Kapitel 20 - Oh my God, they were roommates

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"are you for real?"
"what do you mean?"
"I don't know, I just feel like maybe I made you up."

Das Zitat aus Taylor Swifts „all too well" Kurzfilm spielte sich in Dauerschleife in meinem Kopf ab, als ich einen Tag später neben Felix in seinem Auto saß. Immer wieder betrachtete ich ihn von der Seite und schüttelte ungläubig den Kopf. Ich konnte nicht fassen, was ich hier gerade tat. Heute Morgen hatte ich kurzerhand meine Kündigung verfasst und meinem Chef eine E-Mail geschrieben, dass ich mich ab sofort krankmeldete und die Kündigung direkt angehängt.
Es war mir vollkommen egal, dass ich für die Krankmeldung eigentlich ein ärztliches Attest vorlegen musste. Was sollte er schon machen? Ich hatte ja sowieso gekündigt.
Anschließend hatte ich meinen Koffer mit meinen liebsten Klamotten, ein paar Büchern und meinem Waschbeutel gefüllt. Ich hatte so viel eingepackt, wie ich in meinem Koffer und meinem großen Rucksack tragen konnte. Den Rest ließ ich erstmal in meiner Hamburger Wohnung zurück. Meine Sachen konnte ich später immer noch holen und die Wohnung würde ich auch erstmal noch nicht kündigen.
Ich hatte meinen Kühlschrank geleert und alle Kabel aus den Steckdosen gezogen. Irgendwie fühlte es sich komisch an, mein altes Leben von jetzt auf gleich zurückzulassen, aber gleichzeitig könnte ich nicht glücklicher sein. Felix hatte mir gestern die Liebeserklärung meiner Träume gemacht und jetzt waren wir ein richtiges Paar. Meine allererste Beziehung überhaupt. Mit einem verklärten Gesichtsausdruck lächelte ich vor mich hin, während Felix und Julian im Auto miteinander scherzten und lauthals lachten.

Während ich gepackt und meine Wohnung aufgeräumt hatte, hatte Felix im Hotel das Meeting mit Julian nachgeholt, das er am Donnerstag meinetwegen abgesagt hatte. Sie hatten sich stundenlang Designs angeschaut und sich anschließend für eine Auswahl entschieden, die Einzug in die neue 12k-Kollektion finden würde.
Danach hatte er mich an meiner Wohnung abgeholt und wir waren zu zweit Mittagessen gegangen. Im Anschluss hatten wir am Hotel Julian und Nadja eingeladen und jetzt waren wir zu viert in Felix' Auto auf dem Weg nach Berlin.
„Ich hoffe, es macht Filiz nichts aus, dass sie jetzt im Technikbus mitfahren muss", sagte Julian von der Rückbank. Wir lachten auf und Felix winkte ab. „Ach was, die wird das schon verkraften. Außerdem ist Marvin ja auch noch da." Marvin war sein Fotograf, den ich heute Morgen auch kurz kennengelernt hatte, bevor er sich mit seinem Laptop zurückgezogen und die Fotos des gestrigen Abends bearbeitet hatte.
Als Felix mich den anderen vor der Abfahrt als seine Freundin vorgestellt und mich vor ihren Augen geküsst hatte, waren alle ausgeflippt vor Freude. „Ich wusste es!", hatte Nadja gerufen und war erst mir, dann Felix um den Hals gefallen. Julian hatte seinem Bruder anerkennend auf die Schulter geklopft und mich ebenfalls umarmt. Felix und ich hatten beide vom einen Ohr bis zum anderen gestrahlt.
Ich war wirklich so glücklich wie noch nie zuvor. Endlich hatte mir jemand den entscheidenden Schubs gegeben, um meinen Job zu kündigen und ganz nebenbei hatte ich nun endlich meinen Traummann an meiner Seite.
Die ganze Fahrt über lachten, redeten und sangen wir, bis wir schließlich in Berlin angekommen waren. Nadja und Julian hatten wir bei Felix' Büro abgesetzt, dann waren wir zu seiner Wohnung gefahren.

