Zweisamkeit unter Freunden

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Fast Drei Stunde später lieferten sich Albus und Scorpius immer noch ein Duell auf Augenhöhe. Keiner von beiden schien so schnell aufgeben zu wollen und der Gemeinschaftsraum hatte sich kaum merklich geleert.

Tiara war ebenfalls vor einer guten halben Stunde auf ihrem Schlafsaal verschwunden, mit der Begründung, dass sie morgen schon früh für die Quidditch Auswahlverfahren trainieren wollte. Albus hatte ihr versprochen mitzukommen, um ein paar Quaffel zu werfen, während Scorpius es bevorzugte auszuschlafen.

Mit Quidditch konnte der Blondschopf noch nie viel anfangen, ob gleich er dazu bereit war, sich Albus stundenlanges Gerede über verschiedene Mannschaften und Spieler anzuhören. 

Albus gähnte lauthals, während Scorpius seinen Ellenbogen auf der Tischkante abstützte, um seinen Kopf mit der Handfläche zu halten.
„Lass uns morgen weiterspielen..." Schlug Albus gedehnt vor, während er sich die Augenlieder rieb.

Ein Läufer von Scorpius beschwerte sich entrüstet über den Abbruch des Spiels, doch Scorpius nickte zustimmend und kramte eine Rolle Pergament mit einer Feder hervor, um die Positionen der Figuren zu notieren.

„Wir hatten ihn fast!" Jaulte Scorpius Springer, doch dieser ignorierte ihn und stopfte ihn zurück in seinen Beutel.
Albus Figuren hatten nicht mit ihm gesprochen, doch das lag daran, dass sie ihn nicht kannten. Hätte er sein eigenes Deck dabei gehabt, hätten ihm seine Figuren haufenweise Tips und Ratschläge zugeworfen, so war es schon immer gewesen.

Bis auf die beiden Jungen, war der Raum jetzt wie ausgestorben. Die einzige Lichtquelle war um diese Uhrzeit, der von Kerzen gesäumte Kronleuchter. Doch auch wenn die kleinen Flammen dem epochalem Raum ein wenig Licht zeugten, blieb der Slytherin Gemeinschaftsraum kalt und düster. Die einzige Wärme, die den Saal für Albus erfüllte, war das wohlige kratzen der Feder von Scorpius Malfoy.

Gedankenverloren beobachtete er seinen Freund, und wie dieser Konzentriert die Feder über das Pergament schweifen ließ. Ihm fiel auf, dass Scorpius, immer wenn er sich konzentrierte auf die Lippen biss.

Seine Augen blieben ein paar Sekunden auf den Lippen von Scorpius hängen, dann riss er seinen Blick abrupt los und ließ diesen zu der raumhohen Fensterscheibe, die die Räumlichkeit der Slytherins schmückte, wandern.

Der See war, ohne das einfallende Sonnenlicht, dunkelgrün und so erkannte er nur Umrisse eines riesigen schwarzen Schattens, die ohne Zweifel zum Riesenkraken gehörten.

Mittlerweile hatte Scorpius die Position der Figuren zu Ende notiert und seine Sachen zusammen gepackt.

„Lass uns auf's Sofa setzen." Schlug Albus vor. Er genoss die stille Atmosphäre und sein Holzstuhl fühlte sich mittlerweile steinhart an. „Gerne." Stimmte Scorpius zu und so begaben sich die beiden Jungen zu dem schwarzen Ledersofa, direkt vor der Fensterscheibe.

Albus lehnte sich mit seinem Rücken an die Seitenlehne der Couch und verfolgte mit müden Augen den Schatten des Kraken. Scorpius hatte sich an der Rückenlehne angelehnt und die Augen geschlossen.

So saßen sie noch eine ganze Weile da und lauschten der Stille, bis sie beide auf der Coach einschliefen.

Albus wachte am nächsten Morgen als erster auf. Er hatte sich eingebildet Stimmen zu hören, doch als er sich im Raum umsah, erblickte er keine Menschen Seele.

Hauselfen?

Mit einem Blick auf seine Armbanduhr stellte er erschrocken fest, dass es bereits 7:30Uhr war. Er hatte eigentlich vorgehabt um 7Uhr mit Tiara zum Quidditch Feld zu gehen.

Warum hatte sie ihn nicht geweckt?

Verärgert spurtete Albus hoch in den Jungen Schlafsaal um seinen Feuerblitz zu holen. Er zog sich noch schnell einen schwarzen Kapuzen Pullover über und ging dann wieder zurück in den Gemeinschaftsraum.
Scorpius lag noch immer auf dem Sofa und träumte vor sich hin.
Albus ließ ihn schlafen.

Als er auf dem Quidditch Trainingsfeld ankam, sah er bereits einen grünen Schleier in der Luft, der ohne Frage zu Tiara gehören musste. Albus bestieg seinen Besen und drückte sich mit den Füßen vom Boden ab. Zielstrebig steuerte er auf seine Mitschülerin zu.

„Warum hast du mich nicht geweckt?" Fuhr er Tiara vorwurfsvoll an, sobald sie in Hörweite war.
Diese drehte eine elegante Kurve und blieb vor Albus in der Luft stehen.
„Da bist du ja!" Ignorierte sie seine Frage und warf ihm einen Quaffel zu. Albus fing ihn und schüttelte resigniert den Kopf. Dann begann er den Quaffel immer wieder, so weit er konnte zu werfen und Tiara fing ihn jedes Mal.

Eine halbe Stunde später landeten sie auf der Zuschauer Tribüne um Luft zu schnappen.
„Du hast echt Talent." Stellte Albus trocken fest.
„Echt? Ich wünschte nur ich könnte mehr trainieren. Ich hab ja nichtmal einen eigenen Besen und fliegen kann ich zuhause erst recht nicht. Du weißt ja, meine Eltern sind Muggle."

Albus schaute zu den Drei unterschiedlich hohen Torringen, welche von Nebel umgeben waren und nickte vor sich hin.

„Warum fliegst du nicht für's Team vor?" Fragte Tiara interessiert.
Albus zog die Schultern hoch.
„Ist irgendwie James Ding."
Dann lehnte er sich nach vorne und stützte seine Ellenbogen auf die Knie.
„Ich würd's wahrscheinlich sowieso nicht schaffen, also warum sich überhaupt die Mühe machen es zu probieren?"

Tiara beäugte ihn skeptisch.
„Denkst du nicht? Ich glaube du könntest es schaffen. Du fliegst echt passabel..."
Albus lachte spöttisch auf.
„Aber passabel reicht nun mal nicht. Mein Großvater war Sucher, mein Vater war Sucher und seit seinem Zweiten Jahr ist James auch Sucher. Nicht zu vergessen, dass meine Mutter ein paar Jahre professionell für die Holyhead Harpies gespielt hat. Wie könnte ich da jemals mithalten? Ich würde mich nur noch mehr blamieren, wenn ich es probiere und dann nichtmal schaffe..."

Tiara schüttelte frustriert den Kopf und ihre schulterlangen Haare verflogen im Wind.
„Du wirst nie wissen, ob du es nicht vielleicht geschafft hättest, so lange du es nicht probierst."
„Aber Tiara, ich hab doch gerade..." Setzte Albus an, doch Tiara unterbrach ihn.
„Quatsch! Das sind doch alles Ausreden! Albus, ich hab wirklich keine Ahnung, vor was du davon läufst, aber wenn du weiter in dem Tempo rennst, brichst du irgendwann zusammen."

Sie schwiegen einen Moment und Albus dachte über Tiaras Worte nach.

Sie hatte recht.

Vor was lief er davon?

Wenn er das nur wüsste.

Gedankenverloren stieg er auf seinen Besen und drehte sich nochmal zu Tiara um.
„Ich werd's mir überlegen..."
Dann stieß er sich vom Boden ab und landete kurze Zeit später wieder auf dem Rasen des Feldes. Tiara folgte ihm und sie gingen zusammen zurück zum Schloss.

Albus Potter und die verschwundene SchachfigurWo Geschichten leben. Entdecke jetzt