»Ich habe es kaputt gemacht«, murmelte Yeonjun als er die Kette in der Hand hielt, die er für Beomgyu gemacht hatte und dabei die zerbrochenen Muscheln betrachtete. Er konnte sich auch nicht mehr daran erinnern, wie sie am Leuchtturm gestanden hatten und er das Bewusstsein verloren hatte, als Mavis entführt worden war. »Aber ich fand, die Muscheln waren sowieso zu viel«, grummelte der junge Mann weiter und zerdrückte die restlichen Muscheln, bis nur noch die geschnitzte Walflosse, Perlen und Steine übrig waren. Dann legte er sie Beomgyu wieder um den Hals und drückte ihm einen Kuss auf die Wange.
Zwei Wochen waren seit diesem Sturm vergangen und seine Flosse war seither nicht wieder zurückgekommen.
Beomgyus Großvater hatte dank der Träne den Haiangriff überlebt und war wieder auf den Beinen. Er nahm jedoch erst einmal eine Pause vom Fischen.
Und Yeonjuns Mutter war mit ihrer Familie weitergezogen.
»Ich finde sie so oder so schön«, sagte Beomgyu mit einem stolzen Lächeln und schloss schließlich genussvoll die Augen, um die warmen Sonnenstrahlen zu genießen. Die beiden befanden sich mitten auf dem Ozean auf einem Boot und blickten Richtung Horizont. Die Sonne stand hoch und am Himmel war keine einzige Wolke zu sehen.
Es war ein herrlicher Tag.
Das Boot hatten sie sich geliehen, denn das von Beomgyus Großvater war kläglich im Sturm untergegangen. Da sie aber vom Fischen lebten, war der Bürgermeister der Insel – Soobins Vater – so großzügig gewesen, der Familie ein neues zuzustellen. Beomgyu und Yeonjun wollten beide dafür arbeiten, um es abzubezahlen.
Jessi und ihre Anhänger hatten es aus dem See wieder heraus geschafft, wie die Jungs nach ein paar Tagen erfahren hatten. Ein eher unglücklicher Ausgang, wie Yeonjun fand.
Doch darüber wollte er sich keine Gedanken machen.
Nicht hier und jetzt.
»Denkst du, wir finden sie?«, fragte Yeonjun und warf Beomgyu einen Seitenblick zu. Die Art und Weise, wie sich der Junge von der Sonne verwöhnen ließ, brachte sein Herz zum Höherschlagen, vielleicht kam er deswegen besser mit der Situation zurecht. Er war auch nie davon ausgegangen, dass Luna ihn verlassen hatte. Sie lebten jetzt nur in verschiedenen Welten.
Beomgyu nickte, ehe er seine Augen einen Spalt öffnete, um Yeonjun zu mustern. Er streckte die Hand nach der seines Freundes aus und lächelte sanft. »Das Band, das ihr habt, kann keiner zerstören. Auch nicht der Verlust deiner Magie. Granny glaubt daran und ich ... glaube mittlerweile dasselbe, was sie glaubt.« Er presste die Lippen zusammen und richtete sein Gesicht wieder geradeaus. Das Wasser war heute so ruhig, als würde es sich von all den Tragödien erholen. »Immerhin glaube ich an dich.«
Grinsend stand Yeonjun auf und zog Beomgyu gleich mit auf die Beine, dabei lehnte er sich mit dem Gesäß gegen die Reling. »Ich liebe dich«, flüsterte er, verstand diese drei Worte nun besser als je zuvor und holte den silberhaarigen Jungen zu sich.
Doch bevor sich ihre Lippen berührten, kippte Yeonjun mit dem Oberkörper nach hinten und fiel mitsamt seinem Freund vom Boot. Mit einem schallenden Platschen landeten Yeonjun und Beomgyu im eiskalten Wasser. Der Fall löste eine Vibration aus, die meilenweit zu spüren war. Es verursachte eine große Welle, die das Boot davon treiben ließ und die beiden fanden sich in tausenden Blubberblasen wieder, die wie kleine Lichtpunkte im Wasser tanzten. Doch Beomgyu hatte keine Zeit, die Schönheit der Unterwasserwelt zu bewundern, denn sein Instinkt trieb ihn dazu, mit den Armen zu wedeln und an die Wasseroberfläche zu gelangen, um nach Luft zu schnappen. Der Schock und die Wucht, mit der sie ins Wasser gefallen waren, hatte ihn in Panik versetzt.
»Alles okay?«, fragte Yeonjun mit einem Lächeln, da sie durch den Aufprall im Wasser und die Strömung ein wenig voneinander getrieben worden waren, schwamm er auf Beomgyu zu.
Dieser strich sich das Wasser erschöpft blinzelnd aus dem Gesicht und war froh, zu sehen, dass nichts Schlimmeres passiert war. »Hast du das Gleichgewicht verloren, oder warum ziehst du mich einfach mit in die Tiefe?«, fragte er und ein leichtes Grinsen schlich sich auf seine Lippen.
»Ja, wenn dann sollten wir schon beide untergehen«, lachte Yeonjun und sobald er Beomgyu erreicht hatte, zog er ihn in seine Arme, »findest du nicht?«
Es war definitiv als Scherz gemeint und die beiden hatten ihren Spaß im Wasser, denn Yeonjun schlug mit der Hand gegen die Wasseroberfläche, bespritzte Beomgyu mit dem salzigen Meerwasser. Beide lachten, kicherten und tobten im Wasser, wie zwei Kinder, merkten dabei gar nicht, dass sie längst nicht mehr alleine waren.
Erst als ein riesiger Schatten über ihnen den Blick auf die Sonne versperrte, drehten sich die beiden um und erstarrten.
Es war Luna, die in einer hohen Geschwindigkeit durch die Oberfläche gebrochen war. Ihr glänzendes Fell funkelte im Sonnenschein und ihre mächtigen Flossen glitten durch die Luft. Die beiden Jungs hielten den Atem an, während sie von der Magie dieses Augenblicks verzaubert wurden. Die riesige Orca-Mutter schien förmlich mit der Schwerkraft zu spielen. Die Welt schien für einen winzigen Augenblick innezuhalten, als sie den Gipfel ihrer Flugbahn erreichte. Ein strahlendes Regenbogenlicht funkelte in den Wassertropfen, die durch die Luft wirbelten. Der Moment, in dem die Schwerkraft ihre sanfte Hand ausstreckte und Luna langsam wieder zum Meer zurückkehren ließ, endete mit einem gigantischen Platscher. Ihr gewaltiger Körper durchbrach die Wasseroberfläche und sie ließ sich in einer Drehung auf den Rücken fallen. Damit verursachte sie eine mächtige Welle, die die Luft erfüllte und nicht nur die zwei Jungen zum Schaukeln brachte, sondern das gesamte Meer in Unruhe versetzte.
Das Klatschen der Wellen und der begleitende Gesang ihrer Kinder umhüllten sie wie ein zauberhaftes Konzert. In den Augen funkelten Erinnerungen, die Pracht der Natur und die Magie des Ozeans.
FORTSETZUNG FOLGT ...
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✔ IN THE PINK CORAL
Fantasia🅱🅴🅾🅼🅹🆄🅽 Cumbermond Isle ist eine kleine Insel, bei der man auf Anhieb nicht glauben könnte, was sie alles zu bieten hat. So denken auch die beiden jugendlichen Einwohner Choi Beomgyu und Choi Soobin. Dass immer wieder Touristen kommen, um die...