[Zwölf] - Schon zweistellig (Part 2)

665 57 31
                                    

Die Türklingel läutet erneut und lenkt uns alle von der Szenerie auf der Terrasse ab. Riley springt sofort auf, um die Tür zu öffnen. Nicht aber, ohne zu kommentieren, dass es jetzt nur coole Menschen sein können, weil die komischen schon alle da sind. Im Vorbeigehen schenkt sie Henry einen vielsagenden Blick.
Es ist mir durchaus unangenehm, wenn Riley so frech ist, wenngleich sie leider aber auch immer recht hat. Situationen wie diese sind immer wieder ein schmerzhafter Spagat zwischen High-Five und Backpfeife.
Henry möchte dieses Verhalten natürlich kommentieren und mir erzählen, wie ich meine Kinder zu erziehen habe, aber diesmal sehe ich es auch nicht ein, noch in irgendeiner Form höflich zu bleiben, wenn er es selbst nicht kann. Deshalb drehe ich mich einfach von ihm weg, um ihm damit zu signalisieren, wie gesprächsbereit ich bin. Nämlich gar nicht.
Als Riley die Haustür öffnet, wird sie freudig von meiner Mutter begrüßt, der sie direkt um den Hals fällt. Anschließend wird auch Christian freudig begrüßt, und zum Schluss mein Bruder, der seine Freundin an der Hand hält, die in etwa zwei Monaten ihr erstes gemeinsames Kind zur Welt bringen wird.
Jodie, eine unglaublich herzensgute und sehr ruhige, besonnene Frau, die kein Problem hat, mit einem so verspielten Mann wie Philipp den Alltag zu meistern. Sie ist das absolute Gegenteil von ihm, aber dadurch ergänzen sie sich perfekt. Ich glaube - so wie die beiden - dass das für immer Bestand haben wird.

Auch ich freue mich über die Ankunft meiner Familie und begrüße sie entsprechend. Unter anderem auch, weil das bedeutet, dass dann auch Milly handzahmer sein wird.
Voller Freude nimmt Riley ihr Geschenk entgegen, das sie von meinen Eltern, meinem Bruder und meiner Schwägerin in spe gemeinsam bekommt, weil es etwas Größeres und Teures ist.
Sie reißt das Geschenkpapier hastig und aufgeregt ab und entblößt einen großen Karton, in dem sich ein ferngesteuertes Fahrzeug befindet, das mit Wasserkanonen ausgestattet ist. Ein Spielzeug für besonders warme Tage, das sowohl auf Land, als auch zu Wasser fahren kann.
Weil der Karton groß und schwer ist, hilft Philipp ihr dabei, es in den Garten zu bringen und gemeinsam zusammenzubauen.
Dadurch kommen Jolene und Milly wieder ins Haus zurück. Während Jolene einen zufriedenen Ausdruck auf ihrem Gesicht trägt, sieht Milly etwas niedergewalzt aus.
Jolene steuert direkt auf mich zu, stellt sich neben mich und beugt sich zu mir, um mir demonstrativ einen Kuss zu geben, während sie ihren Arm um meine Hüfte legt; ihre Hand dabei sogar knapp über meinem Hintern.
Damit setzt sie sehr deutlich ein Zeichen für Milly und ihren Lebensgefährten. Und um sie dabei zu unterstützen, erwidere ich ihren Kuss, als gäbe es unsere Probleme nicht.

Natürlich begreift meine Mutter sofort, dass hier wieder irgendwas vorgefallen sein muss und dirigiert Milly und Henry umgehend nach draußen in den Garten und befiehlt den Männern, die Tische aufzubauen, damit sie sich dort hinzusetzen können. Auf diese Art trennt sie uns erstmal, damit jeder durchatmen kann.
»Ich hoffe, Morgan kommt bald«, raune ich, als wir alleine sind. Ihre Ankunft würde nämlich zu einer zeitigen Abreise bei Milly und Henry führen.
Das Verhältnis zwischen Milly und Morgan ist über die Jahre kaum besser geworden, weil sie beide nie richtig warm miteinander geworden sind, aber trotzdem haben sie es geschafft, einander zu akzeptieren und miteinander auszukommen.
Erst seit der Trennung von Jolene und mir ist es wieder schwieriger geworden. Milly glaubt nämlich, Morgan wäre der Grund dafür, obwohl wir das mehrfach dementiert und erklärt haben. Auch glaubt sie, meine Beziehung zu Morgan wäre der Grund für deren Trennung von Amber. Irgendwann haben wir einfach aufgegeben, ihr das zu erklären und Morgan hat wieder Spaß daran gefunden, Milly zu provozieren.
Es ist aber auch nicht einfach, da nicht zynisch zu werden, wenn von Milly oder Henry wieder eine Bemerkung kommt, nur weil Morgan und ich einander ansehen, oder gemeinsam lachen, oder sie mich einfach nur in den Arm nimmt.
Sie muss mich nicht mal küssen oder auf eine gewisse Art berühren, um die Empörung der beiden hervorzurufen.
Jolene kann ihren Mund auch nur selten halten, aber zu ihr will Milly keinen Bruch, weshalb sie die unterschwelligen Anmerkungen und Provokationen ihrer Tochter schnaubend hinnimmt.
»Ich habe meiner Mutter sehr deutlich gemacht, dass sie nie wieder dieses Thema ansprechen sollen. Vor allem nicht im Beisein unserer Kinder«, berichtet Jolene und füllt die Thermoskanne mit dem frisch gekochten Kaffee, während ich die Torte aus dem Kühlschrank nehme. »Und sollte ich mitbekommen, dass sie es doch tun, reiße ich beiden den Arsch auf und drehe sie auf Links.«
»Mama, das darfst du nicht sagen!«, tadelt Quinn sofort, die noch immer am Esstisch sitzt, jetzt aber aufsteht, um uns dabei zu helfen, das Gedeck für Kaffee und Kuchen nach draußen zu bringen, weil ich ihr auffordernd die ganzen Gabeln entgegenhalte.
Auch wenn ich ein wenig wegen Jolenes Aussage überrascht bin, muss ich doch schmunzeln und drehe mich ihr zu.
»Ich liebe es, wenn du so bist«, sage ich amüsiert und tätschle ihre Wange.
Jolenes Augenbraue hebt sich skeptisch. »Mordlustig?«
»Heroisch.« Nochmals schmunzle ich und gehe dann mit der Torte nach draußen. Gefolgt von Quinn und einer Jolene mit deutlich besserer Laune und der Kanne Kaffee in der Hand.

Jolene (+ Love)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt