Kapitel 13 - Flammenemoji

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Die Uhr in seinem Auto zeigte 22:12 Uhr, als wir vor dem NH Collection Hotel in Berlin Mitte hielten. Ich hatte mir extra dieses Hotel ausgesucht, weil es direkt gegenüber von der Bahnstation in Mitte war und ich von hier aus überall hinfahren konnte, wo ich hin wollte. Wie sich herausgestellt hatte, war diese Überlegung jedoch vollkommen unnötig gewesen - erst hatte Felix mich am Bahnhof abgeholt und jetzt fuhr er mich auch noch vor die Haustür des Hotels. Und das nur, damit ich mich nicht mit dem ÖV-Netz auseinandersetzen musste. Der Gedanke brachte mich zum Lächeln.
Felix stellte den Motor ab, stieg aus und öffnete die Beifahrertür, obwohl ich diejenige war, die den Bürgersteig auf meiner Seite hatte.
Lächelnd hielt er mir die Tür auf. Ich stieg aus und streckte mich kurz. Das lange Sitzen auf der Wiese, im Kofferraum und danach noch im Auto hatte seine Spuren hinterlassen. Schließlich war ich keine 16 mehr, sondern ging mit großen Schritten auf die 30 zu.
Felix schloss die Beifahrertür hinter mir. "Also dann... gute Nacht." Er schien kurz zu zögern, dann breitete er seine Arme aus und zog mich in eine feste Umarmung. Für ein paar Sekunden schloss ich meine Augen und atmete seinen Duft ein. "Dir auch", flüsterte ich. "Schlaf gut. Und Danke für den schönen Tag."
Felix lockerte die Umarmung und lächelte mich an. "Ich hab zu danken. Träum was schönes." Er ließ mich los und sah mir für wenige Sekunden in die Augen, dann gab er mir einen Kuss auf die Stirn. Perplex starrte ich ihn an, aber er erwiderte meinen Blick nur mit einem verlegenen Grinsen.
"Falls du morgen nochmal etwas machen möchtest... schreib mir einfach", sagte er. „Aber am besten bei WhatsApp." Er grinste schief. „Gib mir dein Handy."
Verblüfft ließ ich meine Hand in meine Hosentasche gleiten und holte mein Handy raus. Ich entsperrte den Bildschirm und öffnete die Kontakte-App. Dann klickte ich auf das Plus in der rechten oberen Ecke und tippte beim Vornamen "Felix" ein und reichte ich es ihm. "Hier."
Er nahm das Handy entgegen und tippte rasch seine Nummer ein, dann gab er es mir grinsend zurück. Ohne nochmal auf das Display zu schauen steckte ich es zurück in die Hosentasche.
Dankbar lächelte ich ihn an. "Dann bis morgen. Ich schreib dir auf jeden Fall."
Ich umarmte ihn erneut, diesmal nur flüchtig, und ging, bevor ich es mir anders überlegen konnte, schnellen Schrittes durch die Tür des Hotels.

Nachdem ich mein Zimmer betreten hatte, zog ich als erstes meine Schuhe und den Cardigan aus, den ich überzogen hatte, bevor wir uns in Felix' Kofferraum gesetzt hatten. Danach entledigte ich mich meinen anderen Klamotten und zog mein verwaschenes Schlafshirt und eine Jogginghose an.
Rasch ging ich ins Badezimmer, putzte meine Zähne und wusch mir das Gesicht, dann legte ich mich ins Bett. Ich war wirklich hundemüde, allerdings konnte und wollte ich nicht einschlafen, ohne mich vorher bei meinen Freundinnen gemeldet zu haben.
Ich griff nach meinem Handy, das ich vorhin auf dem Nachttisch abgelegt hatte und öffnete unseren Gruppenchat.

Emilia: Hey, ich bin jetzt im Hotelzimmer. Das Date war super schön. Erzähle euch morgen genaueres. 😘

Es dauerte nicht lange, bis meine beste Freundin anfing, zu tippen.

Leonie: Warte mal, HOTEL??? Du bist nicht mit zu ihm gegangen? Mila, ich bin enttäuscht!

Ich lächelte schwach, was meine Freundin natürlich nicht sehen konnte. Gerade wollte ich zu einer Antwort ansetzen, als auch Julia anfing, zu tippen.

Julia: Ich finds genau richtig so. Man soll es den Kerlen nur nicht zu leicht machen! Schlaf gut, Maus 🫶 Falls du morgen Lust und Zeit hast, kannst du gerne auf einen Kaffee vorbeikommen und alles erzählen.

Leonie: Hey, das ist unfair! Ich bin nicht da!

Julia: Wir können dich doch per Facetime dazuschalten.

Ich lachte auf. Die hatte vielleicht Nerven!

Emilia: Dann können wir auch genauso gut einen ganz normalen Konferenzcall zu dritt machen. Außerdem... hat Felix mir beim Abschied gesagt, dass er morgen auch noch Zeit hat. Vielleicht melde ich mich noch bei ihm.

Leonie: VIELLEICHT??? Ganz sicher meldest du dich bei ihm! Und dann geht's ran an den Speck! 💦🍆

Lachend schüttelte ich den Kopf. Das war eines der Themen, bei dem meine beste Freundin und ich ganz und gar nicht derselben Meinung waren - sie hatte den Glauben an die wahre Liebe verloren und dachte nur noch an das Eine. Mir ging es da ein wenig anders. Es war nicht so, dass ich Sex nicht mochte oder ganz ablehnte, aber ich war inzwischen einfach vorsichtiger geworden. In den letzten Jahren hatte ich einfach zu viele schlechte Erfahrungen mit meinen "Bumsfreundschaften" gemacht.

Langsam öffnete ich meine Augen wieder. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass sie zugefallen waren. Ich musste für ein paar Minuten weggedöst sein, denn als ich jetzt wieder auf mein Handy sah, stellte ich fest, dass meine Freundinnen in den letzten fünf Minuten 50 Nachrichten in den Chat geballert hatten.
Was zur Hölle...? Ich schüttelte den Kopf, dann tippe ich etwas ins Chatfenster.

Emilia: Seid mir nicht böse, aber ich hau mich hin. Bin komplett erledigt. GuNa und bis morgen 😴

Bevor meine Freundinnen etwas erwidern konnten, schloss ich den Chat. Ich wusste ganz genau, dass sie gerade vor Neugierde platzten und am liebsten alles aus mir rausquetschen wollten, aber jetzt gerade in diesem Moment wollte ich die Erinnerungen an unser heutiges Treffen einfach nur für mich behalten.
Kurz schloss ich die Augen und versank zurück in meinen Tagtraum. Vor meinem geistigen Auge zeigten sich Bilder von Felix und mir am See, von meinen Händen auf seinen Rücken, von seinem Kopfsprung ins Wasser, und schließlich von uns beiden im Kofferraum - Arm in Arm...
Gerade war ich kurz davor gewesen, einzuschlafen, als ich mich zur Seite drehte und bemerkte, dass mein Handy immer noch neben mir im Bett lag.

Ich entsperrte den Bildschirm, starrte für ein paar Sekunden darauf und überlegte.
Nach einem Date, das mit so einem ehrlichen Gespräch und schließlich sogar einem Kuss auf die Stirn geendet hatte, war es unmöglich, schlafen zu gehen, ohne ihm nochmal zu schreiben.
Zögerlich öffnete ich WhatsApp, klickte auf die Suchleiste und gab "Fe..." ein, bis sein Kontakt auf meinem Display erschien. Verdutzt schaute ich auf meinen Bildschirm, dann schüttelte ich meinen Kopf. Träumte ich etwa gerade? Nein, ich war eindeutig noch wach. Der Name des Kontakts sah anders aus als vorhin. Da stand nicht nur "Felix", wie ich ihn eingetippt hatte, sondern "Felix 🔥".
Lachend schüttelte ich den Kopf. Er musste den Emoji in meinem Handy als Nachnamen eingegeben haben, bevor er seine Nummer eingespeichert hatte. Der Typ war einfach unverbesserlich!
Ich tippte auf den Kontakt und gab eine Nachricht ein.

Emilia: Hey, ich bins, Emilia. Danke nochmal für das schöne Date. Ich hatte lange nicht mehr so ein angenehmes Gespräch mit jemandem. Also... Danke für deine Offenheit.

Emilia: (und Danke für den Emoji, auf den wäre ich von selber niemals gekommen.)

Prompt erschien das "online" Zeichen unter seinem Namen und änderte sich zu "schreibt ..."

Felix 🔥: Nichts zu danken, wirklich. 🥳 Ich bin froh, dass du mitgekommen bist. Alleine wäre der erste Tag am See sicher nicht so schön geworden.

Felix 🔥: Schlaf gut 😘 und träum was schönes. Wir sehen uns morgen.

Ein Schmunzeln stahl sich auf meine Lippen. Ich hatte noch gar nichts davon gesagt, dass ich ihn morgen wieder treffen wollte - er war einfach davon ausgegangen!

Emilia: Achja, tun wir das? Wer hat gesagt, dass ich morgen überhaupt Zeit habe? 😉

Felix 🔥: Ich. 11:30 Uhr vorm Hotel. Ich hol dich ab. Pizza bei mir.

Felix 🔥: Gute Nacht. 😘

Verkopft (Felix Lobrecht)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt