2 | Macht

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Vier Waffen und ein Maschinengewähr liegen auf dem Tisch. Tarik hat definitiv nicht zu viel versprochen. Meine steckt noch in meinem Hosenbund und ich bin mir ziemlich sicher, dass sie noch keiner der Männer bemerkt hat, geschweige denn, dass jemand weiß, dass ich eine besitze.

„Also, wie genau hast du dir das
vorgestellt?", beginnt der etwas breitere mit dickem Bauch zu fragen.
„In erster Linie seid ihr nur für den Notfall hier und haltet euch vorerst im Hintergrund. Ich will sie nicht gleich komplett verschrecken, außerdem will ich wissen, was genau sie wollen."

Mit Skepsis beäugen mich die Männer und sind sich anscheinend nicht sicher, ob sie damit einverstanden sein sollen. Wenn es nach ihnen gehen würde, dann würden die Zuhältertypen gar nicht erst den Laden betreten, aber genau das sollen sie. Denn, wenn sie erstmal hier sind, kommen sie nicht so schnell wieder heraus.
Man sollte niemals eine Frau unterschätzen.

Die Zeit vergeht und vereinzelt sitzen ein paar Süchtige am Automaten und verzocken ihr gesamtes Restgeld. Die meisten Kunden kommen erst gegen 21 Uhr und jetzt ist es gerade mal
19:30 Uhr.

Der Stapel Papierkram vor mir wird allmählich kleiner. Das Aufgehen der Eingangstür lässt mich meinen Blick heben und siehe da, da kommen zwei breite schmierige Typen herein.
Einzig Tarik, der Dickere, Ich und ein Süchtiger sitzen im offiziellen Bereich. Hinter mir gibt es noch eine Tür zum Secret Pokerraum, dort finden abends die richtigen Spiele statt, bei denen das große Geld fließt, aber jetzt gerade befinden sich dort zwei bewaffnete Männer. Die anderen zwei stehen draußen etwas abseits, aber auch sie haben die Typen bemerkt und sich in Richtung Eingangstür bewegt.
Sie sind eingekesselt, nur wissen sie das noch nicht.

„So Püppchen, du verrätst mir jetzt wo Hanna ist!" knurrt der hässlichere von beiden. Ihr Auftauchen bestätigt auch gleichzeitig meine Vermutung, dass Hanna wirklich untergetaucht ist, dieses Miststück. Sie hätte mit mir reden sollen und sich nicht einfach verpissen und mich hier mit ihren Problemen zurücklassen.

„Ich bin leider genauso Informationslos, wie ihr", grinse ich diesem Scheusal ins Gesicht.
„ACHJA? Denkst du, du kannst uns
verarschen?", brüllt er und seine Faust donnert heftig auf den Tisch vor mir, sodass der Löffel vom Untersetzer meiner Tasse springt und klirrend zu Boden fällt. Ohne zusammenzuzucken starre ich ihm ausdruckslos entgegen. Denn das einzige was er gerade versucht, ist eine reine Einschüchterungstaktik. Wäre er jemand mit viel Macht, dann würde er nicht so schnell aus der Haut fahren, weil er wissen würde, dass er mir überlegen ist. Damit bestätigt er nur zum zweiten Mal meinen Verdacht, dass er ganz unten in der Nahrungskette steht.

Bedacht erhebe ich mich von meinem Stuhl und gehe ein paar gezielte Schritte um den Tisch herum. Uneingeschüchtert lehne ich mich mit dem Po gegen die Tischkante und verschränke provokant meine Arme vor der Brust.
„Was genau wollt ihr eigentlich von Hanna? Sie muss euch ja ziemlich wichtig sein, wenn ihr so hinter ihr her seid"
Schlussfolgere ich aus ihrem erneuten Auftauchen.

„Hör mir mal ganz genau zu!" raunt er mir bedrohlich ins Gesicht und tritt nah an mich heran.

„Du solltest dich besser aus fremden Angelegenheiten heraushalten, ansonsten werde ich dafür sorgen, dass einige meiner Kunden deinen hübschen Arsch ordentlich bearbeiten werden!"

Er ist also genau das Schwein für das ich ihn gehalten habe.

„Und du solltest besser aufpassen, wie du mit mir sprichst, ansonsten wirst DU gleich erleben, wer hier am längeren Hebel sitzt"

„Eine Schlampe wie du besitzt keine Macht" lacht er mir dreckig entgegen und grinst mir siegessicher ins Gesicht, doch im nächsten Moment vergeht ihm das Grinsen. Das kalte Metall drückt an seinen Hinterkopf und ich kann sehen wie er hart schlucken muss. Er war so auf mich fokussiert, dass er und sein Freund es nicht mitbekommen haben, wie die Zwei zur Tür hereingekommen sind.
Im gleichen Moment öffnet sich die Tür hinter mir vom Pokerraum und die anderen Zwei betreten den Raum.

Jetzt bin ich diejenige, die grinst. Mit einem gekonnten Griff ziehe ich die Waffe aus meinem hinteren Hosenbund, lade sie und drücke sie gegen sein bestes Stück.

„Ich will, dass du jetzt auf die Knie gehst und dich bei mir entschuldigst für dein schlechtes Benehmen."

„Du dreckiges Miststück! Einen scheiss werde ich tun!", brüllt er wütend. Seine Augen funkeln förmlich vor Frustration.

„Schade", platzt es fast bemitleidend aus mir heraus. Ich richte die Waffe nach unten und drücke ab, während ich den Blickkontakt mit ihm halte.

Sein lauter Schrei lässt sogar die Blicke der anderen Männer erschrocken zu mir schauen. Es hat wohl niemand damit gerechnet, dass ich wirklich abdrücke, aber wozu habe ich denn eine Waffe, wenn sie nicht mal zum Einsatz kommt?

Der Fuß des Idioten versaut den ganzen Fußboden mit seinem Blut und sein panischer Schrei hallt noch immer in meinen Ohren nach.

„So, vielleicht möchtest du jetzt auf die Knie gehen und dich bei mir entschuldigen" weise ich ihn mit zuckersüßer Stimme darauf hin.

Widerwillig lässt er sich unter Schmerzen auf die Knie sinken. So gefällt er mir schon besser. Er steht unter mir und genau das soll er auch wissen. Dachte er wirklich, dass er mit mir so umgehen kann, weil ich eine Frau bin? Sein Pech, dass er nicht weiß, wo ich herkomme.
„Es tut mir leid", presst er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

„Was denn genau?" stochere ich unschuldig weiter nach.

Sein verächtliches Schnauben ist kaum zu überhören.
„Es tut mir leid, dass ich dich beleidigt habe"

„Und weiter?" quäle ich ihn.

„Ich habe dich unterschätzt" nuschelt er kleinlaut.

„Gut, wenn das jetzt geklärt ist, dann können wir zum eigentlichen Thema übergehen.
Warum suchst du Hanna?"

Schweigend starrt er zu Boden und atmet angespannt durch, bevor er seinen Kopf wieder anhebt.

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Capo de la CataniaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt