Kapitel 8

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~ Ethan ~

Nachdem ich Olivia's besten Freund die Nase gebrochen hatte, machte ich mich schnell aus dem Staub. Nicht aus Angst, sondern einfach um weitere Probleme zu vermeiden.
Ich wollte nicht, dass jemand herausfindet, dass ich es war, der die Prügelei verursachte, denn hätte jemand erkannt, dass ich das gewesen bin, würde bald ganzes Texas darüber wissen.
Ich konnte mir schon vorstellen, wie es in jeder Zeitung heißen würde: "Der Sohn des reichsten Mannes in Texas verprügelt einen Jungen!"
Das wäre definitiv nicht gut gewesen.
Vor allem nicht für meinen Vater.

Ich fuhr zu einem verlassenen Hotel-Parkplatz. Ein Ort, den ich oft aufsuchte, wenn ich alleine sein wollte.
Inzwischen wusste ich, dass es Olivia nicht gut ging und es war an der Zeit ihr zu schreiben.

Hey, Olivia. Wie geht es dir?

Als ich sah, wie dieser Typ sie fest am Arm hielt und sie panisch versuchte sich aus seinem Griff zu befreien, kochte Wut in mir hoch. Vielleicht mag ich ein Arschloch sein, aber ich konnte unmöglich zusehen, wie jemand eine Frau misshandelt und erst recht nicht Olivia.
Ich glozte mit einem leeren Blick auf mein Handy und wartete auf eine Antwort von Olivia. Würde da überhaupt eine kommen?
Aber bereits wenigen Sekunden später, spürte ich mein Handy vibrieren. Olivia...

Wie es mir geht? Du hast meinem besten Freund die Nase gebrochen! Warum hast du dich überhaupt eingemischt?

Ich atmete tief durch.
Sie machte mich Wahnsinnig.
Statt mir zu danken, dass ich sie davon gerettet habe, war sie sauer auf mich?
Genau deshalb, wollte ich keine Beziehung mit ihr eingehen. Sie war eine undankbare Zicke.
Vor lauter Emotionen schrieb ich ihr zurück:

Du bist doch echt nicht normal im Kopf. Er hätte dich vielleicht noch verprügelt, wäre ich nicht da gewesen. Aber vielleicht stehst du ja auf sowas, würde mich nicht wundern.

Abgesendet.
Fuck.
Das hätte ich vielleicht nicht so schreiben sollen.
Ich drückte auf die Nachricht, in der Hoffnung, ich konnte sie noch löschen, bevor es Olivia erreicht.

Ich wünschte, ich hätte dich niemals getroffen, Ethan.

Ich las ihre Nachricht wieder und wieder, schon zum dritten Mal in Folge.
Es war einfach unfassbar.
Ich hätte nie gedacht, dass jemand mir je so wehtun könnte, so wie sie es gerade mit ihrer Nachricht tat. In diesem Moment war ich nicht mehr der eiskalte Ethan, der sich um andere nicht scherte.
Plötzlich spürte ich diesen Schmerz, den ich normalerweise anderen zufügte. Den Schmerz, den mir Olivia zugefügt hatte.

~ Olivia ~

Kurz nach dem Vorfall mit der Schlägerei meldete sich Ethan bei mir, was in diesem Moment eine dumme Entscheidung von ihm war.
Ich war immernoch völlig überwältigt von der gesamten Situation und sehr verwirrt.

Ich meine, wahrscheinlich hätte jeder anständiger Mann so reagiert, wenn er gesehen hätte, wie eine Frau misshandelt wird. Aber Ethan hatte Noah so heftig ins Gesicht geschlagen, dass er seine Nase gebrochen hatte. Also wie viel Wut steckte in ihm drin, dass er so stark zuschlug?
Und dann dieser Satz danach - "Wenn du sie noch einmal anfasst, hacke ich dir deine beiden Hände ab."
Was sollte das bedeuten?
Niemand würde so reagieren, wenn ihm die Person nicht wichtig wäre. Also bedeutete ich Ethan etwas?
So viele Fragen wirbelten in meinem Kopf herum, aber keine bekam eine klare Antwort.

Ich antwortete auf Ethans Nachricht in der falschen Art und Weise.
Er hatte recht, ich hätte mich zumindest bei ihm bedanken sollen, aber dennoch war ich wütend auf ihn, weil er sich nicht hätte einmischen sollen.
In meiner Nachricht schrieb ich, dass ich wünschte, ich hätte ihn nie getroffen, aber tief in mir wusste ich, dass das nicht stimmte.
Wir hatten keine besondere Beziehung, wir waren nicht verliebt oder so, aber da war etwas, das uns zueinander hinzog. Ich wusste, dass Ethan das genauso spürte.

Den Streit mit Ethan versuchte ich jedoch aus meinem Kopf zu verbannen. Ich hoffte, dass wir das klären könnten, besonders da wir jeden Tag zusammenarbeiten mussten.
Meine Gedanken kreisten eher mehr um Noah und das, was mit ihm passiert war.
Noah hätte sich niemals so verhalten.
Als ich an die Drogen und den schlechten Einfluss dachte, von dem seine Mutter mir erzählt hatte, wusste ich, dass ich etwas unternehmen musste.

Obwohl ich innerlich immer noch völlig zerrissen war, besuchte ich Noah noch am selben Tag, gleich nach der Arbeit.
Ich hatte erwartet, dass seine Mutter mir die Tür öffnen würde, aber stattdessen stand Noah selbst vor mir.
Er wirkte völlig geschockt, als würde er einen Geist sehen.
Im Vergleich zu seinem Zustand vor vier Stunden, als er vor meinem Arbeitsplatz randalierte, sah er schon etwas besser aus.
- Olivia... - kam leise aus seinem Mund.
Ich betrat unsicher seine Wohnung und schloss die Tür hinter mir.
Noah starrte mich immer noch an, und ich beobachtete ihn auch genau, um sicherzustellen, dass er wirklich wieder nüchtern war. Ich wollte ja nicht, dass er auf irgendeinem Zeug drauf war und sich erneut auf mich stürzen würde.
Stattdessen bemerkte ich, wie seine Augen feucht wurden, und er kniete sich vor mir nieder.
- Was machst du? - fragte ich verwundert.
- Es tut mir so unendlich leid. Ich habe so viele Fehler gemacht, aber nichts bereue ich so sehr wie das, was ich dir heute angetan habe. Ich brauche Hilfe, Liv.

Tränen strömten über meine, und auch seine  Wangen.
In diesem Moment wusste ich, dass die Person vor mir, der wahre Noah war, mein bester Freund. Nicht die Person, die mich heute angegriffen hatte. Die Drogen hatten ihn verändert, und ich wusste, dass ich ihm helfen musste.

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Hallo ihr Süßen ❤️
Heute ein ganz kurzer Kapitel, da ich diese Woche leider kaum Zeit hatte, irgendwas zur schreiben.
Ich verspreche, dass am Montag ein längeres Kapitel kommt. Seid gespannt 🤩

Measure of time  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt