[Sechs] - Viele Kinder, viele Sorgen (Part 2)

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Jolene verdreht die Augen und reibt sich nachdenklich über die Stirn. Anschließend schenkt sie mir einen Blick, der mir sagt, dass wir mit unseren Kindern noch nicht fertig sind und Redebedarf besteht, sobald wir zu Hause sind.
Gemeinsam folgen wir der Direktorin in ein leeres Klassenzimmer, wo wir ohne die Kinder über die Situation sprechen können.
Allerdings stellt sich sehr schnell heraus, dass auch unsere Gemüter erhitzt sind und es nicht sonderlich ruhig vonstatten geht.
Ich - wütend darüber, weil ich erfahre, dass meine jüngste Tochter in der Schule gehänselt wird - und Jolene, die ohnehin schlechte Laune hat und sich jetzt auch noch damit auseinandersetzen muss.
»Ich heiße nicht gut, was mein Sohn getan hat«, verteidigt sich der Vater von Luke und Brad, nachdem ich mich über das Verhalten seiner Söhne beschwert habe, »aber es sind Kinder. Sie vertragen sich auch wieder. Wir sollten keine so große Sache daraus machen.«
»Keine große Sache daraus machen?«, entgegne ich entsetzt. »Haben Sie mitbekommen, was Ihr Sohn da eben von sich gegeben hat?! Das sollte nicht in den Wortschatz eines Achtjährigen gehören!«
»Es sind Kinder«, wiederholt er. »Die schnappen hier und da ein paar Worte auf, deren Bedeutung ihnen nicht bewusst ist. Kinder streiten sich und sie vertragen sich auch wieder«, tut er die ganze Situation ab. »Wir sollten deshalb ihrem Beispiel folgen und versöhnlich hier rausgehen.«
»Ich bin gerade nicht auf Versöhnung aus, nachdem Ihr Sohn meine Tochter beleidigt hat - und das noch in unserem Beisein«, schieße ich zurück. »Sie haben es selbst gehört und sehen keinen Handlungsbedarf?«
Er schüttelt den Kopf. »Nein, denn wie Ihre Tochter behandelt wird, liegt nicht an mir oder meinen Söhnen, sondern ganz alleine an Ihnen.«
»Wie bitte?!«, gebe ich entsetzt von mir.
»Es war Ihre Entscheidung, Kinder zu bekommen. Mit zwei Müttern muss sie sich daran gewöhnen, so behandelt zu werden. Wenn Ihre Tochter damit nicht klar kommt, dann-«
»Dann was?«, unterbricht Jolene ihn und funkelt ihm herausfordernd entgegen.
Bevor er jedoch antworten kann, schaltet sich Mrs. Griffon ein.
Sie führt aus, welche Beobachtungen sie gemacht hat, und auch, welches Kind bereits für was mehrfach ermahnt wurde. Dadurch erfahre ich dann auch, dass Luke schon häufiger gegen Quinn gegangen ist und das heute nicht das erste Mal war.
Ich bin geschockt, weil ich davon weder von der Schule, noch von Quinn in Kenntnis gesetzt wurde. Mrs. Griffon erklärt, dass es bisher noch nicht besorgniserregend gewesen sei, heute aber eskaliert ist, weil Luke meine Tochter kräftig zu Boden geschubst hat; diesmal also auch körperlich tätig wurde. Das hat Wyatt mitbekommen und entsprechend eingegriffen.
Weiter erfahren wir dabei auch, dass auch Brad, der Bruder von Luke, im vergangenen Jahr häufig negativ aufgefallen ist.
»Wenn morgen nicht der letzte Tag vor den Ferien wäre, würde ich alle Kinder suspendieren«, spricht die Direktorin streng. »Und ich hoffe, der morgige Tag läuft friedlich ab, weil alle eine Nacht darüber geschlafen haben.« Sie schenkt uns, aber auch den anderen Eltern einen deutlichen Blick.
Luke und Brad sind von der Forderung ausgenommen, denn dessen Vater bekommt nahegelegt, über die Ferien eine neue Schule für seine Söhne zu suchen, weil weder die Jungs noch er mit dieser Haltung länger an dieser Schule willkommen sind.

Diese Aussage schmeckt dem Vater überhaupt nicht. Wütend presst er seine Zähne aufeinander und funkelt uns der Reihe nach an. Dann erhebt er seine Stimme und wird ausfallend. Jetzt wissen wir, woher sein Sohn solch schlimme Worte hat.
Ich behaupte sogar, dass er so auch zuhause mit seiner Frau und den Kindern spricht. Erstaunlich für einen Mann seines Standes, der im ersten Moment einen vernünftigen Eindruck machte und den ich für eine Person hielt, die sich zu artikulieren weiß.
»Die Parolen eines alten, weißen Mannes«, kommentiert Morgan seine durchaus grenzwertigen Äußerungen, die eigentlich eher schon Beschimpfungen und Beleidigungen sind. Insbesondere gegen Jolene, Morgan und mich aufgrund unseres Lebensstils; gegenüber der Schule, wegen deren Einstellungen zu Menschen wie uns.
Seine Äußerungen zeigen nicht nur, wie sehr ihn gleichgeschlechtliche Liebe stört, sondern auch, dass er sich von starken Frauen, wie Morgan und Jolene, bedroht fühlt.
Nicht nur ich bin schockiert über all die rechten Aussagen, die er auf einmal aus sich heraushaut, auch alle anderen in diesem Raum; insbesondere Mrs. Griffon, die eine 0-Toleranz-Politik in dieser Bildungsstätte pflegt.
Letztlich unterbricht sie ihn harsch, benötigt dabei aber männliche Unterstützung, weil ihr dieser Mann keine Berechtigung erteilt, ihm Befehle zu erteilen oder den Mund zu verbieten.
Ich kann meine Backen gar nicht so weit aufblasen, wie ich es möchte, um meiner Fassungslosigkeit Ausdruck zu verleihen.

Jolene (+ Love)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt