Kapitel 21 - Brandenburger Tor

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Am nächsten Morgen saßen wir gemeinsam an seinem Frühstückstisch. Felix hatte extra frisches Obst aufgeschnitten und uns beiden ein Müsli mit Haferflocken und Naturjoghurt gemacht.
Ich schluckte den Bissen, den ich gerade gekaut hatte, herunter und grinste ihn fragend an. "Hast du das nur gemacht, um deine neue Mitbewohnerin zu beeindrucken oder machst du dir öfter sowas gesundes zum Frühstück?"
Er lachte und schüttelte grinsend den Kopf. "Erstens brauche ich kein Obst, um meine Freundin-" bei dem Wort wurde sein Grinsen ein kleines Stück breiter und ich bekam eine Gänsehaut - „zu beeindrucken, und zweitens ja, tatsächlich mach ich das öfters. Es gibt auch genug Tage, an denen ich mir einfach ein trockenes Brot oder ein hartgekochtes Ei reindrücke, aber an einem Sonntag kann man sich auch mal Mühe geben." Zustimmend nickte ich. "Da hast du Recht." In diesem Zusammenhang fiel mir etwas ein.
"Irgendwie erinnert mich das gerade stark an unser Frühstück im AlsterCliff. Kannst du dich daran noch erinnern? Kommt mir vor wie eine Ewigkeit."
Er erwiderte mein Lächeln und schüttelte leicht den Kopf. "Gott, ja. Das ist gefühlt wirklich ewig her. Wenn ich darüber nachdenke, was seitdem alles so passiert ist..."
Neckend grinste ich ihn an. "Zum Beispiel Blowjobs in Umkleidekabinen?" Bei der Erinnerung daran lachte er laut auf und schüttelte den Kopf, als könne er es immer noch nicht fassen. "Ich hätte von Anfang an wissen müssen, dass du unberechenbar bist", sagte er grinsend.
Ich zuckte mit den Schultern und warf meine Hände entschuldigend in die Luft. "Würdest du es denn anders haben wollen?"
Seine Miene wurde wieder ernst und er schüttelte den Kopf. "Nein." Er stand auf, kam um den Tisch herum und legte seine Arme von hinten um mich. Dann flüsterte er mir ins Ohr: "Du bist genau die richtige Mischung aus frech, witzig und sexy, die ich in meinem Leben brauche."
Mit geweiteten Augen schaute ich zu ihm hoch und lächelte ihn verliebt an. Womit habe ich dich nur verdient? Er beugte sich ein Stück zu mir runter und ich gab ihm zur Antwort einen langen Kuss.
Er zog mich von meinem Stuhl hoch und drückte mich fest an sich. Unser Kuss wurde wilder, fordernder und er stöhnte leise auf. „Shit. Am liebsten würde ich dich direkt wieder in unser Bett tragen, aber ich glaube, wenn ich das mache, kommen wir da heute gar nicht mehr raus."
Ich lachte an seinen Lippen auf und schüttelte den Kopf. „Wir haben ab jetzt jeden Tag Zeit dafür. Lass uns lieber raus und ein bisschen spazieren gehen."

Er löste sich von mir und sah mich überrascht an. Verwirrt runzelte ich meine Stirn. „Was ist?", fragte ich. Er hob die Hand und fuhr sich von hinten durch die seine Haare und warf mir einen skeptischen Blick zu. „Ich weiß nicht, ob es so eine gute Idee ist, wenn wir uns in der Öffentlichkeit zusammen zeigen." Erstaunt zog ich meine Augenbrauen zusammen und sah ihn irritiert an. „Warum nicht? Wir sind jetzt zusammen und du hast selbst gesagt, dass du am liebsten der ganzen Welt zeigen würdest, dass ich zu dir gehöre."
Er seufzte frustriert auf und schloss mich wieder in seine Arme. „Das hab ich auch so gemeint, Schatz, glaub mir. Aber die Klatschmedien können wirklich grausam sein. Ich bin mir nicht sicher, ob wir unsere frische Beziehung gleich diesem Druck aussetzen sollten."
Trotzig nickte ich. „Also, ich schon."
Er gab sich geschlagen und seufzte auf. „Also gut. Lass uns gehen."

Nachdem wir uns angezogen hatten, verließen wir gemeinsam die Wohnung. Auf den ersten paar Metern wechselten wir kein Wort. Insgeheim war ich wirklich sauer über seine Reaktion darüber, dass ich einfach nur spazieren gehen wollte. Was sollte schon dabei sein? Wir waren jetzt zusammen und damit musste die Öffentlichkeit klar kommen. Nicht ich, sondern die anderen mussten sich damit arrangieren, dass Felix jetzt vom Markt war.
Nach 10 Minuten griff er nach meiner Hand. Ich blieb stehen und schaute ihn überrascht an. Sein Gesicht hatte etwas leicht trauriges. Er blieb vor mir stehen und lächelte mich schwach an. „Es tut mir leid, Mila. Bitte denk jetzt nicht, dass ich nicht mit dir gesehen werden will, so war das nicht gemeint. Aber ich weiß einfach, was passieren kann, wenn man eine Beziehung in der Öffentlichkeit führt. Ich möchte dich doch nur beschützen."
Meine Lippen verzogen sich zu einem versöhnlichen Lächeln und ich schloss ihn in meine Arme. „Schon gut. Ich verstehe das ja."
Er lächelte erleichtert und gab mir einen flüchtigen Kuss. „Dann bin ich froh."
Er sah sich kurz um und deutete auf die Eisdiele ein paar Meter die Straße runter. „Hast du Lust auf ein Eis?" Sofort nickte ich und mein Lächeln wurde breiter. „Gerne."

Wir verließen die Eisdiele mit je einer Waffel Eis in der Hand. Ich hatte mich für eine Kugel Straciatella und eine Kugel Erdbeere entschieden, Felix hatte eine Kugel Mango und eine Kugel Grapefruit genommen. Während ich an meinem Eis leckte, sah ich seins mit einem angewiderten Gesicht an. „Ich kann nicht verstehen, wie man sowas essen kann", sagte ich. Grinsend erwiderte er meinen Blick. „Vielleicht hab ich das auch nur genommen, damit du mir nichts weg isst." Empört lachte ich auf. „Sehr smart."
Nachdem wir unser Eis aufgegessen hatten, stiegen wir in die Bahn und fuhren Richtung Brandenburger Tor. Jetzt, wo ich in Berlin wohnte, wollte ich mir in aller Ruhe die volle Touri-Breitseite geben, auch, wenn Felix davon alles andere als begeistert war. „Ich komm mir ganz schön blöd vor", jammerte er.
Ich lachte auf und legte einen Arm um seine Hüfte. „Du wirst es schon überleben."
Dann ließ ich den Arm nach unten baumeln und verschloss seine Hand mit meiner. Eine Weile liefen wir Hand in Hand über den Platz, dann bogen wir rechts ab in Richtung Reichstagsgebäude.

Zunächst fiel es mir nicht auf, aber nach und nach starrten uns immer mehr Leute an, die aufgeregt hinter hervorgehaltener Hand miteinander tuschelten. Felix drückte beruhigend meine Hand und flüsterte: „Einfach ignorieren, das ist ganz normal." Wir gingen noch ein paar Schritte, bis schließlich eine Gruppe von jungen Kerlen vor uns stehenblieb. Sie lachten und grölten, bis einer von ihnen in unsere Richtung rief: „Ey Lobrecht, fickt sie so gut, wie sie aussieht?"
Seine Kumpels brachen in schallendes Gelächter aus und klopften dem Sprücheklopfer zustimmend auf die Schultern, der uns immer noch breit grinsend anschaute. Geschockt riss ich den Mund auf und am liebsten hätte ich sofort etwas erwidert, doch Felix zog mich an der Hand weiter und murmelte: „Kopf runter und einfach nichts sagen." Ich tat wie mir geheißen, bis die Gruppe außer Sichtweite war. Ich blieb stehen und sah Felix erschrocken an.
„Und das? War das auch normal?", stammelte ich. Schlagartig füllten meine Augen sich mit Tränen und er schüttelte traurig den Kopf. Ich schlug die Hände vor mein Gesicht und begann zu weinen. Wortlos zog er mich in eine Umarmung und streichelte mir beruhigend über den Hinterkopf.
„Nein. Das war definitiv nicht normal."

Verkopft (Felix Lobrecht)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt