Zu aller erst - entschuldigt bitte die lange Wartezeit! :) Dieses Kapitel hat mir echt zugesetzt. Die nächsten Teile werden nicht so lang auf sich warten lassen! - hoffentlich ^^
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Am Montagnachmittag saß Severus kurz vor fünf Uhr erwartungsvoll an seinem Schreibtisch. Er war gespannt, für welche der beiden Optionen sich Granger entscheiden würde. Entweder gab sie ihr Projekt um ein Gegenmittel auf und fuhr über die Weihnachtstage zu ihren Eltern. Oder sie entschied sich für die Arbeit mit ihm und würde in ein paar Minuten hier auftauchen. Severus war sich selbst nicht ganz sicher, welche der beiden Möglichkeiten er bevorzugte.
Bei dem Gedanken, mit ihr zusammenzuarbeiten, fühlte er sich immer noch nicht richtig wohl. Granger war im Unterricht schon anstrengend genug. Zu jedem noch so unwichtigem Thema konnte sie hunderte Fragen stellen. Ihre besserwisserische Art trieb ihn regelmäßig in den Wahnsinn. Ganz zu schweigen von ihrer wedelnden Hand, die bei jeder Frage mit einer Geschwindigkeit in die Luft schoss, als wolle sie den Goldenen Schnatz fangen.
Aber davon einmal abgesehen zeigte Granger wenigstens ein klein wenig Talent, wenn es um die Kunst des Brauens ging. Ein Talent, welches die anderen Dummköpfe in seinem Unterricht nicht ansatzweise zu besitzen schienen. Sie war der Beweis, dass seine Bemühungen, ihnen etwas beizubringen, nicht gänzlich umsonst waren.
Doch im gleichen Atemzug schaffte sie es auch, eben diese Bemühungen wieder zu vernichten. Das beste Beispiel war die Sache mit seinem alten Schulbuch. Hatte er nicht alles darangesetzt, es zurückzubekommen? Sein Plan mit Granger ging wunderbar auf – so lang, bis er einen kurzen Moment nicht aufmerksam genug war. Diese kurze Zeit reichte ihr, um ihm seinen geglaubten Erfolg wieder zu entreißen. Sollte sie hier aufschlagen, wird sie sich erklären müssen.
Gedankenverloren schaute Severus auf die Uhr. Der große Zeiger überschritt gerade die volle Stunde, als es an seiner Tür klopfte. "Herein", rief er leicht genervt.
Das typische Klicken der Türklinke war zu hören und Sekunden später trat Hermine in das Büro des Tränkemeisters ein. Wie immer mit einem unsicheren Lächeln im Gesicht.
"Miss Granger. Sie haben sich also entschieden?", fragte er zur Begrüßung.
"Guten Abend, Professor. Ja, Sir. Ich habe meinen Eltern gestern noch eine Eule geschickt, dass ich über die Weihnachtstage in Hogwarts bleibe, damit ich mich voll meinen Bericht zuwenden kann".
„Großartig", gab er wenig überzeugend zurück. „Setzen Sie sich".
Hermine lief auf seinen Schreibtisch zu und setzte sich auf den Stuhl gegenüber von ihm.Doch anstatt etwas zu sagen, sah Snape sie nur an, als überlegte er, ob er ihre Entscheidung als positiv oder negativ deuten sollte.
Hermine begann unruhig auf ihrem Stuhl herumzurutschen. „Wie geht es Ihrer Hand?", fragte sie, um die peinliche Stille zu überbrücken.
Severus warf ihr einen genervten Blick zu. Fing sie ernsthaft schon wieder mit diesem Thema an? „Meiner Hand geht es bestens. Wie geht es Ihrer?"
Die Schülerin sah ihn perplex an. „Wie bitte?"
„Wie es Ihrer Hand geht?"
„Ich...Gut, Sir", sagte sie verwirrt.
„Erfreuen Sie sich daran. Noch habe ich mich noch nicht für einen Zauber entschieden, den ich auf Ihre Hand wirken werde".
„Was?", rief Hermine alarmiert aus. Die Schärfe in seiner Stimme ließ sie nichts Gutes erahnen. „Ich verstehe nicht, was Sie meinen", sagte sie ehrlich.
„Sie verstehen nicht, was ich meine? Ich rede von dem Vorfall mit meinem alten Schulbuch, Miss Granger. Hatte ich Ihnen nicht klar und deutlich gesagt, dass ich es hierbehalten werde? Und trotzdem besitzen Sie die Dreistigkeit meine Ansage zu übergehen und es wieder in Ihre Tasche zu stecken? Ich hoffe für Sie, dass Sie die Zeit genutzt haben, sich ein paar gute Ausreden einfallen zu lassen".
Hermine verstand endlich, worauf er hinauswollte. Getroffen von seiner Anschuldigung versuchte sie sich zu rechtfertigen: „Ich habe es nicht wieder mitgenommen! Ich fand es an dem Abend einfach so in meiner Tasche".
Snape zog die Augenbrauen hoch. „Einfach so, ja?"
„Ja. Es war nicht mit Absicht. Aber ich denke, ich weiß, warum sich Ihr Buch plötzlich wieder in meiner Tasche befand. Nachdem Sie sich am Freitag so fürchterlich geschnitten hatten, kam Professor Slughorn in Ihr Labor. Wahrscheinlich hat er das Buch auf Ihrem Schreibtisch gesehen und gedacht, es gehöre mir. Sicher hat er es zurück in meine Tasche gesteckt".
Snape sah sie prüfend an. Sie log nicht. Und dieser Umstand verwirrte ihn. Dass Slughorn ebenfalls in seinem Labor war, wusste er nicht mehr. Er konnte sich komischerweise auch nicht mehr an die Geschehnisse in dieser Nacht erinnern. Wie konnte das sein?
Hermines nächste Frage riss ihn aus seinen Gedanken: „Warum lag dieses Buch überhaupt bei den anderen, wenn Sie es doch unbedingt behalten wollten?"
„Nun, den Grund haben Sie gerade angesprochen".
Hermine sah ihn fragend an.
„Slughorn", sagte Snape bitter. „Bevor das Schuljahr losging, kam er in mein Büro und fragte mich nach dem aktuellen Wissensstand jeder Klasse und zum Lernstoff in diesem Jahr. Zur Vorbereitung auf seinen Unterricht, wollte er sich ein paar meiner Bücher ausleihen. Allerdings gehe ich davon aus, dass er an diesem Punkt ein wenig zu gründlich war. Mein Tränkebuch sprang ihm sicher sofort ins Auge, da er es mit einem normalen Schulbuch verwechselte. Er nahm es mit und gab es seinen Schülern. Zu meinem Leidwesen fiel es genau in Potters Hände".
„Und Ihnen ist nie aufgefallen, dass das Buch in Ihrem Regal fehlt?"
„Ich habe am Tag etwas anderes zu tun, als jedes meiner Bücher auf seinen Standort zu kontrollieren. Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit, in seinen eigenen Privaträumen bestohlen zu werden, doch eher gering".
„Hätten Sie es auch zurückhaben wollen, hätte ich es bekommen?", fragte Hermine.Snape zog fragend eine die Augenbraue hoch. Er verstand nicht, weshalb sie diesen Vergleich zog. „Das muss nicht Ihre Sorge sein, Miss Granger".
„Entschuldigen Sie, Professor", sagte Hermine sofort, als ihr klar wurde, dass ihre Frage vielleicht ein wenig zu direkt war. Doch sie wollte ihm zeigen, dass sie durchaus Interesse an dem Wissen hatte, welches er auf den Seiten festhielt.
„Harry weiß dieses Buch und das Wissen darin nicht richtig zu schätzen. Er nutzt Ihre Notizen nur, um im Unterricht die besten Noten zu bekommen. Aber ich würde sie verwenden, um an einem Mittel gegen diesen schrecklichen Trank zu forschen".
„Was macht Sie so sicher, dass Sie in meinem Buch fündig werden?", fragte Snape scharf.
„Ich bin noch einmal die Zutaten durchgegangen, die ich bei meinem letzten Experiment verwendet habe, um eventuell einen Ansatz für das Gegenmittel zu finden", erklärte Hermine, sich nicht bewusst werdend, welchen Aufruhr sie damit in ihrem Professor auslöste.
Ihm gefiel die Vorstellung überhaupt nicht, dass Granger in seinen Notizen schnüffelte. Auch wenn sie versuchte zu erklären, warum sie es tat. Auf diesen Seiten befinden sich Zaubersprüche, die selbst sie nicht beherrschen würde. Es war ihm egal, ob sie sich damit selbst verletzte. Doch früher oder später würden gefährliche Fragen aufkommen und die Spur in seine Richtung führen. Er würde sich erklären müssen. Es wäre für alle das Beste, wenn niemand weiter von diesem Buch wusste.
Hermine fuhr unbeirrt fort: „Ich habe eine Liste erstellt mit allen verwendeten Zutaten und allen Informationen, die ich bisher gesammelt habe", sagte sie und hoffte, dass sich der angespannte Gesichtsausdruck ihres Lehrers ein wenig lockern würde, wenn er sah, wie ernst ihr die Arbeit mit ihm war.
„Und die wären?", fragte Snape, dessen Gesichtsmuskeln sich keineswegs zu lockern schienen.
Hermine griff nach ihrer Tasche und zog eine Rolle Pergament heraus. Wie auch in ihren Aufsätzen war sie mehr als gründlich bei der Auflistung ihrer Fortschritte gewesen. Snape nahm ihr das Pergament aus der Hand und las:
„1. Experiment, Oktober 1996, Mondphase: abnehmend, Ort: MädchenkloKessel: MessingZutaten: Schwarze Salzbeeren (Sonnengewächs), Flussgras (Gewässerpflanze / Mondgewächs), MondsteinVorbereitung: Wasser zum Dampfen bringen, Flussgras entwurzelnAblauf: Wasser leicht erhitzen, ungeschälte Salzbeeren hinzugebenFolge: Kessel explodiert, Radius: Klokabine"
Ohne es zu wollen musste Snape über ihre Formulierung schmunzeln. „Radius: Klokabine" traf es auf den Punkt. Er las weiter.
„Informationen zu allen bisher verwendeten Zutaten:Schwarze Salzbeeren: Sonnengewächs, salzhaltige Kruste, leicht explosiv, entziehen Wasser, Kern sollte nicht berührt werdenFlussgras: Gewässerpflanze / Mondgewächs, lösen Halluzinationen ausMondstein: leuchtet bei Vollmond
„Na schön", kommentierte Snape. „Was gedenken Sie als nächstes zu tun?"
Hermine war überrascht, dass er ihr den Freiraum gab, selbstständig über ihre Vorgehensweise zu entscheiden. „Am sinnvollsten wäre es, jetzt nach Pflanzen zu suchen, die die Oppositionspflanze zu meinen verwendeten Zutaten bilden", erklärte sie.
„Nein", korrigierte er. „Sie suchen nicht nach dem Gegenteil Ihrer Zutaten. Sie suchen nach der Pflanze, die die Wirkung des Trankes neutralisiert".
„Aber ist das nicht...-", begann Hermine ihre Zweifel zu äußern. Seitdem er sie das letzte Mal wissentlich auf die falsche Spur gelenkt hatte, glaubte sie seinen Erläuterungen nicht mehr, ohne diese kurz zu hinterfragen.
„Nein, das ist nicht dasselbe", sagte Snape trocken. „Opposition bedeutet nicht gleich Gegengift. Es kommt auf viel mehr an. Sie müssen sich vorher genau mit Ihren Zutaten beschäftigen und herausfinden, wie sie sich zueinander verhalten. Wie wir bereits besprochen haben, spielt auch die Zugehörigkeit zu einer Pflanzengruppe eine wichtige Rolle. Wie verhalten sich Sonnen- und Mondgewächse zueinander? Wie wirken sich tierische Fette auf pflanzliche Gifte aus? Ab welcher Temperatur beginnen Ihre Zutaten zu zerfallen..."
Hermine liebte es, wenn er so vom Tränke-Brauen erzählte. Er könnte stundenlang von Kräutern, Kesselgrößen und dem richtigen Winkel des Messers beim Schneiden ihrer Zutaten sprechen. Auf einmal schossen ihr die Bilder ihres Unfalls mit dem Messer in den Kopf. Unterbewusst wanderte ihr Blick hinab auf seine Hand, in die er sich geschnitten hatte. Diese zeigte jetzt nichts weiter als eine blasse Narbe. Wie sie ihn geheilt hatte, wusste sie immer noch nicht. Warum ist ihr diese Fähigkeit vorher noch nie aufgefallen? Konnte sie jeden heilen oder nur ihn? Wie gern würde sie ihn noch einmal berühren, um erneut dieses Kribbeln in ihren Fingern zu spüren. Und wie sehr wollte sie, dass auch Snape sie berührte...Doch das würde er niemals tun. Er würde nie etwas von ihr berühren.
Plötzlich fiel ihr der Blumentopf in ihrer Tasche wieder ein. Den Topf mit der Wildrose wollte sie ihrem Professor als Weihnachtsgeschenk am Ende ihrer Besprechung überreichen. Doch bevor die Rose ihre ganze Wirkung entfalten konnte, musste erst Hermine den Topf und dann ihr Professor ihn berühren. Aber wie sollte sie das anstellen? Wie konnte sie ihn dazu bringen, die Pflanze zu berühren, ohne verraten zu müssen, um was es sich handelt?
Vielleicht könnte sie ihn zu den anderen Pflanzen stellen, die er hinter seinem Schreibtisch in dem großen Schrank aufbewahrte. Auf insgesamt vier Ablageflächen standen ebenfalls Töpfe mit Pflanzen darin. Sie erinnerten Hermine an Ranken, die häufig an alten Kirchenruinen empor wachen. Doch manche von ihnen besaßen nur noch vertrocknete Zweige. Sie sahen nicht bedeutend anders aus als ihre Wildrose. Es würde nicht auffallen, wenn sie ihr Geschenk einfach dazustellen würde. Doch sie dann hätte sie keine Gewissheit, ob er die Rose tatsächlich berühren würde. Sie musste sich etwas anderes überlegen. Vielleicht ja ein...
„Miss Granger, Sie haben mir gefälligst zuzuhören!"
Hermine schreckte aus ihren Gedanken hoch. Augenblicklich bereute sie es, sich wieder einmal in ihren Gedanken verloren zu haben. So sehr sie sich auch anstrengte ihm zuzuhören, sie konnte es nicht verhindern ständig in Träumereien zu versinken. Und das ärgerte ihren Professor, wie sie deutlich in seinem Gesicht lesen konnte.
Er hielt kurz inne, bevor er erneut zu sprechen begann: "Ich muss Sie wohl an einige Dinge erinnern, bevor Sie anfangen in meinem Labor zu forschen. Erstens: Sie schenken mir Ihre volle Aufmerksamkeit, wenn ich mit Ihnen spreche. Haben wir uns verstanden?" Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr er fort.
„Zweites: Sie werden mir über jegliche Fortschritte, die Sie erzielen, eine ehrliche Auskunft geben. Keine Heimlichkeiten, keine unerlaubten Experimente. Hier werden keine Spiele mehr gespielt".
Ich weiß ja nicht, wer von uns beiden Spiele gespielt hat, dachte Hermine ein wenig gereizt. Doch sie sagte nichts dazu und antwortete stattdessen: „Ja, Sir!"
„Gut. Drittens: Niemand wird von Ihren Forschungen erfahren. Sollten Sie mit Ihren Freunden – und besonders mit Potter und Weasley - dennoch darüber sprechen, werde ich es wissen. Davon mal abgesehen, dass ihr Gehirnschmalz sowieso nicht ausreicht, um unsere Arbeit hier zu verstehen".
Hermine überhörte den Seitenhieb auf ihre Freunde. An diese Art von Kommentaren hatte sie sich gewöhnt. Doch sie verwirrte der Umstand, nicht über ihre Arbeit sprechen zu dürfen.
„Warum darf ich Harry und Ron nichts hiervon erzählen? Sie berichten mir doch auch von ihren Projekten".
Ja, sie forschen ja auch nicht zu einem Mittel gegen einen der gefährlichsten Tränke, die der Dunkle Lord nutzt, um seine Herrschaft aufzubauen, dachte Snape bitter. Er konnte Hermine ihre Unwissenheit jedoch nicht vorwerfen.
„Mit dieser Regel will ich lediglich verhindern, dass Sie die Hilfe anderer in Anspruch nehmen. Wie Sie sicher schon festgestellt haben, heißt diese Arbeit selbstständiger Untersuchungsbericht".
Hermine sah ihn ungläubig an. Was war das bitte für eine Argumentation? Erneut hatte sie das Gefühl, dass ihr Professor ihr nicht die ganze Wahrheit erzählte. Regel Nummer Zwei wurde soeben gebrochen, sprach eine Stimme in ihrem Kopf. Hermine überhörte sie und sagte erneut: „Ja, Sir!"
„Viertens: All die Zutaten, die Sie hier sehen, sind nicht für die Nutzung von Schülern gedacht. Ich habe sie persönlich gekauft, gesammelt oder gezüchtet. Sie werden nichts ohne meine Erlaubnis anrühren oder entwenden. Sehen Sie die Schenkel der gelben Moorkröte?", fragte er und deutete auf eine Ablage rechts von ihnen. „Sie können sich nicht vorstellen, wie viel Zeit ich investiert habe, um diese Tiere zu fangen. Wenn davon auch nur ein Schenkel fehlt, werden Sie das bitter bereuen".
Die Gryffindor wurde zunehmend gereizter. Seine Regel ließ sie wie eine ungezogene Sechsjährige fühlen, die sich heimlich an der Keksdose vergriff. Oder wollte er auf ihr zweites Schuljahr verweisen, in dem sie unerlaubterweise seine privaten Zutaten für den Vielsafttrank gestohlen hatte? Doch er konnte unmöglich wissen, dass sie es war. Und selbst wenn - das alles war vor vier Jahren. Sie war längst aus diesem Alter raus. Also warum stellte er diese Regel auf?
Die Schülerin sah zu ihm auf: „Ich werde diese Schenkel nicht anrühren. Wenn sie verschwinden, sind sie vermutlich von selbst vom Tisch gehüpft, um Ihrer schrecklich misstrauischen Art zu entkommen", schoss sie zurück.
Doch gleich, nachdem Hermine das letzte Wort ausgesprochen hatte, schlug sie sich erschrocken die Hand vor den Mund. Was hatte sie ihm da gerade gesagt? Wie konnte sie nur so frech werden? Hermine wappnete sich für einen Ausbruch. Doch dieser blieb aus. Vorsichtig schaute sie erneut zu ihrem Professor und stellte überrascht fest, dass sie in kein wutentbranntes, sondern ein leicht amüsiertes Gesicht blickte.
Snape musste sich selbst eingestehen, dass er durchaus beeindruckt von ihrer forschen Antwort und belustigt über ihre eigene Verblüffung war. Von seiner Schülerin war er ein tadelloses Verhalten gegenüber Lehrkräften gewohnt. Dass sie ihm jetzt so frech antwortete und sich offenbar selbst damit überraschte, brachte ihn erneut zum Schmunzeln. Sein Bild der regelbewussten, engstirnigen und nervigen Musterschülerin bekam leichte Risse.
„Und fünftens", begann Snape, als hätte er ihre letzte Bemerkung nicht gehört. „Die Möbel und sonstige Einrichtungsgegenstände in diesem Raum sind meine privaten. Ich möchte nicht, dass sie durch unbeabsichtigte Explosionen zerlegt werden. Aus diesem Grund werden Sie kein Gewächs in dieses Büro hineinbringen, dessen Wirkung Sie nicht ganz genau kennen!"
Hermine hob ruckartig den Kopf. Warum sagte er das? Wusste er, dass sie einen Topf mit einer mysteriösen Pflanze in ihrer Tasche versteckte?
„Was sagen Sie zu mir?"
„J...ja, Sir", sagte sie zögerlich.
Snape musterte sie genau. Diesen schuldbewussten Blick kannte er sehr gut. Wenn das Mädchen vor ihm eines nicht konnte, dann war es lügen. Er erkannte sofort, dass Hermine wegen irgendetwas ein schlechtes Gewissen hatte. Dieser nervöse Blick zur Seite verriet sie jedes Mal aufs Neue.
„Warum so verunsichert, Miss Granger?", fragte er sie deshalb mit einem bösen Grinsen. „Haben Sie bereits eine Regel gebrochen, ohne dass Sie überhaupt richtig mit Ihren Forschungen begonnen haben?"
Hermine überlegte kurz, was sie ihm antworten sollte. Lügen konnte sie nicht. Doch sollte sie ihm jetzt schon von der Wildrose berichten? Es sollte eine Überraschung werden und hatte nichts mit ihren Forschungen zu tun. Doch andererseits könnte das die einzige Möglichkeit sein, Snape dazu zu bringen, den Blumentopf zu berühren, ohne, dass es auffällig war. Sie entschied sich für die Offensive.
„Ich habe bereits eine Pflanze mitgebracht, von der ich die genaue Wirkung nicht kenne. Ich dachte, Sie könnten mir da weiterhelfen?", fragte sie hoffnungsvoll.
Snape seufzte genervt. Sie schaffte es tatsächlich, eine seiner Anweisungen zu missachten, noch bevor sie richtig angefangen hatten.
„Gut. Was ist es?", fragte er.
Hermine witterte ihre Chance. Sie zog unauffällig ihren Zauberstab aus ihrem Umhang und beugte sich über ihre Tasche, sodass Snape sie nicht sehen konnte. Sie öffnete ihre Tasche, sah den verdorrten Zweig in der Erde stecken und murmelte den Zauberspruch „Cognita Ostende".
Die Spitze des kleinen Astes begann zu leuchten. Es sah aus, als würden kleine Blitze von den Spitzen entlang der Äste wandern. Hermine war so fasziniert von der Wirkung, die ihr Zauberspruch hatte, dass sie beinah den zweiten Teil des Zaubers vergas.
Ein lautes „Was treiben Sie da, Miss Granger?" erinnerte sie an den Rest des Zaubers. Noch leiser als vorher flüsterte sie: „Severus Snape". Das Glühen erlosch. Hatte es funktioniert?
Sich ein wenig dämlich vorkommend, stellte die Schülerin den Blumentopf samt vertrocknetem Zweig in die Mitte seines Schreibtischs und sah ihrem Professor erwartungsvoll an. Einen Moment musterte ihr Lehrer den dünnen Ast, bevor sich seine Gesichtszüge verhärteten.
„Soll das ein Witz sein?", fragte er gereizt. Der kurze Funken Sympathie, den er ihr gegenüber verspürt hatte, erlosch sofort wieder.
Hermine ahnte bereits, dass Snape ihr Anliegen nicht ernst nehmen würde – nicht ernst nehmen konnte. Wie sollte er auch? Sie versuchte sich an einer Erklärung: „Ich habe diese Pflanze entdeckt, aber konnte mir nicht erklären, was genau das ist".
„Das kann ich Ihnen sagen", begann Snape, nahm den Topf und hielt ihn Hermine vor das Gesicht. „Das ist ein nutzloser, vertrockneter Zweig, den jemand überflüssigerweise in einen Blumentopf gesteckt hat".
Hermine strahlte über das ganze Gesicht, als er den Blumentopf in die Hand nahm. Sie hatte es geschafft! Doch dann erstarrte sie augenblicklich, als er die Pflanze mit einem Mal in die Kiste „Unbrauchbar" warf.„Warum haben Sie...-", begann Hermine.
„Sie sind hier, um eine professionelle Forschungsarbeit zu leisten und nicht, um meine Zeit mit derartigen Scherzen zu verschwenden! Ich dachte, ich hätte mich klar und deutlich ausgedrückt: Es werden keine Spiele mehr gespielt!"
„Aber Sir!", protestierte Hermine, die plötzlich mit den Tränen kämpfte. Mit dieser Reaktion hatte sie absolut nicht gerechnet. „Sir, diese Pflanze war ein..."
„Sinnloser, unbedeutender, verdorrter Ast. Danke Miss Granger. Aber diese Art von Witz trifft nicht meinen Humor. Ich werde meine Zeit nicht mit solchen Späßen verschwenden. Ihre Stunde ist hiermit beendet. Kommen Sie wieder, wenn Sie sich der Ernsthaftigkeit Ihrer Arbeit bewusst sind".
Hermine rührte sich nicht. Sie verstand nicht, was eben geschehen war. Wie konnte die Situation so schnell eskalieren? Sie wollte ihm doch nur ein Geschenk überreichen. Doch jetzt dachte er, sie würde sich einen Spaß daraus machen, ihm unnütze Pflanzen zu präsentieren.
„Raus hier, Miss Granger. Ich habe zu tun", sagte Snape nur, stand auf und begann mit der Korrektur von Aufsätzen.
Verwirrt und niedergeschlagen nahm Hermine ihre Tasche und verließ den Kerker. Wie konnte sie das alles nur so vermasseln? Jetzt hatte sie nicht nur ihr Weihnachtsgeschenk verloren, sondern auch noch ihr gesamtes Projekt in Gefahr gebracht. Snape dachte womöglich, sie würde all das nicht ernst genug nehmen. Und dass nur, weil sie ihn unbedingt dazu bringen wollte, den Blumentopf zu berühren.
Was sie jedoch nicht wusste – der Zauber der Wildrose begann bereits jetzt zu wirken.
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Nur Wer Zusammen Ist, Ist Nicht Allein
FanfictionHermine befindet sich im sechsten Jahr auf Hogwarts. In diesem Jahr müssen die Schüler eine umfangreiche Untersuchungsarbeit ablegen. Dafür wünscht sich Hermine Professor Snape als Betreuer. Doch dieser scheint davon nicht begeistert zu sein. Hat er...