❞ 𝘁𝗮𝗴 𝗲𝗶𝗻𝘀 ❝

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Mein Großvater sagte mal: ,,Das Leben ist wie, wenn man auf Sand läuft: an manchen Stellen sinkt man mehr ein als an anderen. Aber einfach durchlaufen geht niemals."

Mein achtjähriges Ich hat das nicht verstanden. Aber jetzt, zehn Jahre später, klingt das für mich mehr als einleuchtend.

Ich schlender am Strand entlang. Nah am Wasser, aber so, dass die Wellen mich nicht erreichen. Das Meer ist faszinierend. Mit all den Farben und Gestalten, dass es annehmen kann. Manchmal ist es schwarz und aggressiv, manchmal grün und ruhig und manchmal leuchtet das Wasser in einem wunderschönen blau und wirkt träge und müde.

Lange bin ich hier nicht mehr entlanggegangen. Jahre vergehen schnell. Umso älter man wird, umso bewusster wird es einem. Eine Traurige Wahrheit, finde ich, das vergehen der Zeit.

Mein Blick schweift zu den Felsen vor mir. Sie trennen diese Bucht zu der, die sich hinter den riesigen Steinen verbirgt. Ich überlege nicht lange und klettere darüber.

Als erstes erkenne ich sie nicht, aber als ich wieder den Sand unter meinen Füßen spüre und genauer hinsehen, erstarre ich. Ein Mädchen. Die dünnen, fast zerbrechlich wirkenden Arme, hängen ihren Körper hinunter, die wunderschönen, schlanken Beine, stehen zur Hälfte im Wasser und ihre langen braunen Haare, welche von einem rosanen Band zusammengehalten werden, wehen im Wind.

Sie steht mit dem Rücken zu mir. Wahrscheinlich weiß sie nicht, dass ich sie beobachte. Dass sie nicht alleine ist. Obwohl sich hier normalerweise keine Menschenseele hin verirrt. Vielleicht kann ich deswegen den Blick nicht von ihr lassen. Weil sie hier steht. Im Wasser. Alleine.

Ich weiß nicht, was mit mir los ist, ich weiß nicht warum ich gerade laut "Hey!" rufe und ich weiß nicht, warum ich am liebsten wegrennen möchte. Sie ist nur ein Mädchen. Stell dich nicht so an, Matthew!

Sie blickt über die Schulter, dann schaut sie wieder zurück auf das Wasser. Ähm...okay?

Vielleicht möchte sie nicht reden...Gegen meinen Willen bewegen sich meine Beine auf sie zu. Bald stehe auch ich bis zu den Knien im Wasser. Meine Schuhe, die ich in der Hand getragen habe, liegen am Strand und ich stehe hier. Neben einem Mädchen, das ich nicht kenne.

,,Hey," sage ich nochmal.

,,Hallo."

Ihr Stimme ist sanft. Klingt wie eine Melodie des Windes. Wie die Saite einer Harfe, die leicht angezupft wird und einen himmlisch süßen Ton von sich gibt. Sie klingt wie Schneeflocken, die langsam vom Himmel auf die Erde tanzen. Ich schmunzel.

,,Ich bin Matthew. Wie ist dein Name?"

,,Ilayda."

Ein einziges Wort. Ein einziger Name. Und doch so wunderschön.

wellenschlagWo Geschichten leben. Entdecke jetzt