Dort angekommen, brachte ich als erstes mein Gepäck ins Schlafzimmer. Felix machte kurzerhand in seinem Kleiderschrank Platz für mich und ich sortierte meine Klamotten ein.
Dann ging ich ins Bad und stellte mein Shampoo in seine Dusche und meine Zahnbürste in seinen zweiten Zahnputzbecher. Skeptisch schaute ich ihn an.
"Wofür stehen hier überhaupt zwei Becher, wenn du bis jetzt alleine hier gewohnt hast?", fragte ich mit einer hochgezogenen Augenbraue. Ich sah, wie Felix leicht errötete und er zuckte mit den Schultern. "Naja, also ich hatte ja schon ab und zu... Übernachtungsbesuch." Er warf mir einen verunsicherten Blick zu, doch ich schüttelte nur grinsend den Kopf.
Eigentlich war das der Moment, in dem ich wohl eifersüchtig werden sollte, aber ich steckte noch viel zu tief drin in meiner frisch verliebten Honeymoon-Phase, um negative Emotionen zuzulassen. Ich legte die Arme um seine Hüften und vergrub mein Gesicht an seinem Hals. "Achso." Erleichtert erwiderte er meine Umarmung und flüsterte: "Aber gewohnt hab ich hier in dieser Wohnung bis jetzt immer nur allein. Falls ich also ein furchtbarer Mitbewohner bin, tut mir das jetzt schon leid." Ich sah ihn an und schüttelte lachend den Kopf. "Ich glaube, wenn du als Mitbewohner so bist, wie als Freund, muss ich mir keine Sorgen machen." Er stimmte in mein Lachen mit ein und presste seine Lippen auf meine. Langsam teilte er mit seiner Zunge meine Lippen und ließ sie vorsichtig in meinen Mund gleiten. Sofort merkte ich, wie das altbekannte Kribbeln in meinen Bauch zurückkehrte und noch eine Etage tiefer wanderte. Felix schien es ähnlich zu gehen. Ich spürte seine Erektion an meinem Unterleib und bekam eine Gänsehaut.
Felix grinste mich herausfordernd an. "Hast du... was dagegen, wenn wir... das Bett einweihen?" Ich ließ von ihm ab und mir entfuhr ein helles Auflachen. "Kleiner hatten wir's nicht, oder?", fragte ich grinsend. Felix lachte ebenfalls auf und schüttelte den Kopf, dann hob er mich an den Hüften hoch und trug mich ins Schlafzimmer.

Eine halbe Stunde später fuhren wir keuchend auseinander und blieben schwer atmend nebeneinander liegen. Felix lächelte mich erschöpft an. "Fuck. Ich hab mir ja gedacht, dass du dich gut anfühlen würdest, aber DAMIT hab ich nicht gerechnet." Ich lachte und gab ihm einen flüchtigen Kuss auf den Mund. "Danke, das Kompliment kann ich nur zurückgeben."
Grinsend drehte ich mich auf den Bauch, ohne den Blick von ihm zu nehmen. "Und irgendwie fühlt sich so ein Orgasmus noch besser an, wenn er von der Person kommt, die man seinen Freund nennen darf." Felix strich mir lächelnd eine Strähne aus der Stirn. Dann bekam sein Blick etwas nachdenkliches.
"Ich hab übrigens nachgedacht. Wahrscheinlich wäre es für den Anfang wirklich am besten, wenn du für mich arbeiten würdest." Gerade wollte ich zu einer Antwort ansetzen, als er mir mit einer Geste das Wort abschnitt. "Ich weiß, was du jetzt sagen willst. Wir haben uns quasi gerade erst kennengelernt und sind erst frisch zusammengezogen, was schon Fortschritt genug ist, aber du brauchst hier einen Job und ich kann in meiner Firma jede Hilfe gebrauchen. Danach kannst du dir ja immer noch überlegen, ob du dir lieber etwas anderes suchen möchtest."
Erschlagen stieß ich die Luft, die ich bis jetzt angehalten hatte, aus und schaute ihn nachdenklich an. Die Gedanken in meinem Kopf fingen an, sich im Kreis zu drehen. Vielleicht hatte er Recht. Es würde die Dinge wesentlich einfacher machen, wenn ich bei ihm arbeiten würde und mir würde das leidige Bewerbungsverfahren erspart bleiben. Das war an einem Jobwechsel immer das Nervigste.

"Na gut", murmelte ich. "Ich gebe mich geschlagen." Felix strahlte mich glücklich an. "Und was würde ich dann genau machen?"
"Das hab ich mir auch schon überlegt", antwortete er lächelnd. "Du könntest meine Grafikerin werden und die Tourplakate und sonstiges Promomaterial gestalten. Mit Mediengestaltung kennst du dich doch aus, oder?" Ich nickte. "Schon, aber wer hat den Job denn bisher gemacht?"
"Marvin." Er grinste. "Aber der hat momentan so viele andere private Nebenprojekte und bekommt immer mehr Anfragen wegen seinen Fotografien. Ich glaube, er ist mir nicht böse, wenn ich ihm diese eine Tätigkeit wegnehme." Sein Grinsen bekam etwas verschlagenes. "Genau genommen hat er sogar schon zugestimmt."
Ich lachte auf, dann seufzte ich und verzog meine Mundwinkel zu meinem Lächeln. "Abgemacht. Dann bin ich jetzt wohl oder übel deine Angestellte."
Felix grinste mich verschmitzt an. "Und das macht dich nur noch heißer", murmelte er, bevor er mich küsste und sich für die zweite Runde erneut über mich beugte.

Verkopft (Felix Lobrecht)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt