6. ~ How quickly people change

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Angelina

Keuchend schloss ich die Haustür hinter mir und stützte mich außer Atem und zitternd auf meinen Knien ab.
Die eisige Kälte hatte meine Finger taub werden lassen, sodass ich sie jetzt kaum noch spürte.

Mein Atem ging röchelnd, ich sollte vielleicht mehr Sport machen.
Mein Pulli war inzwischen komplett durch geblutet und die rote Flüssigkeit tropfte durchgehend auf den dunklen Holzboden.

Leise drangen Stimmen aus Richtung Wohnzimmer an mein Ohr. Besorgte Stimmen.

Langsam schleppte ich mich durch das dunkle Haus, das einzig und allein durch das silberne Licht des Mondes erleuchtet würde, der durch die großen Glasfenster an den Wänden schien.

Der Boden knarrte bei jedem meiner Schritte, ließ mich jedes Mal zusammen zucken. Ich hasste es schreckhaft zu sein und schwach, verletzlich.

Wut versuchte schon wieder meinen Kopf zu vernebeln und jeden klaren Gedanken in Dunkelheit zu stürzen. Sie wollte, dass ich außer Kontrolle geriet.

Und das durfte ich auf gar keinen Fall, wenn draußen ein Killer herum lief. Und besonders nicht, wenn dieser Killer die dunkelsten meiner Geheimnisse kannte.

Ein eiskalter Schauer überlief mich, ließ mich frösteln, obwohl die Haustür geschlossen war.

Meine schlammigen Turnschuhe quitschten laut über den Boden. So laut, dass die Stimmen im Wohnzimmer verstummten und eine Stille entstand, die mich den Atem anhalten ließ.

Erst, als ich im gedämpften Licht des kleinen, funkelnden Kronleuchters an der Decke stand und meinen Blick durch den großen, gemütlich eingerichteten Raum schweifen ließ, konnte ich wieder atmen und mich ein wenig entspannen.

Ich sog den Sauerstoff tief in meine Lunge ein und fühlte, wie das Rauschen in meinen Ohren und das Taubheitsgefühl in meinen Knochen langsam verschwand.

Alle waren dort.

Meine Eltern, mein Bruder, Sarah und ihre Eltern. Doch sofort wurde mein Herz wieder schwer, als ich das Blut entdeckte, dass überall auf dem Boden verteilt war.

Es war grauenvoll. Denn immer noch steckte das große Küchenmesser im Bauch der kleinen blonden Frau, die schon deutlich blasser geworden war.

Sie zitterte und durch den Blutverlust waren auch ihre Lippen leicht blau angelaufen. Sie musste sofort ins Krankenhaus, sonst würde sie qualvoll verbluten.

Hier und jetzt auf unserer Couch.

Und das konnte niemand von uns zulassen. Niemand hatte so etwas verdient, außer vielleicht...

Ich schluckte und unterdrückte die Kälte, die schon wieder in mir aufsteigen und ihre Klauen nach mir ausstrecken wollte.

Ich lief zu Sarah, die teilnahmslos im Raum stand, mit blutdurchtränktem blassblonden Haar. Sie zuckte am ganzen Körper unkontrolliert und wirkte verloren.

Sie hatte Angst. Schreckliche Angst.

Ich wusste das, hatte ich doch das selbe verspürt, als ich Luc das erst Mal morden gesehen hatte.

Ich lief zu ihr und legte beruhigend meine Arme um sie. Auch wenn ich selbst in meinem Inneren noch vor Panik schrie, hatte ich nach außen doch einen ruhigen Ausdruck aufgesetzt, der mich den letzten Rest meiner Kraft kostete.

Sie hob überrascht den Blick, hatte mich vorher anscheinend noch nicht bemerkt und ich sah, wie Tränen in ihren Augen aufstiegen.
Auch wenn der Schock ihr immer noch ins Gesicht geschrieben stand, lächelte sie schwach und ich fühlte, wie ihr Zittern nach einer Weile verschwand.

Home Sweet HellWo Geschichten leben. Entdecke jetzt