13. ~ Broken souls

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Langsam verblasste die drückende Dunkelheit um mich herum, hinterließ ein dumpfes Gefühl in meinen Knochen, das mich beinahe vollständig bewegungsunfähig machte.

Immer noch leicht benebelt von dem starken Beruhigungsmittel, dessen Wirkung nun langsam aber sicher abebbte, drehte ich schwach den Kopf, der kraftlos auf meiner Schulter ruhte und sah mich mit immer noch leicht verschwommener Sicht in der heruntergekommenen Dachkammer, in der ich mich anscheinend befand um.

Der Dachstuhl verlief in zwei angeschrägten Wänden zu Boden. Das Holz war durchnässt, morsch und roch nach Tod und Verwesung.

Durch das große Loch in der Decke rieselten dicke weiße Flöckchen herein und die Natur hatte bereits begonnen sich ihr Terrain zurückzuholen, dass ihr vor Jahren genommen worden war.

Moment, ein Loch in der Decke?

Nun wurde mir klar an was für einem Ort ich mich befand. Ich konnte das fröhliche Gelächter und das Getrappel von winzigen Füßen beinahe hören. Doch die fröhlichen Augenblicke, die ich in meiner Kindheit im Haus der Davis' verbracht hatte, waren in weite Ferne gerückt, schienen nun nur noch, wie ein Traum.

Ein wunderbarer Traum in der Realität, die einem Albtraum glich. Eine Realität, in der Rache und Hass regierten, wo eigentlich Güte und Liebe stehen sollten.

Erst jetzt fielen mir die Möbel auf, die auch nach den letzten Jahren noch tapfer den Raum schmückten. Zwar manche schon kaputt und in Einzelteilen auf dem verdreckten Boden verteilt und andere unter einer dicken Staubschicht vergraben, doch es waren immer noch die gleichen, die mich einige Jahre zurück in die Vergangenheit reisen ließen

Vorsichtig richtete ich mich auf, darauf bedacht keine Geräusche zu machen, doch sobald ich mich mit einer Hand an der leicht schimmeligen Wand abstützte, um das Gleichgewicht nicht wieder zu verlieren, ertönte ein metallenes Klirren, dass mir das Blut in den Adern gefrieren ließ.

Mein Puls verdoppelte sich, ließ mich den Blick hektisch durch den Raum schweifen lassen, doch keine Schritte waren zu hören.

Es blieb still.

Erleichtert atmete ich aus und suchte dann, immer noch flach atmend und mit rasendem Herzen nach der Ursache des Geräusches.

Es kam von einer dicken Metall Kette, die, wie handschellen um meine Handgelenke gebunden war und mich somit an die steinernde Säule hinter meinem Rücken fesselte.

Bei jeder meiner Bewegungen klirrten die stählernen Verankerungen aneinander und gaben ein hässliches, heulendes Geräusch von sich. Ich konnte nicht einmal atmen, ohne die Stille zu durchschneiden.

Frustriert ließ ich mich wieder an dem kalten Stein hinab gleiten und verschränkte die Arme vor der Brust, während meine Zähne vor Kälte bereits wieder zu klappern begann.

Aber dann entdeckte ich die schlammigen, schwarzen Turnschuhe, zu meinen Füßen, die kaum einen Meter von mir entfernt standen.

Mit angehaltenem Atem ließ ich meine Augen langsam an der großen Gestalt hinauf gleiten, zögerte den Moment hinaus, wo ich ihm ins Gesicht sehen musste.

Der eisige Wind, der durch das Loch im Dach herein wehte, lehmte meinen Körper, nahm mir die Kontrolle und trug sie mit sich davon. Mein Blick traf den seinen, ließ ist mich sofort im Ozean seiner leuchtend blauen Augen versinken.

Die vielen Narben und halb verheilten Wunden in seinem Gesicht, der Dreck und seine aufgeplatzte Lippe ließen mich schaudern, denn ich konnte nicht und wollte auch nicht wissen, was in den letzten zwei Jahren für einen Grauen über ihn gekommen war.

Welche Wut Menschen in sich tragen konnten und diese dann, ohne auch nur über die Folgen ihrer Taten nachzudenken, ohne auch nur einen einzigen Gedanken daran zu verschwenden sie an jemand anderen auszulassen, dessen Seele schon so instabil war, dass auch nur eine weitere Sekunde in dieser gestörten Welt sie zerbrechen und in 1000 Teile zerschmettern würde.

Und den Schmerz einer gebrochenen Seele konnte niemand, wirklich nichts und niemand je wieder heilen.

Dann ein Riss, über den man ein Pflaster klebte, blieb immer noch ein Riss.

Doch in seinem Blick befand sich kein Schmerz, nur rasende Wut, die das Haus hätte in Flammen setzen können. Das Feuer aus Rache, in seinen Augen verschleierte sie und verlieh ihnen einen beinahe unmenschlichen Grauton.

Ich schluckte, versuchte ihn weiterhin tapfer anzusehen, konnte es jedoch nicht, es tat zu weh ihn so zu sehen.

So anders und zu wissen, dass sein altes Ich nichts als eine Erinnerung war und diese verblasste auch langsam. Er war gestorben mit seiner Schwester, denn er hatte sie nicht loslassen können, hatte ihren Verlust nicht verkraftet und war in seinem Schmerz ertrunken.

Und ich hatte ihn gehen lassen, hätte ich ihm doch helfen können, verhindern, dass er zu dem wurde, was er nun war.

Ein Monster mit gebrochener Seele.

Ich wandte den Blick ab, sah ins Freie, während ich hier drin gefangen war und ich meine Arme schmerzhaft hinter meinem Rücken verdrehten.

Doch das Geräusch, dass nun in meinen Ohren wiederhallte, machte mir eine Gänsehaut auf dem ganzen Körper.

Er lachte.

Er lachte, wie der verdammte Psychopath, der er war.

Ein Geräusch so kalt und bösartig, dass es Satan selbst Konkurrenz machen könnte.

Auf einmal war es wieder still, totenstill und ich spürte seine eiskalte Hand unter meinem Kinn. Er drehte mein Gesicht unsanft zu sich, zwang mich, ihm wieder in die Augen zu sehen.

Seine Finger bohrten sich in meiner Haut und ich musste mir so fest auf die Zunge beißen, dass ich den metallenen Geschmack von Blut wahrnehmen und spüren konnte, wie es von meiner Lippe perlte, um nicht vor Schmerz zu wimmern.

"Hat lang genug gedauert, bis das Beruhigungsmittel nachgelassen hat." Er verdrehte genervt die Augen, zuckte dann aber nur gleichgültig mit den Schultern und ließ mich los.

"Dann können wir jetzt endlich anfangen." Flüsterte Lucifer und rief voller Vorfreude und mit leuchtenden Augen die Handflächen aneinander.

Mir wurde heiß und kalt zugleich.

Anfangen, womit? War nun die Zeit seiner Rache gekommen?

Ohne ein weiteres Wort zu sagen drehte er sich um, schnips da einmal mit den Fingern und verließ dann den Raum. Kurz sah ich ihm verständnislos hinterher, fühlte mein Herz immer noch in einem ungesunden Rhythmus schlagen und spürte dann plötzlich, wie meine Arme durch die Ketten, mit denen ich an die Säule fixiert worden war auseinander gezogen wurden.

Überrascht starrte ich auf die metallenen Ketten, die sich, wie von selbst spannten, mich auf die Füße zwangen und meine Arme so weit um die Säule zogen, dass ich mich keinen Zentimeter mehr bewegen konnte.

Ich war ihm ausgeliefert, unfähig mich zu wehren, gegen das, was auch immer er vorhatte.

Home Sweet HellWo Geschichten leben. Entdecke jetzt