Kapitel 17

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~ Olivia ~

"Sharing my heart, it's tearing me apart,
but i know i'd miss you, baby, if I left right now..."
Das Lied spielte bereits zum vierten Mal.
Ich hatte es in Dauerschleife gestellt und hörte es immer wieder, weil ich den Text einfach zu sehr fühlte.
Denn ich wüsste, dass wenn ich Ethan komplett aus meinem Leben verbannen würde, würde es mir das Herz zerreißen.
Schon beim unserem „ersten Streit", und an diesem Zeitpunkt war unsere Verbindung noch nicht mal so tief wie jetzt, fühlte ich mich dermaßen schlecht.
Aber jetzt war die Situation auch anders.
Wie konnte ich es zulassen, unsere Verbindung zu vertiefen, wenn ich überhaupt kein Vertrauen mehr zu ihm hatte?
Wir hatten seit drei Tagen kein Wort gewechselt, keine Nachricht, nichts. Und ich konnte immer noch keine Entscheidung treffen, ob ich ihm eine Chance geben sollte oder nicht.
Vielleicht brauchte ich doch noch etwas mehr Zeit...

Gerade endete das Lied "Softcore" von The Neighbourhood, als ich ein leises Klopfen an meiner Tür hörte.
Die Tür öffnete sich, und Noah kam herein.
Er hatte vorhin am Telefon erwähnt, dass er eine Idee hatte, um mich ein wenig abzulenken. Also ließ ich mich einfach darauf ein, denn nach drei Tagen völliger Isolation von anderen Menschen und depressiver Musik hatte ich langsam keine Lust mehr.
- Ich habe eine Überraschung für dich - sagte er aufgeregt, als er die Tür hinter sich schloß.
Mein Gesichtsausdruck verzog sich zu einem skeptischen Lächeln.
Ich hasste Überraschungen, besonders wenn sie von Noah kamen. Denn obwohl ich ihn liebte, endeten seine Überraschungen immer katastrophal.
- Ja, nein, danke - versuchte ich so höflich wie möglich zu wirken.
Noah runzelte die Stirn und warf mir einen Blick zu, der so viel sagte wie "Jetzt hör doch auf."
- Ja, ich weiß, die letzte Überraschung mit dem Gutschein für Bungee-Jumping, obwohl du Höhenangst hast, war nicht gerade der Knaller, aber diese wird dir gefallen - erwiderte er.

Zunächst war ich skeptisch, ob ich mir das wirklich antun wollte. Doch als ich sah, wie aufgeregt Noah war, wollte ich ihm diese Freude nicht verderben und beschloss für mich, einfach die Klappe zu halten und ihn machen zu lassen.
- Wir müssen aber in einer halben Stunde losfahren. Also, auf geht's! - fügte er hinzu und gestikulierte mir mit den Händen, dass ich mich beeilen sollte.

Ohne viel Zeit zu verlieren, machte ich mich fertig, während Noah unten im Wohnzimmer auf mich wartete und sich mit meinen Eltern unterhielt.
Er hatte mir keinerlei Hinweise gegeben, wohin wir gehen würden, also wusste ich auch nicht wirklich, wie ich mich anziehen sollte.
Schließlich entschied ich mich für eine normale, hellblaue Jeans und eine weiße Bluse, bei der ich ganz oben drei Knöpfe offen gelassen hatte.
Es war nicht zu basic, aber auch nicht zu schick – genau das richtige Outfit.
Dazu trug ich nur Wimperntusche, Concealer und ein wenig Blush auf.
Es musste alles ganz schnell gehen, also als ich der Meinung war, einigermaßen gut auszusehen, ging ich nach unten, wo mein bester Freund und meine Eltern bereits warteten.
Alle drei lächelten mich an.
- Sie soll bitte vor 22 Uhr zuhause sein, Noah - zwinkerte mein Papa uns beiden zu, als er versuchte streng zu klingen.
Ich wusste aber, dass es nur halbherzig gemeint war. Mein dad liebte Noah und hatte sogar vor längerer Zeit versucht, uns zu verkuppeln.
Zum Glück hat das nicht funktioniert.
Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, in einer romantischen Beziehung mit ihm zu sein.

Wir verabschiedeten uns von meinen Eltern, und stiegen in Noah's Auto ein.
Die Spannung lag förmlich in der Luft, während ich die ganze Zeit versuchte, meinen besten Freund zu necken, um wenigstens einen kleinen Hinweis auf unser Ziel zu bekommen. Aber Noah blieb hart und wollte mir nichts verraten.
Jedoch war ich froh, dass mein Kopf wenigstens für einen kurzen Moment mit etwas anderem als mit Ethan beschäftigt war. Auch wenn es nur kurz war, denn ich konnte diesen Jungen glaube ich nie wieder komplett aus meinem Kopf wegbekommen.

~ Ethan ~

- Wir haben vor kurzem eine Fusion abgeschlossen, und wollten einen neuen Projekt starten - die Worte meines Vaters verschwammen im Rauch des Zimmers, während der Duft seines Whiskeys meine Nase erreichte.
Das Meeting mit meinem Vater und seinem Kooperationspartner war gerade erst gestartet, doch mein Interesse hatte bereits den Tiefpunkt erreicht. Früher hatte es mich fasziniert, die Geschäfte meiner Familie zu verstehen, vor allem, weil ich wusste, dass ich sie eines Tages übernehmen würde.
Aber seit dem Gespräch mit Olivia konnte ich nicht aufhören, darüber nachzudenken, ob das wirklich meine Bestimmung war. Die Frage nagte an mir, ob es nicht Zeit war, etwas Neues zu erkunden...
Doch natürlich, würde ich das meinen Eltern niemals sagen, also verbarg ich meine Gedanken hinter einem Pokerface und zwang mich, so zu tun, als ob mich das Meeting interessierte.

Ich stand auf und korrigierte meine Krawatte mit einer routinierten Handbewegung, während ich mich vom Tisch entfernte.
- Ich bin gleich wieder da - sagte ich höflich, und lief zielstrebig zum Ausgang des Restaurants.
Draußen angekommen, stellte ich mich zur der Säule mit dem Aschenbecher. Ich griff in die Innentasche meiner Anzugjacke, und holte eine Zigarette, die ich bedächtig zwischen meine Lippen klemmte, bevor ich sie anzündete.
Der Rauch erfüllte meine Lungen und ich spürte, wie mit jedem Zug die Anspannung von mir abfiel.
Es war beinahe ironisch, wie ich versuchte, mit einer Schachtel Zigaretten meine Gedanken zu betäuben, während meine Gefühle für Olivia wie ein unruhiger Sturm in mir tobten.
Die Enttäuschung in ihren Augen, als sie von der Sache auf der Party erfuhr, hatte mir das Herz zerrissen, und ich konnte nicht aufhören, an sie zu denken. An uns zu denken.
Ich gab ihr Zeit und Abstand, wie sie es auch wollte, aber in Wirklichkeit konnte ich nicht aufhören, ihre sozialen Medien zu durchsuchen, in der vagen Hoffnung, dass sie mir schreiben und verzeihen würde.
Eins konnte ich auf jeden Fall nicht mehr leugnen: Mein Herz gehörte Olivia, und das bereits seit dem ersten Moment, in dem ich sie sah.

Während ich meinen Moment der Ruhe genoss, bemerkte ich zufällig ein Mädchen, das aus einem Auto ausstieg. Da es bereits dunkel war und sie mit dem Rücken zu mir stand, konnte ich nicht viel von ihr erkennen, dennoch kam es mir so vor, als würde sie ein wenig wie Olivia aussehen.
Oder bildete ich mir das nur ein, in der Hoffnung, sie irgendwie hier zu finden?
Ich seufzte frustriert und machte einen letzten Zug von meiner Zigarette, bevor ich sie im Aschenbecher ausdrückte.
Was war nur los mit mir, dass ich überall, in jedem Mädchen mit kurzen, kupferroten Haaren, Olivia zu sehen meinte?
Entschlossen knöpfte ich meine Anzugsjacke wieder zu und drehte mich mit dem Gesicht zur Eingangstür, bereit reinzugehen.
- Ethan? - hörte ich dann eine sanfte, weibliche Stimme hinter mir. Eine Stimme, die ich bereits sehr gut kannte.
Ich wusste schon, wer es hinter mir war. Aber ich wusste nicht, ob ich mich der Situation stellen konnte.

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Und was denkt ihr, wer ist es? 🫣
Kapitel 18 kommt nächste Woche, und bis dahin... stay tuned 🤍

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