Kapitel 11 - Am Badesee

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Samstag, eine Woche später

„Danke, dass du mich am Bahnhof abgeholt hast." Verlegen lächelte ich Felix an, der neben mir im Fahrersitz seiner weißen S-Klasse saß. Er erwiderte mein Lächeln.
„Ist doch selbstverständlich. Die S-Bahn Verbindungen in Berlin sind teilweise wirklich ne Katastrophe, das wollte ich dir nicht zumuten." Ich lachte auf. „Das hätte ich schon irgendwie hingekriegt, aber Danke". Für einen kurzen Moment schwiegen wir, während Felix uns durch die Stadt fuhr. Dann drehte ich meinen Kopf zu ihm und sah ihn fragend an.
„War das mit dem schwimmen eigentlich ernst gemeint?" Felix erwiderte meinen Blick mit einem Grinsen. „Klar. Hast du dir in letzter Zeit mal die Temperaturen angeschaut? Es wird langsam Sommer und ich war dieses Jahr noch kein einziges Mal im See!"
Ich grinste ihn an. „Ah ja, und dann dachtest du, dass du beim ersten Mal gleich mich mitnehmen möchtest? Wie zuvorkommend."
Felix hatte seinen Blick wieder auf die Straße gerichtet und nickte mit einer gespielten Ernsthaftigkeit. „Ich sag mal so - ich hoffe, du hast einen Bikini dabei".
Ich tat so, als müsste ich überlegen, bis ich antwortete: „Wieso dabei? Den hab ich schon die ganze Zeit an."
Er lachte auf. „Dann kann unserem kleinen Ausflug an den See ja nichts mehr im Weg stehen."

Nachdem er sein Auto im Schatten geparkt hatte, liefen wir Richtung Liegewiese. Skeptisch betrachtete ich den Jutebeutel, den Felix mit sich trug. „Da hast du deine Sachen für den See drin?"
Er nickte. „Klar, ich brauch doch nicht viel. Ne Badehose und ne Decke, das reicht doch." Mit einem hellen Lachen deutete ich auf meinen Rucksack. „Na, gut dass wenigstens ich an Handtücher gedacht habe. Oder womit wolltest du dich nach dem Baden sonst abtrocknen?"
Felix grinste. „Eigentlich leg ich mich immer klatschnass auf die Decke und lasse die Sonne den Rest erledigen."
Verblüfft starrte ich ihn an, dann schüttelte ich lachend den Kopf. „Du weißt aber schon, dass Wassertropfen auf der Haut wie Brenngläser wirken und Sonnenbrand begünstigen?"
Er schlug sich die Hand vor den Mund. „Oh fuck, ich hab die Sonnencreme vergessen."
Ich verdrehte die Augen. „Jetzt bin ich wirklich froh, dass du mich mitgenommen hast. Euch Männer kann man echt nicht alleine lassen."

Nachdem wir uns umgezogen hatten, suchten wir uns einen Spot auf der Wiese aus. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätten wir uns in den Schatten gelegt, aber den Kampf verlor ich leider. Felix hatte darauf bestanden, dass wir uns einen perfekten Platz in der Sonne sichern, damit er „an seiner Bräune arbeiten konnte."
Nachdem er die Decke ausgebreitet hatte, ließen wir uns nebeneinander darauf nieder. Ich zog das Sonnenspray aus meinem Rucksack und begann, mich einzucremen.  Anschließend hielt ich Felix die Flasche mit einer auffordernden Geste hin. „Hier, damit du nicht verbrennst."
Er nahm die Flasche entgegen und begann, sich einzusprühen und die Creme zu verreiben. Ich gab mein Bestes, ihn dabei nicht all zu auffällig anzustarren. Fuck, er sah wirklich sehr gut aus.  Sein Sixpack war absolut durchtrainiert und ich erwischte mich bei dem Gedanken, dass am liebsten ich diejenige gewesen wäre, die ihn eincremte.
Als Felix fertig war, reichte er mir die Flasche mit einem auffordernden Grinsen. „Na los. Mein Rücken cremt sich nicht von alleine ein."
Mir entfuhr ein nervöses Auflachen. Insgeheim hatte ich gehofft, dass er mich darum bitten würde, aber ich hätte mich niemals getraut, den Wunsch laut auszusprechen.
Zögerlich nahm ich die Flasche entgegen und deutete mit einer Handbewegung an, dass er sich umdrehen sollte und begann, seinen Rücken einzusprühen. Dann legte ich das Sonnenspray zur Seite und begann, die Creme mit meinen Fingern zu verreiben.
Fuck, er fühlte sich gut an. Seine Körpertemperatur war warm und angenehm und seine Muskeln am Rücken nicht weniger definiert als die auf seinem Bauch.
Ich ließ meine Hände extra langsam über seine Schultern gleiten und bekam eine Gänsehaut. Was passierte hier?

Mit einem Kopfschütteln versuchte ich, mich und meine Gedanken in die Gegenwart zurückzuholen und beeilte mich, die Creme fertig zu verstreichen. „So, fertig."
Während der ganzen Aktion war mir ordentlich warm geworden, was bestimmt nicht nur an der Sonne lag. Auffordernd sah ich ihn an.
„Also, ich weiß nicht was du machst, aber ich brauche jetzt dringend eine Abkühlung." Er sah mich irritiert an. „Soll ich deinen Rücken nicht auch eincremen?" Ich schüttelte demonstrativ den Kopf. „Nicht nötig, das hab ich vorhin schon selbst gemacht."
Natürlich war das nur die halbe Wahrheit - ich war zwar gelenkig und hatte vorhin bereits so viel Creme wie möglich auf meinen Schultern und meinem unteren Rücken verteilt, aber höchstwahrscheinlich gab es trotzdem noch genug Stellen, die noch keine Creme abbekommen haben. Trotzdem - wenn er mich jetzt anfassen würde, würde ich wahrscheinlich von meiner inneren Hitze verglühen.

Bevor Felix etwas antworten konnte, stand ich auf und lief Richtung See, wo ich mich augenblicklich ins Wasser gleiten ließ. Ich tauchte meinen Kopf unter Wasser und ließ mich ein bisschen treiben, dann drehte ich mich zum Ufer um und warf Felix ein herausforderndes Lachen zu. „Na, was ist? Bist du nur zum Glotzen hier oder willst du auch schwimmen?"
Das ließ er sich nicht zweimal sagen. Schlagartig sprang er auf und rannte auf den See zu. Mit Anlauf machte er direkt vor meinen Augen einen Kopfsprung ins Wasser. Dabei glänzte sein Sixpack in der Sonne und ich brauchte einen kurzen Moment, um meinen Mund wieder zuzumachen, von dem ich gar nicht gemerkt hatte, dass er offen stand.
Felix schwamm auf mich zu und tauchte neben mir aus dem Wasser wieder auf.
Am liebsten hätte ich ihn auf der Stelle an mich gezogen und geküsst, aber ich gab mein bestes, mir nichts anmerken zu lassen. Ich schüttelte mich, um mich selbst wieder zur Vernunft zu rufen und sah ihn mit einem amüsierten Blick an. „Und du glaubst, damit könntest du mich beeindrucken?"
Grinsend strich er sich die nassen Haare aus dem Gesicht. „Es hat doch funktioniert, oder?"
Sofort merkte ich, wie ich rot wurde und wand meinen Blick lächelnd von ihm ab. Ich atmete tief durch, dann stieß ich ein Seufzen aus. Es zu leugnen hatte eh keinen Zweck.
„Vielleicht ein bisschen."

Wir ließen uns nebeneinander im Wasser treiben. Er machte hin und wieder ein paar Scherze, die mich zum Lachen brachten. Langsam merkte ich, wie sich Gelassenheit in mir breit machte, welche die Schmetterlinge aus meinem Bauch zwar nicht vertrieb, aber zumindest für einen Augenblick zum Schweigen brachte. Felix machte es mir so leicht, mich mit ihm zu unterhalten, obwohl wir uns gerade erst kennengelernt hatten.

Wenig später saßen wir wieder auf seiner Decke und trockneten uns ab. Ich knüllte mein Handtuch zu einem Kissen zusammen und ließ mich darauf nieder. Nachdenklich ließ ich meinen Blick über die Wiese und das Wasser schweifen.
„Hier könnte ich ewig Zeit verbringen. Es war wirklich eine gute Idee, herzukommen." Freundlich lächelte ich ihn an, was er erwiderte. „Sag ich doch. Ich hätte mir keinen besseren Ort für unser zweites Date vorstellen können."
Ich grinste, dann griff ich nach meinem Handy und sah auf die Uhr. 20:25 Uhr.
Ich hatte gar nicht bemerkt, wie die Zeit vergangen war. Als wir hier angekommen waren, war es gerade 15 Uhr gewesen. Waren wir wirklich schon über 5 Stunden hier?
Zögerlich sah ich Felix an, der mich immer noch von der Seite anschaute. „Sollen wir uns langsam umziehen gehen? Es ist schon spät geworden."
Er warf ebenfalls einen Blick auf sein Handy, dann nickte er. „Ja, können wir machen. Hast du noch ein bisschen Zeit oder willst du schon zurück ins Hotel?"

Verkopft (Felix Lobrecht)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt