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Link kam wieder zurück. Ungefähr zwei Stunden später. Als die Tür aufging, saß ich am Tisch und polierte die eiserne Klinge meines Schwertes. Das machte ich oft, wenn ich gründlich nachdachte oder etwas verarbeiten musste. Link schlüpfte mucksmäuschenstill durch die Tür herein, und ließ seufzend die Schultern hängen, als er mich bemerkte. Ich hob die Augenbrauen und wartete ab. ,,Wo sind sie jetzt?" fragte Link. ,,Oben." gab ich trocken zurück. Mick und Manu hatten sich schnell wieder beruhigt, und waren zum spielen in ihr Zimmer gegangen. Link nickte langsam, und sah unentschlossen im Raum herum. Zögerlich kam er auf den Tisch zu. Er streckte den Arm aus und wollte mir scheinbar eine Hand an die Wange legen. Ich sah mit gehobenen Augenbrauen zu ihm auf ohne etwas zu sagen. Schnell zog er seine Hand wieder zurück und stammelte viel zu leise eine Entschuldigung. Ich wartete darauf, dass er anfing zu reden, aber da kam nichts. Link öffnete mehrmals den Mund, nur um ihn gleich darauf wieder zu schließen. Mit gerunzelter Stirn beobachtete ich, wie er unsicher auf der Stelle hin und her trat, bis er sich schließlich mir gegenüber an den Tisch setzte. ,,Wir sollten uns aufteilen. Ich geh zurück, du bleibst hier." Überrascht sah ich auf. Dass er jetzt so aus dem Nichts direkt mit einem Vorschlag um die Ecke kam, anstatt irgendwas klären zu wollen, überraschte mich jetzt doch. Ich legte mein Schwert zur Seite und knüllte den Lappen in meiner Hand zusammen. ,,Vergiss es. Alleine gehst du nirgendwo hin." Seufzend ließ Link den Kopf auf die Tischplatte sinken und vergrub ihn in seinen Armen. ,,Ich pack das alles nicht mehr..." murmelte er. Ich hörte ihn schluchzen, und mir war als würde mein Herz brechen. Bitte nicht... Ich konnte ihn nicht weinen hören, es machte mich fertig. Seufzend stand ich auf, und ging um den Tisch herum. Kurz schluckte ich, bevor ich mich schließlich überwand und ihm zaghaft eine Hand auf die Schulter legte. Kaum geschehen, begann er unter meiner Berührung vor Tränen zu zittern. Da hielt ich es nicht mehr aus. Kurzum stellte ich mich hinter seinen Stuhl und schlang die Arme um ihn. Er hob den Kopf und griff nach meinen Händen, die auf seinen Schultern lagen. Schniefend lehnte er den Kopf an meine Schulter. ,,Es tut mir Leid..." murmelte er leise. Ich legte das Kinn auf seinem Kopf ab. ,,Schon gut." gab ich zurück. Link schluchzte erneut. ,,Gar nichts ist gut! Ich bin so ein verdammter Idiot..." Ich hob die Augenbrauen. ,,Das stimmt. Aber... du bist immer noch mein Idiot." meinte ich. Er schüttelte langsam den Kopf. ,,Du bist viel zu gut für mich. Und um es noch schlimmer zu machen, habe ich mit dir geredet, als wärst du... wärst du..." Schon wieder unterbrachen ihn die Tränen. ,,Wir sind beide angespannt. Alles andere wäre zur Zeit auch verwunderlich." versuchte ich ihn zu beruhigen. Aber es half kaum. ,,Du hast es nicht verdient, dass ich so mit dir rede Kira. Es tut mir so unendlich Leid... Ich weiß einfach nicht was in mich gefahren ist! Ich war so wütend, und du hast immer dagegen geredet, und alles war so viel..." Sachte strich ich ihm die Haare aus der Stirn. ,,Ist schon in Ordnung." meinte ich. Aber Link schüttelte nur den Kopf. ,,Ist es nicht. Du verdienst etwas besseres! Und Mick und Manu auch... Ich will doch nicht, dass die beiden Angst vor mir haben!" Jetzt weinte er noch mehr. Mein Herz tat weh. Vorsichtig kletterte ich zwischen den Tisch und ihm auf seinen Schoß und legte den Kopf auf seiner Brust ab. Sofort spürte ich seine Hände auf meinem Rücken. ,,Mach dir nicht so viele Gedanken. Sie hatten auch schon vor mir Angst, als ich sie mal geschimpft habe. Oder als sie mich kämpfen gesehen haben..." Link legte sein Kinn nun auf meinem Kopf ab. ,,Meinst du?" fragte er leise. Ich nickte. ,,Hör mal, Lila... Ich muss mich auch entschuldigen. Ich hätte mich nicht so schnell aus der Fassung bringen lassen sollen." Link strich mir über den Rücken. ,,Es lag an mir Kira, wirklich. Ich war einfach so... blöd." meinte er. Ich musste kichern. ,,Ach ja? Ist ja was ganz neues..." Link hielt inne. ,,Hey! Ich versuche gerade ernsthaft mich hier bei dir für mein idiotisches Verhalten zu entschuldigen, und du machst dich über mich lustig!" beschwerte er sich. Ich kicherte noch einmal. ,,Entschuldige... Bitte fahre fort." Nachdem ich mich wieder zusammengerissen hatte meinte Link: ,,Also, jedenfalls. Ich hab mich richtig daneben benommen! Und es tut mir Leid. Ich weiß, dass ich es nicht mehr gut machen kann, aber..." Ich unterbrach ihn, in dem ich mit den Augen rollte und ihn küsste. ,,Du bist wieder gekommen." flüsterte ich dann. ,,Das macht schon so viel wieder gut..." Link seufzte, schloss die Augen und lehnte seine Stirn an meine. ,,Ich wäre alleine verloren. Ohne dich wäre ich verloren, Kira..." murmelte er. Ich schloss meine Augen ebenfalls. ,,Das stimmt. Ich frage mich auch manchmal, wer von uns beiden eigentlich der Leibwächter ist." gab ich zurück. Ich spürte, wie Links Körper vom kichern vibrierte. ,,Ich hab meinen Job als Leibwächter ja auch verloren. So gut kann ich nicht gewesen sein..." meinte er. Jetzt musste ich auch kichern. ,,Oh, ich bin mir sicher du warst der beste..." flüsterte ich. Sachte hob ich sein Kinn mit einem Finger an. ,,Du bist der Beste." Mir war, als wäre ein schneller Rotschimmer über Links Wangen gehuscht, bevor er hüstelnd das Gesicht wegdrehte und die Nase an seinem Ärmel rieb. Schmunzelnd lehnte ich mich nach hinten gegen den Tisch und beobachtete ihn. ,,Noch was... Ich denke, du hast Recht." meinte ich schließlich, wieder ernst. ,,Was?" Link sah verwirrt auf. ,,Wir sollten wieder ins Schloss reiten. Das Risiko, dass die Yiga dort auftauchen, wo die Recken doch alle in Goronia sind, ist einfach zu hoch. Und so sehr ich den König und Zelda auch verachte, Hyrule braucht sie. Hyrule braucht seine Herrscher." Link seufzte, und nickte ganz langsam. ,,Stimmt. Auch wenn es mir wirklich lieber gewesen wäre, wenn ich nicht Recht gehabt hätte." antwortete er. Ich nickte nur, bis mir etwas auffiel. ,,Wo warst du eigentlich? Es ist arschkalt draußen!" Link seufzte erneut. ,,Erst bin ich in den Wald gelaufen, um irgendwie wieder... runter zu kommen. Als ich dann natürlich ziemlich schnell eingesehen habe, was ich für ein Idiot bin, wollte ich eigentlich zurück kommen. Aber ich habe mich so, so schlecht gefühlt... Irgendwie wollte ich es wieder gut machen, deswegen war ich bei Gelox." Ich sah überrascht auf. ,,Du warst wo?" Link nickte. ,,Ich war bei ihm, um nach ihm zu sehen. Er ist in einem wirklich... schrecklichen Zustand. Als ich gekommen muss er schon seit Stunden in seine Decke gehüllt vor dem Kaminfeuer gesessen haben. Die äußersten Fäden der Decke waren schon angekokelt, und oben war sie von seinen Tränen schon komplett durchnässt." Ich sagte darauf nichts. Mir waren Erinnerungen gekommen. Von früher. Damals, als mein Vater gestorben war. Obwohl ich erst Elf gewesen war, erinnerte ich mich noch an ein paar Szenen. Natürlich an den Moment, in dem ich meinen Vater in den kurzen Armen gehalten hatte, als sich seine Augen geschlossen hatten, nachdem ich ihm ein Versprechen gegeben hatte. Ich erinnerte mich auch daran, dass ich geweint hatte. Aber nicht viel... Nach allem, was mein Vater mir beigebracht hatte, hatte ich nicht wie ein normales Kind reagiert. Ich hatte umgeschaltet, vom Kind zum Krieger. Dieser Moment war das Ende meine sorglosen Kindheit gewesen. Ab diesem Moment, mit elf Jahren, war ich erwachsen gewesen. Ich war die Mutterfigur meiner Brüder geworden. In diesem Moment hatte ich mich zusammengerissen, und das war einfach nicht gut gewesen. Völlig abwesend und fokussiert hatte ich meinen Vater gepackt, und ihn durch den Wald geschliffen. Daran erinnerte ich mich nicht, aber Cado hatte es mir so erzählt. Obwohl ich ein kleines Mädchen gewesen war, hatte ich den schweren großen Mann, der mein Vater gewesen war, ein ganzes Stück über den Boden gezogen. Denn ich war kein normales, verzweifeltes kleines Mädchen mehr gewesen. Ich war eine viel zu junge, traumatisierte Kriegerin gewesen. Und die war ich auch heute noch, natürlich älter. Trotzdem erschrak ich mich jedes mal bei der Vorstellung, eine Elfjährige würde ihren toten Vater durch den Wald schleifen. Schließlich hatte Cado uns gefunden. Das nächste, an das ich mich erinnerte, war Impa. Ich saß in einer Decke gehüllt und vom Regen bis auf die Haut durchnässt in ihrer Hütte. Impa hatte mich angesehen, und in ihrem Blick war Angst gewesen. Angst, und große Sorge. Jahrelang hatte ich geglaubt, sie hatte Angst um mich und meinen Vater gehabt. Ich dachte lange, Impas Sorge würde mir gelten. Aber heute wusste ich die Wahrheit. Impa hatte keine Angst um mich gehabt, sondern vor mir. Und sie hatte sich auch keine Sorgen um mich gemacht, sondern darum, was ich ihr in der Zukunft noch für Probleme machen könnte. Und Überraschung, genauso war es gekommen. Ich hatte das Gefühl, Impa hatte schon damals in dieser Nacht geahnt, dass ich eines Tages ihr größtes Problem werden würde.

Secret Lover ...2... (botw link ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt