Kapitel 63

25 6 0
                                    

Genau das tat ich am nächsten Tag. Ich brachte die Telekinesestunde mit Margarete hinter mich - Gott sei Dank schon die vorletzte Stunde mit ihr -, bevor ich sofort in den Keller hinabtrabte. Von Mattheus war weit und breit nichts zu sehen. Mann, den bekam ich wirklich gar nicht mehr zu Gesicht.

Einen Moment blieb ich unschlüssig an seinem Tresen stehen, aber er könnte überall sein. Im Archiv, bei Herrn Kopenau, zuhause. Es machte keinen Sinn hier auf ihn zu warten. Also begab ich mich in mein Beschwörerzimmer.

So furchtbar wie ich es mir zuletzt ausgemalt hatte, sah es gar nicht aus. Jonathan hatte Freitag schon fast alle verstreuten Gegenstände wieder an ihren alten Platz gestellt. Ich musste nur noch meine Lichterkette aufhängen, die Schublade in den Schreibtisch zurückschieben und den Erlenmeyerkolben wegräumen. Nachdenklich nahm ich das leere Gefäß in die Hand. Wohin damit? Verwahrte Mattheus es irgendwo im Archiv, für den nächsten spukenden Geist, den es einzufangen galt?

Da Mattheus bekanntermaßen momentan nicht auffindbar war, stellte ich den Erlenmeyerkolben erstmal wieder zurück auf die Tischplatte. Ich nahm frische Teelichter aus meiner Handtasche und arrangierte sie in einem ordentlichen Dreieck darum herum. Schon stand der nächsten Beschwörung nichts mehr im Weg.

Eigentlich.

Tatsächlich hatte ich nicht die geringste Lust, mich in absehbarer Zeit erneut von einem wütenden Geist als Punchingball missbrauchen zu lassen. Allein bei der Vorstellung sträubte sich alles in mir.

Instinktiv tastete ich nach der Beule an meinem Kiefer. Obwohl Bernds Hieb nun schon vier Tage zurück lag, zog immer noch ein fieses Stechen durch mein Kinn, sobald ich gegen die Prellung stieß. Sicherlich wäre es besser, erst alle Anzeichen meines letzten Geisterzusammentreffens abheilen zu lassen, bevor ich einen neuen beschwor. Nicht, dass er mich noch für eine Beschwörerin hielt, die auf ihre Geister einschlug. Das wäre sicherlich schädlich für unsere zukünftige Vertrauensbasis sein, was wiederum nicht akzeptabel war.

Sehr zufrieden mit dieser Entscheidung suchte ich die benachbarte Putzkammer auf. Sobald ich die Tür öffnete, traf mich beinahe der Schlag. Es war das pure Chaos. Regale türmten sich deckenhoch um mich herum auf, mit Fächern, die bis zum Anschlag vollgestopft waren. Krimskrams stand überall auf dem Boden herum. Der Pfad, der sich dort hindurch zum anderen Ende des Raumes schlängelte, verdiente diesen Namen gar nicht, so winzig war er. Zu allem Überfluss schlug mir der aufdringliche Geruch von Putzmitteln entgegen.

Fassungslos musterte ich die Unordnung. Jetzt verstand ich endlich, warum meine Mutter Angst hatte, wir könnten unsere Zimmer zu Sauställen verkommen lassen. Das sah wirklich schlimm aus.

Trotz der ganzen im Weg stehenden Gerätschaften entdeckte ich an der gegenüberliegenden Wand eine Trittleiter. Sehr gut. Genau das, was ich brauchte, um nicht wieder auf meinen Wackelstuhl steigen zu müssen.

In meinem Bemühen zur Leiter zu kommen stolperte ich erst über einen Wischmopp, dann über einen Eimerturm und schließlich über ein Bataillon Bodenreinigerflaschen. Meine Güte, ich hatte nie bedacht, was es für Folgen gehabt haben könnte, mein Zimmer auszuräumen. Offenbar hatte Mattheus alles, was vorher nebenan gestanden hatte, einfach hier hineingepresst. Wir sollten mal gründlich aufräumen. Brauchte man wirklich zwölf Flaschen Bodenreiniger?

Ich machte einen großen Schritt über zwei weitere Wischmopps hinweg, womit ich endlich die Trittleiter an der Wand erreichte. Ich packte sie und drehte mich um. Blinzelnd beäugte ich meinen vollgerümpelten Rückweg. Das würde mit der sperrigen Trittleiter nicht einfach werden.

Ich drückte mir das Teil an die Brust und schob mich langsam voran. Irgendetwas im Raum knarzte bedrohlich. Mist, das war bestimmt einer der Wischmopps. Hastig drängte ich vorwärts. Ich umrundete eine Reihe von Kehrblechen, setzte mit einem Hechtsprung über die Eimer hinweg und stürmte aus der Tür. Aufatmend schlug ich sie hinter mir zu. Polternd fiel etwas dahinter um.

Spuk im KellerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt