Kapitel 6

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Mit grummelndem Magen, schnappe ich mir ein Tablett und laufe gezielt auf meine Lieblings Muffins zu. 

Als ich näherkomme, sehe ich das nur noch ein einziger Muffin übrig ist, und da das andere Essen unserer Cafeteria heute absolut ungenießbar aussieht, beschleunige ich meinen Gang. 

Gerade strecke ich meine Hand aus um nach dem Muffin zu greifen auf den ich mich schon den ganzen Tag gefreut habe und der sehnsüchtig von meinem Magen erwartet wird, doch jemand kommt mir zuvor. 

Ich erkenne die Hand die wenige Tage zuvor sanft über meinen Oberschenkel gestreichelt hat. So sanft, dass mein Körper in diesem Moment jeden negativen Hintergedanken den ich ihm und seinen schönen, großen und starken Händen gegenüber besessen habe, durch ein angenehm brennendes kribbeln ersetzt hat.

Eine unglaublich große Welle von Wut durchströmt meinen Körper, also mache ich eine Satz nach vorne und boxe Julien mit all meiner Kraft in die Seite. Beinahe fällt ihm mein Muffin aus den Händen auf den Boden. „Du bist so ein Arschloch Julien.", werfe ich ihm dann ein wenig emotionsvoller entgegen als ich es eigentlich vorhatte.

Während ich diesen kurzen Satz sage, spüre ich wie meine Stimme beinahe bricht und sich meine Augen mit Tränen füllen. Angestrengt versuche ich diese zurückzuhalten, da ich mir ziemlich hysterisch und dramatisch vorkomme. Doch ich weiß genau, dass mir das sehr schwerfallen wird, da ich jeden Moment einen dummen Kommentar von Julien erwarte.

„Chill. Ist doch nur ein Muffin."

Wie konnte mir das passieren. Er hat Recht, es ist nur ein Muffin. Warum sorgt so eine kleine Tat von ihm für so einen emotionalen Ausbruch meines Körpers? Was mach dieser Junge mit mir, dass er mich mit einer so kleinen Sache komplett aus der Fassung bringen kann.

Wie ein verloren gegangener Welpe stehe ich regungslos einfach nur da. Julien befindet sich nach wie vor, mit dem Muffin in der Hand neben mir. Ich spüre seinen Blick auf mir, traue mich aber nicht ihn anzusehen. Denn dann würde der entscheidende Stein aus meiner Mauer herausgerissen, und diese somit zu Fall gebracht werden.

Juliens Blick ist aber leider nicht der einzige der auf mich gerichtet ist. Einige der anderen Schüler haben sich in Zwischenzeit umgedreht und scheinen auf uns aufmerksam geworden zu sein.

Daher bin ich umso erleichterter als ich Noah sehe, der mit besorgtem Blick und zügigen Schritten auf uns zu kommt. Im nächsten Moment, wäre ich aber froher gewesen wäre Noah nicht hier.

Denn er motzt seinen Bruder an. Was an sich ja etwas ganz Normales ist, Noah und Julien beleidigen sich oft, keine Frage. So wie alle Geschwister das nun mal tun. 

Doch Noah hat noch nie eine Beleidigung gegen Julien ernst gemeint. Er schaut zu ihm auf wie ein Gott, seit wir uns kennen. Seitdem wollte er immer sein wie Julien. Natürlich heißt Noah Juliens Machenschaften mit Mädchen nicht gut, aber im Großen und Ganzen ist Julien sein Vorbild und das ist er auch schon immer gewesen. Darum erschreckt es mich umso mehr, dass er vor der gesamten Cafeteria solche Worte gegen seinen Bruder loslässt.

„Lass sie doch einfach in Ruhe Julien. Du bist so ein Arschloch und musst es immer auf die Spitze treiben. Mach das mit den Schlampen die an dir hängen wie Kaugummi, aber nicht mit Olivia."

Ich habe es immer hingenommen, dass er Julien so anhimmelt. Klar fand ich es nicht gut, aber ich habe selbstverständlich nie etwas dagegen gesagt, da dadurch das Verhältnis der beiden viel stärker geworden ist, als es das wäre, wenn Noah denken würde, sein Bruder wäre ein Arschloch, was er zwar ist, aber zum Glück nicht in den Augen von Noah. Zumindest bisher.

Plötzlich spüre ich seine Hand auf meinem Rücken die mich sanft umdreht und zum Ausgang der Cafeteria führt.

„Alles gut? Es tut mir so leid. Mein Bruder ist einfach scheiße."

„Naja so schlimm war es jetzt auch nicht. Alles gut Noah, es ist ja nicht so als wäre es etwas Neues wäre, dass dein Bruder so ein verhalten a den Tag legt. Außerdem kannst du ja nichts dafür, also gibt es nichts wofür du dich entschuldigen müsstest.", krächze ich, als ich mich wieder halbwegs gefasst habe.

Besorgt sieht er mich an. Seine Augen sind ebenfalls grün, jedoch nicht so intensiv wie die seines Bruders. Innerlich Ohrfeige ich mich dafür, dass ich schon wieder an Julien gedacht habe.

Noah sagt nichts. Er sieht mir einfach nur in die Augen. 

Ich weiß nicht was ich mit der Situation anfangen soll, daher stupse ich ihn an der Schulter, was ihm ein leichtes Lachen entfahren lässt. Dann deute ich in die Richtung des Flurs, der zum Kassenraum führt, in dem in wenigen Minuten unsere nächste Unterrichtsstunde stattfinden würde. 

My Heart beats fasterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt