Kapitel 19

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07. Januar 2018
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Liebes Tagebuch,

Mehr als fünf Jahre ist die Trennung von Felix bereits her und die Zeit seitdem war nicht leicht gewesen. Ich habe viel zerstört, vor allem mich selbst, bei dem Versuch, ihn zu vergessen. Mittlerweile kann ich sagen: an den meisten Tagen geht's mir gut. Ich habe mich zusammen gerissen, mein Leben wieder auf die Reihe bekommen und das Vertrauen in mich und die Menschen um mich herum zurück gewonnen. Aber es gibt auch andere Tage. Die dunklen Tage.

Manchmal gebe ich ihm die Schuld daran, manchmal mir selber. Manchmal versuche ich mir einzureden, dass wir einfach nur zwei Menschen waren, die nicht zusammen gepasst haben. Nicht mehr und nicht weniger. Dass es nicht die große Liebe war, sondern einfach nur die erste. Dass da draußen noch jemand ist, der mir mehr geben kann als er und dass ich diesen Menschen lieben werde. So sehr, dass ich darüber lachen werde, irgendwann mal geglaubt zu haben, dass die Liebe zu ihm das Größte war. Und manchmal habe ich Angst, dass das nie passieren wird.
Doch selbst wenn nicht ...
Jede Art von Glück ist besser, als jemandem nachzutrauern, den man nicht haben kann.

(...)
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Nervös lief ich in meinem Zimmer auf und ab, während ich versuchte, Leon an's Telefon zu bekommen. Vergeblich. Ich konnte seine Reaktion verstehen. Wenn ich er gewesen wäre, hätte ich nach meiner Aktion am vergangenen Abend auch keinen meiner Anrufe entgegen genommen. Mir wurde klar: wenn ich diese Beziehung retten wollte, musste ich Taten sprechen lassen und zu ihm fahren und genau das tat ich auch.

Seine Wohnung war nur wenige S-Bahn Stationen von meiner entfernt und während ich auf dem Weg zu ihm war, spielte meine Playlist auf Shuffle ein Mix aus alten und neuen Lieblingsliedern.

I wanna tell you it's over
That I ain't thinking of her
I wanna really mean it
And I want you to see it
That I'm really trying to leave her behind
And I'm trying not to make you cry
I wanna tell you that I ain't playing games
And I'm dedicated to receive a change
But when I look in the mirror, it's the same old me

Nachdenklich sah ich aus dem Fenster der Bahn, während Berlin an diesem Tag noch grauer aussah als sonst. Der Himmel war behangen mit dunklen Wolken und es war nur eine Frage der Zeit, bis der Regen erbarmungslos auf die Stadt niederprasseln würde.

Ich wollte Leon niemals wehtun. Dieser Mann hatte in den letztens zwei Jahren alles für mich aufgegeben. Er war extra aus Magdeburg nach Berlin gezogen, für uns. Ohne zu wissen, ob unsere Beziehung überhaupt Bestand haben würde. Er war immer gut zu mir und würde mein Wohl jederzeit über seines stellen und was tat ich? Setzte das alles auf's Spiel. Für einen Mann, der mir das Herz brach. Für einen Mann, der mich nicht liebte. Das war dumm! Ich wusste, dass es dumm war und dennoch hatte ich es getan. Ohne einen einzigen Gedanken an ihn. Warum konnte ich Felix einfach nicht vergessen? Warum war da immer noch dieses Gefühl, jedes Mal, wenn ich bei ihm war und warum blendete ich alles andere aus, sobald er mich nur ansah? Es war, als würde mein Gehirn nicht richtig funktionieren, sobald er da war. Ich durfte meinem Herzen nicht die Kontrolle überlassen. Ein einziges Mal in meinem Leben musste ich auf meinen Kopf hören und das tun, was er für richtig hielt. Anders würde ich nicht glücklich werden können. Also sperrte ich mein Herz in eine eiserne Truhe, verbuddelte es ganz tief in mir drin und warf den Schlüssel in ein Meer aus Erinnerungen, in welches ich nicht mehr eintauchen wollte. Nie wieder.

The Diary of Jane - Felix Lobrecht FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt