Der Rest des Eislaufens lief eigentlich ziemlich wie immer ab. Noah schien vergessen zu haben was passiert ist und verhielt sich wieder ganz normal.
Gerade als wir unsere Schlittschuhe ausziehen und sie am Ausleihschalter wieder abgeben, klopft mir von hinten plötzlich jemand auf die Schulter.
Als ich mich erschrocken umdrehe stelle ich fest dass es Connor – der Kapitän der Eishockeymannschaft unserer Schule – ist.
„Wenn das nicht die kleine von Julien ist.", sagt er mit einem Grinsen zum kotzen auf seinen Lippen. Seine Stimme hat einen neckenden, arroganten Unterton, wie man es von einem Eishockeyspieler und noch viel wichtiger, Juliens Freund, nicht anders erwarten würde.
„Die bitte was ?!", fragen Noah und ich synchron. Was hatte er da gerade gesagt? Wut kocht in mir auf und ich balle meine Hände zu Fäusten um zu verhindern, dass ich mich auf Connor und sein dämliches Grinsen stürze und ihm ins Gesicht schlage.
Was fällt ihm ein? Und wie kam er überhaupt darauf? Keiner wusste von Julien, mir und geschweige denn von unserem Kuss, unserer Nähe zueinander – oder wie zum Teufel man das, was zwischen uns passiert war, sonst bezeichnen sollte.
Connor beginnt zu lachen und sein Grinsen wurde nur noch breiter. Seine dunklen und dichten Augenbrauen ziehen sich vor Belustigung förmlich zusammen. „Komm runter du kleiner Pitbull. Es ist doch nur dein Bruder, er wird ihr schon nicht wehtun." Einen Moment lang bin ich verwirrt, bis ich verstehe das seine Worte nicht an mich, sondern an Noah gerichtet waren. Dieser hatte sich neben mir zu seiner vollen Größe aufgebaut und – genau wie ich – ebenfalls die Hände zu Fäusten geballt. Sein Gesichtsausdruck schäumt nahezu vor Wut. Ich blicke wieder zu Connor und in seinem Gesicht scheint sich etwas zu tun als er, zu meinem Bedauern, wieder den Mund öffnet.
„Achsooo. Jetzt verstehe ich's. Du bist selbst scharf auf sie! Jetzt macht es Sinn. Kopf hoch kleiner, leg dich in Zukunft einfach nicht mehr mit deinem Bruder an, wenn du sowieso weißt, dass du den Kürzeren ziehst." Was? Jetzt verstehe ich gar nichts mehr. Ich wende mich Noah zu, der so aussieht als wäre er kurz davor zu platzen. Seine Wangen waren rot gefärbt und er biss sich auf die Unterlippe. Mit Wut im Blick starrte er Connor an und setzte mehrmals zur Sprache an. Doch da kamen keine Worte.
„Naja. Wir machen uns dann mal auf den Weg zur Eisbahn. Seht ihr die heißen Mädels da drüben?" Connor deutet mit einem Nicken zur anderen Seite der Eisbahn, wo eine kichernde Mädchengruppe in allen pastellfarben gekleidet an der Bande steht. Als er von uns keine Antwort bekommt, dreht er sich um und stolziert auf die Mädchen zu.
„Gehen wir." Noah's stimme ist heiser und kratzig. Ohne ein weiteres Wort läuft er los. Auf dem ganzen Weg sind wir nur stumm nebeneinander hergelaufen. Doch nach 15 Minuten des Schweigens halte ich es nicht mehr aus und frage ihn schließlich.
„Noah? Was meinte Connor vorhin? Und warum hast du nichts darauf geantwortet?" Er bleibt abrupt stehen und ich stoße beinahe gegen ihn als ich ebenfalls stehen bleibe. Noah wendet sich mir zu, mit seinen großen glasigen Augen, sieht er mir direkt ins Gesicht. Ich muss nach oben schauen um ihn ebenfalls anzusehen. Mir ist noch nie aufgefallen wie groß er mittlerweile ist.
Er hebt eine Hand und fährt sich damit durch die Haare. Wie vorhin in der Eishalle öffnet er ein paarmal den Mund, sagt jedoch nichts. Ermutigend berühre ich sanft seinen Unterarm und sehe ihn fragend an. Ich lasse meine Hand an seinem Arm herunter in die seine gleiten und merke, wie er kurze Zeit später mit seinem Finger sanft über meinen Handrücken streichelt.
„ Ich ähm.", setzt er nun endlich doch zur Sprache an. „Ich weiß nicht wie ich das jetzt erklären soll. Ich weiß nicht einmal ob ich das überhaupt möchte. Ich meine unsere Freundschaft soll nicht kaputt gehen, weil sie wirklich alles für mich ist und du dich außerdem sehr sicher für Julien entscheiden würdest, genau wie Connor gesagt hat und dann verletzt er dich und du kommst nicht mehr zu uns nach Hause, und..." „Hey, hey mach mal halblang. Was redest du da eigentlich?", als ich meinen Blick auf unsere Hände senke, merke ich, dass seine wie verrückt am zittern sind und in seiner Körperhaltung nichts als Nervosität und beinahe sogar Angst zu erkennen ist. „Mir ist egal was Connor sagt und das sollte es dir auch sein." Ich versuche es mit einem Lächeln. „Und was meinst du damit, dass unsere Freundschaft kaputt gehen würde?" „Liv, ich, ich glaube ich habe mich in dich verliebt. Ich weiß nicht wieso, aber es ist irgendwie anders zwischen uns seit einiger Zeit. Ich werde immer nervös wenn ich in deiner Nähe bin und du fehlst mir unglaublich wenn du nicht bei mir bist. Wir haben in den letzten Wochen fast gar nichts gemeinsam unternommen und du hast irgendwie immer ziemlich... wie soll ich sagen – abwesend gewirkt. Ich wusste nicht ob ich etwas falsch gemacht habe oder so aber irgendwie hatte ich das Gefühl du bist sauer auf mich oder so etwas." Mir steige bei seinen Worten Tränen in die Augen. Wie konnte ich so dumm sein? Ich hätte es merken müssen. Hätte für ihn da sein müssen, so wie er es immer für mich ist. Doch ich hatte mich nur von ihm abgewendet und lieber mit seinem Arschlochbruder rumgemacht und meine Zeit verschwendet. „Nein Liv, warum weinst du denn?" Noah hebt seine Hände an mein Gesicht und umschließt meine Wangen, während er mir mit dem Daumen eine Träne wegwischt. Genauso wie es wenige Wochen zuvor Julien getan hatte. Ich muss noch mehr weinen. „Ich will dich nicht zum weinen bringen. Und es ist auch überhaupt nicht schlimm wenn du nicht das gleiche empfindest. Wir bleiben Freunde und machen einfach so weiter wie davor – natürlich nur wenn du das willst." Mein Herz begann wie verrückt zu schlagen und Schuldgefühle und Panik bahnen sich ihren weg in meinen Kopf. „Das, das ist es nicht." Ich weiß nicht was mich reitet, dass ich das jetzt tue doch ich kralle meine Hände in Noahs Jacke und ziehe ihn zu mir. Es ist ein sanfter und Gefühlvoller Kuss. Ich kann Noahs Schock förmlich von seinen Lippen ablesen, doch nach ein paar Sekunden entspannt er sich und lehnt sich in den Kuss. Er umfasst mit seiner Hand meinen Hinterkopf und er streicht mir durch die Haare. So wie Julien.
Ich spüre wie er in den Kuss hineinlächelt. Ich zerre an einer Jacke um ihn näher an mich zu ziehen und wieder die Hitze zu verspüren die ich bei meinem Kuss mit Julien gefühlt hatte. Meine Zunge drängt verzweifelt gegen seine Lippen, die er nach wie vor geschlossen hält, um Einlass in seinen Mund zu bekommen. Ich hebe meine Hand an seine und platziere sie an meinem Kinn. Er schiebt mein Kinn ein wenig nach oben und öffnet schließlich seinen Mund für mich. Doch als unsere Zungen sich treffen spüre ich keine Hitze. Kein Verlangen danach jeden Zentimeter seines Mundes zu erkunden oder niemals mehr etwas anderes zu tun als ihn zu küssen. Mein Kopf ist am Rattern, als Noah schließlich seinen Mund von meinem löst. „Alles gut?" flüstert er an meine Lippen und gibt mir noch einen schnellen Kuss. Als ich nichts sage, spricht er weiter. Seine Augen strahlen. „Wow. Das war... unerwartet. Also nicht, dass der Kuss schlecht war, er war toll. Es war perfekt." Er legt seine Stirn an meine und lächelt so breit, dass mir das Herz zu brechen droht.
Vielleicht soll Liebe sich ja genau so anfühlen. Ruhig und entspannend. So war Noah nun mal. Ich kann ihn nicht küssen und ihm dann sagen, dass ich Gefühle für seinen dämlichen Bruder entwickelt habe. Außerdem will ich ihn nicht verletzen. Ich werde ihm niemals das Herz brechen. Nicht das Herz dass ich gerade an meiner Brust fühlen kann, und das wie verrückt schlägt.
Ich hebe den Kopf, streiche mit meinem Handrücken über seine knallrote Wange und ziehe ihn wieder zu mir herunter.
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My Heart beats faster
Romance"Theres nothing I hate more than what I can't have" ~ Taylor Swift In Olivias Leben läuft alles hervorragend. Ihre Noten sind gut und sie hat einen tollen besten Freund, der immer für sie da ist. Doch es gibt jemanden der alles auf den Kopf stellt...