehr begeisterungsfähig gewesen und hatte in der Küche meiner Eltern alle möglichen Rezepte ausprobiert, wovon jedoch selbstverständlich nicht immer jedes gelungen war - sehr zum Leidwesen meiner Familie, die - das musste ich ihnen zugutehalten - immer alles aufgegessen hatten, was ich fabriziert hatte, ohne dabei eine Miene zu verziehen.

Seit ich von Zuhause ausgezogen war, hatte ich mir ein gutes Repertoire von Gerichten angeeignet, die ich in regelmäßigen Abständen zubereitete. Mal nur für meine Freundinnen, mal für meine Familie, doch in den allermeisten Fällen nur für mich. So gern ich Besuch auch mochte - meistens zog ich es in Gesellschaft mit anderen vor, etwas beim Lieferdienst zu bestellen, anstatt mich stundenlang in die Küche zu stellen.
Das tat ich nämlich am liebsten ganz alleine, und so auch heute.
Für heute Abend stand Geschnetzeltes mit Reis auf dem Plan, aber in der Asia-Variante. Dafür hatte ich eine Paprika, Kokosmilch, Currypaste, Süßsauersoße und Schweinegeschnetzeltes gekauft. Reis und Nudeln hatte ich standardmäßig auf Vorrat zuhause.

Schnell ging ich ins Bad und wusch mir gründlich die Hände, dann lief ich schnell in die Küche zurück. Hatte ich einen Hunger! Gerade wollte ich damit anfangen, die Paprika zu schneiden und das Wasser für den Reis aufzusetzen, als mir etwas einfiel.
Ich lief ins Wohnzimmer und griff nach meinen AirPods, die ich mir umgehend ins Ohr steckte. Dann nahm ich mein Handy, öffnete meine Spotify-App, wählte die "Gemischtes Hack" Folge aus, welche ich mir vorhin abgespeichert hatte und drückte auf Play.

Verkopft (Felix Lobrecht)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt