Kapitel 18

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„Ich bekomme gleich einen Krampf im Nacken", murrte ich.

„Du sollst nur dein Gehirn anstrengen, nicht deine Schulterpartie."

„Du hast leicht reden. Du sitzt vor mir und liest in einer Zeitschrift!" Anklagend sah ich von meiner Spiralfeder auf.

Mein nächster Telekineseunterricht war viel zu schnell gekommen. Zack. Einmal die Augen zugeschlagen, schon hatte der Freitag angestanden.

„Es reicht, wenn sich einer von uns quält", antwortete Jonathan lapidar.

„Wie soll ich Motivation für diese öden Telekineseübungen aufbringen, wenn du mit jeder Zelle Langeweile ausströmst? Ich dachte, du würdest die Zeit hier nicht vergeuden wollen. Ich dachte, du würdest mir helfen. Mich unterstützen."

„Die erste Phase der Telekinese kann man nur alleine erreichen." Genervt schlug er die Zeitschrift zu. Interessantes Cover. Ich musste Tabitha unbedingt erzählen, dass mein Lehrer ein Hobbyheimwerker war. Wo wir uns doch gerade erst über das Heimwerkertum unterhalten hatten.

Ach, nein.

Natürlich konnte ich nicht mit Tabitha über Jonathan sprechen. Er war schließlich mein Lehrer in Telekinese.

„Ich kann nicht in deinen Kopf greifen. Die richtige Konzentration für Telekinese musst du schon selbst finden. Sobald du das erreicht hast, kann ich dir weitere Tipps und Hinweise geben. Bis dahin..."

„Bin ich vollkommen auf mich allein gestellt. Herzlichen Dank auch."

„Du musst dich entscheiden, April", fuhr er mich an. „Wenn ich dir zuschaue, ist es dir nicht recht, wenn ich mich abwende, ist es dir auch nicht recht. Also, was willst du?!"

Hm. Da war was dran. Ich erinnerte mich dunkel daran, ihn beim letzten Mal zusammengestaucht zu haben, weil er mich beim Konzentrieren beobachtet hatte.

Natürlich würde ich das nicht zugeben.

„Ich will eine angenehme Arbeitsatmosphäre"; entschied ich schließlich. „Wenn du mich vernichtend anstarrst, lenkt mich das ab. Wenn du ungeduldig in dieser Zeitschrift blätterst, nervt mich das. Kannst du nicht irgendeine Position finden, in der du mal positive Gefühle ausstrahlst?"

Jonathans Miene verfinsterte sich. Wow, anscheinend steuerten wir direkt auf die nächste Folge von ‚Jonathan und April gehen einander an die Gurgel' zu. „Konzentrier dich einfach auf diese Feder."

„Ich kann mich nicht auf die Feder konzentrieren, wenn du ständig schlechte Stimmung verbreitest!"

Jonathan sprang auf. Beunruhigt hielt ich nach angreifenden Schatten Ausschau. Stattdessen packte er mich an der Schulter. „Komm mit. Wenn dir hier drinnen die Decke auf den Kopf fällt, gehen wir eben woanders hin." Er schnappte sich mein Telekineseobjekt und zog mich aus dem Zimmer.

Ich war zu perplex, um mich gegen seinen Griff zu wehren. „Wohin gehen wir?"

„Das siehst du dann."

„Ständig diese Geheimniskrämerei", murmelte ich missgelaunt. „Das ist auch so eine Sache, die mich nervt."

Wortlos zerrte Jonathan mich über den Flur. Vor dem großen Sitzungssaal ließ er mich los. Er drückte die dicke Tür auf und schubste mich hinein.

Ich blieb vor der äußersten Reihe des Stühlerechtecks stehen. Abgesehen von uns beiden war der Raum verlassen. Es herrschte absolute Stille. Die blau gepolsterten Stühle harrten der nächsten Versammlung. Die holzvertäfelten Wände verströmten den Eindruck von Wichtigkeit. „Hier soll ich meine Übungen machen?"

Spuk im KellerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt