11 | Paranoia

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„Bist du enttäuscht von mir wegen der Sache mit deinem neuen Geschäftspartner?", frage ich Sedat vorsichtig. Ich kann es nicht wirklich einschätzen, ob er deswegen oder wegen meiner Lüge so enttäuscht von mir ist.

„Anna, du bist alt genug um selber zu entscheiden mit wem du dein Bett teilst. Natürlich hat mich das Anfangs überrascht, weil ich nicht damit gerechnet habe, aber in Zukunft solltest du besser die Finger von ihm lassen, weil ich keine Probleme in meinem Geschäft gebrauchen kann."

Sein durchbohrender Blick macht mir deutlich, dass es keine Bitte ist, nein, es ist eine eindeutige Warnung. Die Frage ist nur, geht es ihm gerade um mein Wohlergehen oder ist es nur das schnelle Geld, welches ihm so wichtig ist?

Nickend bestätige ich, dass ich seine Anordnung zur Kenntnis genommen habe und so gleich entspannt sich die Atmosphäre wieder. Seine angespannten Schultern kehren wieder in ihre gewohnte Haltung zurück und auch seine restlichen Muskeln entspannen sich wieder.

Vorsichtig sehe ich zu ihm rauf, während er sich eine Zigarette zwischen die Lippen klemmt.

„Wie heißt dieser Adonis eigentlich?", versuche ich beiläufig zu fragen.

„Adonis?", fragt er ungläubig.

„Dein neuer Geschäftspartner", helfe ich ihm auf die Sprünge und kann ein Grinsen nicht unterdrücken. Gemächlich entfernt er die noch nicht angezündete Zigarette von seinen Lippen und sieht neutral und gleichzeitig sprachlos zu mir rüber.
War die Frage zu viel? Scheiße ich das nicht Fragen sollen.

Doch zu meiner Erleichterung schleicht sich ein belustigtes Lächeln auf sein Gesicht.

„Warum weißt du nicht wie er heißt?"

„Weil ich vielleicht zu betrunken an dem Abend war", nuschel ich kleinlaut.

„Luciano Martinelli", antwortet er, während er die Zigarette zurück an seine Lippen führt und anzündet.

Luciano sagt mir gar nichts, aber dafür der Name seines Vaters Valentino Martinelli, der schon einmal bei meinen Eltern Zuhause war. Ich kann mich noch gut daran erinnern was für ein Blutbad unser Eingangsbereich war. Überall lagen leblose Körper am Boden. Es war das erste Mal, dass ich eine Leiche gesehen habe. Ich war vielleicht gerade mal zwölf und die Bilder verfolgen mich teilweise bis heute.

Jede weitere Leiche, die ich danach gesehen habe, hat sich nicht mal vergleichsweise so in meinem Gedächtnis festgebrannt, wie diejenigen, die an diesem Tag in unserem Haus verreckt sind. Es waren Männer meines Vaters und welche von den Martinellis. Es musste damals einen Streit zwischen ihnen gegeben habe, sonst wäre diese gesamte Situation nicht so eskaliert.

Sedats Telefon klingelt und kurz darauf verlässt er meine Wohnung.
Es fühlt sich auf der einen Seite gut an, dass sich der Streit geklärt hat aber trotzdem mache ich mir Sorgen, was ist wenn Luciano doch hinter meine wahre Identität kommt? Ich meine, wenn ich weiß wer er ist, warum sollte er dann nicht wissen wer ich bin?
Ich schätze niemanden von den Martinellis so ein, dass sie keine Nachforschungen über eine unbekannte Person anstellen würden. Im Gegenteil, sie sind dafür bekannt dir immer einen Schritt voraus zu sein.
Vielleicht sollte ich mich aus dem geschäftlichem heraushalten und diesen Part an jemand anderem übergeben, nur an wen?

***

Aus meinem wunderbaren Plan heute frei zunehmen ist leider nichts geworden. Vor einer halben Stunde habe ich den Anruf bekommen, dass wir zu wenig Personal haben.
Das heißt also ich kann mich heute Abend wieder mal mit betrunkenen Spielsüchtigen herumschlagen.

Capo de la CataniaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt