Kapitel 6 - Gemischtes Hack

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Während ich kochte, kam ich aus dem Grinsen nicht mehr heraus. Gerade war ich dabei, die Paprika gemeinsam mit dem Fleisch anzubraten und wollte soeben die Kokosmilch dazugeben, als mich ein derartiger Lachanfall überkam, dass ich meinen Kochlöffel weglegen musste. Nicht, dass ich am Ende noch meine Kochutensilien durch die Wohnung warf, nur, weil dieser Podcast mich so zum Lachen brachte! Ich pausierte die Folge, um mich kurz zu beruhigen, dann drückte ich wieder auf Play.

Die Geschichte, die mich so zum Lachen gebracht hatte, handelte davon, dass ein Hörer bei Felix die Frage eingeschickt hatte, wann man eigentlich aufgehört hat, neue Nachnamen zu erfinden. Die Überlegung hatte Tommi und Felix dazu verleitet, neumodische Berufe mit männlichen Vornamen zu verknüpfen - so wie "Martin Genderstudies" oder "Jonathan Reality".
Während ich mein Geschnetzeltes mit der Süßsauersoße und der Currypaste anrührte, lächelte ich kopfschüttelnd vor mich hin. Die beiden hatten am Anfang der Folge erzählt, dass sie direkt vor der Aufnahme zusammen Cocktails getrunken hatten, was meinem Hörerlebnis nur zugutekam. Ich konnte es nicht leugnen - der Humor von "Gemischtes Hack" hatte mich jetzt schon überzeugt.

Nachdem ich mein Gericht aufgegessen und die Küche aufgeräumt hatte, begab ich mich aufs Sofa. Ich griff zu meinem Handy, das ich während der ganzen Zeit nicht angerührt hatte, nur um festzustellen, dass die Podcastfolge, die ich mir probehalber ausgesucht hatte, schon in 2 Minuten vorbei war. Schade!
Aus über 200 Folgen eine auszuwählen, die ich mir probehalber anhören wollte, war nicht einfach gewesen. Schließlich hatte ich mich für die Folge 222 "Zwei Hacken" entschieden - zum einen, weil sie eine Schnapszahl beinhaltete, und zum anderen, weil ich wissen wollte, was hinter dem ominösen Folgentitel verbarg. Jetzt wusste ich es.

Als die letzten Minuten verklungen waren, überlegte ich, was ich jetzt machen sollte. Den Fernseher einschalten? Eine Netflix-Serie schauen? Oder noch eine Folge anhören?
Unwillkürlich musste ich an Leonies Worte denken: Und falls es dir nicht reicht, nur seine Stimme zu hören, kannst du auch einfach mal auf Youtube nach seinem Namen suchen.
Kurz überlegte ich. Eigentlich war das gar keine schlechte Idee. Bisher hatte ich Felix nur im Dunkeln gesehen - zum einen im gedimmten Club-Licht und zum anderen draußen, als er mich zu Julias Wohnung begleitet hatte. Es würde mich brennend interessieren, wie er in seinen Videos wirkte.

Zwei Stunden später saß ich noch immer auf dem Sofa und hielt mir den Bauch vor Lachen. Vor mir stand mein Tablet, wo ich gerade die zweite Ausgabe von "1Live 99 Problems mit Felix Lobrecht" anschaute. In dem Format ging es darum, dass Zuhörerinnen und Zuhörer des Radiosenders im Vorhinein ihre Probleme hatten einsenden können. Aus allen Einsendungen wurden die Leute mit den interessantesten Problemen ausgewählt und zur Liveshow mit Felix eingeladen, wo er vor einem Publikum live mit ihnen über ihre Probleme sprach.
Der letzte Fall des aktuellen Videos handelte von einer jungen Frau, die sich nach einem verpatzten Date nicht getraut hatte, den Typen abzusägen. Während Felix versuchte, herauszufinden, was genau daran das Problem sei und warum sie nicht einfach ehrlich zu ihrem Date gewesen war, war ich mit meinen Gedanken ganz woanders.
Ein Date... mit Felix... dazu würde ich absolut nicht nein sagen.
Ich stellte mir vor, wie wir beide diejenigen waren, die sich fürs erste Date zum Spazierengehen trafen und dabei jeder ein Getränk in der Hand hatten. In meinem Tagtraum brachte er mich danach zum Bahnhof, umarmte mich und sagte, dass er mich bald wiedersehen wollte. Mein Kopfkino-Ich errötete und erwiderte seinen Wunsch.
Schlagartig schreckte ich hoch. Ein Blick auf mein Tablet sagte mir, dass das Video längst vorbei war. Meine Yotuube-App wollte mir weitere Videos von 1Live vorschlagen, aber das war gerade wirklich das letzte, was ich sehen wollte. Wenn überhaupt, würde ich mir gerne noch mehr Videos von Felix anschauen.

Als ich wenig später in meinem Bett lag, ließ meine Vorstellung mich nicht los. Wenn ich ehrlich zu mir selbst war, dann fand ich mich ganz schön albern. Da hatte ich diesen Kerl ein einziges Mal gesehen - und das auch noch beim Feiern! - und schon stellte ich mir vor, wie es war, ein Date mit ihm zu haben! Diese Vorstellung hatten doch bestimmt all seine weiblichen Fans, und die meisten davon werden ihn genauso oft live gesehen haben wie ich.
Wie viele Follower er wohl hatte? Ich griff nach meinem Handy, das bereits ans Ladekabel angeschlossen war und auf meinem Nachttisch lag, und gab seinen Namen bei Instagram ein.
1,2 Millionen. Ich schluckte. Okay, vielleicht hatte ich seinen Bekanntheitsgrad ein wenig unterschätzt. Kein Wunder, dass Julia und Leonie so ausgetickt waren - wahrscheinlich kannte jeder in unserem Alter seinen Namen und hörte den Podcast. Zurecht, wie ich jetzt wusste, denn sowohl in Kombination mit Tommi als auch in seinen Problemlöser-Videos hatte er seinen Humor hervorragend unter Beweis gestellt.
Weil an Schlaf jetzt nicht mehr zu denken war, scrollte ich mich durch Felix' Profil. Langsam betrachtete ich Foto für Foto, nur um festzustellen, was mir am Samstagabend schon klar gewesen war: ich fand ihn unwahrscheinlich attraktiv und wollte ihn unbedingt näher kennenlernen.
Bei diesem Gedanken schüttelte ich direkt den Kopf über mich selbst. Vergiss es, Mila. Der Typ ist berühmt, dem laufen wahrscheinlich alle Frauen nach.
Mir entfuhr ein Seufzen. Die Stimme der Vernunft, die aus mir sprach und versuchte, mich auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen, hatte ja Recht. Dennoch hielt sie mich nicht davon ab, es zumindest zu versuchen.
Ich klickte auf "Folgen" und likete ein paar seiner letzten Posts. Dann legte ich mein Handy weg und war kurze Zeit später eingeschlafen.

Verkopft (Felix Lobrecht)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt