[Sechs] - Viele Kinder, viele Sorgen

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Donnerstagmittag sitzen Naddy und ich mit Morgan zusammen in unserem Besprechungsraum und gehen die wirtschaftliche Situation von CaddySign durch, während wir nebenbei unser Mittagessen zu uns nehmen.
»Ist das euer Ernst?«, fragt Morgan ungläubig, als wir ihr von unserem Vorhaben berichten, CaddySign von BNS abzunabeln, nachdem sie uns bestätigt hat, wie stabil unser Unternehmen auf den Beinen steht und das der eigentliche Grund ist, wieso wir sie zu uns bestellt haben. »Jolene wird da nicht mitspielen.«
»Sie wird es müssen«, gebe ich resolut von mir.
Morgan bleibt skeptisch und sieht Naddy an. »Wieso habt ihr das vor?«
»War nicht meine Idee«, entgegnet diese, nickt zu mir und verschränkt die Arme vor der Brust, weshalb Morgan wieder mich ansieht und eine Augenbraue skeptisch in die Höhe zieht.
Frustriert schnaube ich, während ich versuche, meine Gefühle ein wenig im Zaum zu halten. »Wieso trägst du heute überhaupt eine Brille?«, frage ich zunächst pikiert, weil sie ganz genau weiß, wie sie auf mich wirkt, wenn sie diese trägt und dabei auch noch in ihrem figurbetonten Hosenanzug vor mir sitzt.
»Es tut mir leid«, sagt sie und schmunzelt ein wenig zynisch, »aber mein Augenlicht ist mir ein klein wenig wichtiger als dein Hormonhaushalt.« Um ihre Aussage zu symbolisieren, hält sie Daumen und Zeigefinger dicht zusammen und zwinkert mir zu. »Mir taten die Augen weh, deshalb habe ich die Kontaktlinsen rausgenommen«, fügt sie erklärend hinzu.
Nochmals schnaube ich, akzeptiere dies natürlich aber als Grund. »Ich will mit meiner Frau beruflich nichts mehr zu tun haben«, beantworte ich schließlich ihre Frage.
»Weiß Jolene auch schon von deiner Idee?«, fragt sie und sieht mich ernst an.
»Tut sie.«
»Und?«, hakt sie nach. »Erlaubt sie es?«
»Noch nicht.«
Nochmals sieht mich Morgan misstrauisch an, behält ihre Gedanken aber für sich. Ich erkenne, dass sie ebenfalls gegen diese Entscheidung ist, letztlich aber kein Mitspracherecht hat und es deshalb einfach hinnimmt.

Als ich das Vibrieren meines Handys bemerke, ziehe ich es aus meiner Hosentasche und raune missmutig. Wenn die Nummer der Schule im Display erscheint, bedeutet das selten etwas Gutes.
Die äußerst ernste Stimme der Direktorin bestätigt mir mein ungutes Gefühl, als sie von mir die sofortige Anwesenheit in der Schule verlangt. Warum genau, erzählt sie mir nicht, berichtet mir aber, dass diesmal alle drei Kinder involviert sind.
Das hingegen verwundert mich. Chester und Riley haben sehr oft Flausen im Kopf, dass aber Quinn beteiligt ist, macht mir dann doch Sorgen.
Seufzend lege ich wieder auf und sehe zu Morgan und Naddy. »Ich muss zur Schule.«
»Ich dann wohl auch«, sagt Morgan und hält ihr Handy nach oben, weil auch sie gerade von der Schule angerufen wird. Sie drückt den Lautsprecher und legt das Handy auf den Tisch, damit sie währenddessen ihren Salat weiteressen kann.
»Was haben sie wieder angestellt?«, fragt sie direkt und schiebt sich unbekümmert eine Gabel in den Mund.
»Das werden Sie sehen, sobald Sie hier sind«, antwortet die Direktorin mit strenger Stimme.
»Haben sie die Schule abgefackelt?«, will Morgan scherzhaft wissen, aber Mrs. Griffon verdeutlicht, sie sofort sehen zu wollen und legt einfach auf.
Jetzt ist dann auch Morgan verwundert und sieht mich an. »Ich schieße diesen Mistkerl zum Mond, sollte er wirklich die Schule abgefackelt haben«, knurrt sie dann und steht auf. »Und wenn mein Vermögen dabei drauf geht!«
»Ich fühle mich durch meine artige Tochter ein wenig ausgegrenzt«, frotzelt Naddy. »Aber ich bin auch froh, dass sich Leah von Riley nicht so mitziehen lässt. Ich hätte mich sonst längst erhängt.«
Dafür erhält sie von uns nur einen missbilligenden Blick, ehe Morgan und ich den Raum verlassen.

Gemeinsam fahren wir einmal von Süden nach Norden durch die Stadt. Während Morgan fährt, versuche ich, Jolene zu erreichen. Aber wie so oft klingelt es endlos, bis ich schließlich aufgebe.
Auf dem Parkplatz der Schule erkenne ich aber ihren Camaro und sehe, wie sie gerade aus dem Wagen steigt. In ihrem Gesicht einen so finsteren Ausdruck, den sie nur dann trägt, wenn sie überaus angepisst ist. Und er ändert sich auch nicht, als sie Morgan und mich auf sich zukommen sieht.
»Wieder die ganze Reid-Bande«, mutmaßt sie deshalb und schnaubt wütend, als Morgan das bejaht.
»Aber die Schule ist schon mal nicht abgefackelt«, kommentiert diese den Anblick des unversehrten Gebäudes und scheint äußerst erleichtert zu sein.
Als wir dann aber auch Jessica und Brandon ankommen sehen, verschwindet unsere Erleichterung und wir alle raunen hoffnungslos.
Wir überqueren den Parkplatz und steuern auf das Gebäude zu. Mein Magen zieht sich noch mehr zusammen, als ich dann auch andere Eltern sehe, die ebenfalls die Schule betreten und in Sorge scheinen. Mein Gefühl wird immer mulmiger; vor allem, weil auch sie das Büro der Direktorin ansteuern und aufgeregt wirken.
Mrs. Griffon steht schon bereit, um uns alle in Empfang zu nehmen. Immer noch mit strenger Stimme befiehlt sie uns, sie zu begleiten und wir folgen ihr über den breiten Gang geradewegs zur Kantine.

Jolene (+ Love)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt