Kapitel 2: Das ist keine Bitte!

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Die Wachen bringen mich weiter. Ich sehe noch schnell zu Portia bevor ich zur Tür hinaus geschleift werde. Ich achte nicht darauf wo sie mich hinbringen. Ich denke bloß an Katniss. Wo ist sie wohl gerade? Wird ihr was angetan? Wird sie gefoltert, weil ich etwas Falsches gesagt habe? Geht es ihr gut? Lebt sie überhaupt noch? Ist sie wirklich in Snows Händen? Kann ich ihr irgendwie helfen? Fragen um Fragen kreisen im meinem Kopf. Ich bin kurz davor, in Tränen auszubrechen, als wir vor einer großen Tür anhalten. Weiß. Verziert. Ich weiß, wohin sie führt. Diese Tür kann nur zu Snow führen. Ich muss mich sehr anstrengen, um die Panik zu unterdrücken. Um die Tränen zu unterdrücken. Die Friedenswächter klopfen und ich höre seine kalte Stimme. ,,Herein!" Mir läuft ein Schauer den Rücken runter und ich will nur noch weg! Ich will schreien! Die Friedenswächter schubsen mich hinein und schließen die Tür. Es überrascht mich, dass sie nicht mit hinein kommen. Sehe ich so ungefährlich aus? Ich sehe Snow in seine kalten, gefühllosen Schlangenaugen und unterdrücke die Angst, die in mir hochkommt.
,, Setzen Sie sich, Mr. Mellark." Nervös setze ich mich in einem der Sessel und versuche, ihm nicht meine Angst sehen zu lassen. ,,Ich habe Sie kommen lassen, um Ihnen zu danken." Jetzt bin ich total verwirrt. Danken? Wofür?
,,Sir?", frage ich verständnislos.
Er erklärt:,,Für den Erfolg ihres Interviews. Sie haben meine wildesten Träume übertroffen."
War das nicht genau so geplant? Er hat mich doch gezwungen!
,, Ich habe nur gesagt, wie es mir geht. Was ich denke." Naja, das stimmt nur teilweise. Ich habe über Katniss und die Arena gesagt, wie es mir geht, beziehungsweise ging. Ansonsten habe ich gesagt, was ich glaube, dass er hören wollte. Ein Krieg ist zwar nicht die beste Idee, dafür aber die einzige. Und so wie es vorher war, geht es einfach nicht. ,,Das macht es umso effektiver.", unterbricht Snow meine Gedanken. ,,Kennen Sie den Unterschied zwischen Realität und destruktiven Jugendfantasien?" Er macht eine kurze Pause, während ich ihn nur ansehen kann. Er sieht so angsteinflößend aus! ,,Sie waren immer bedachter, weniger Impulsiv als Katniss. Wenn Panem ihr in einem Bürgerkrieg folgt, erleben wir weit Schlimmeres als die Dunklen Tage!"
,,Sie wollte nie einen Krieg.", versuche ich sie zu verteidigen. Das wollte sie nie. Oder doch. Einmal. Aber das war nur kurz. Und es hat nicht funktioniert.
,,Und es wird keinen geben, wenn Peeta Mellark etwas zu sagen hat." Er nickt mir zu. Mir wurde nur noch schlecht. Ich weiß worauf das hinausläuft. Ich muss wieder Interviews machen. Hört das denn nie auf? Sie werden mir drohen und was weiß ich was tun und ich werde nachgeben müssen. Sie haben mir doch schon meine Familie genommen, was wollen Sie mir noch alles nehmen? Ich will weg! Ich wünsche mir, wir wären damals gegangen. Wir alle. Gale und seine Familie, Katniss und ihre Familie, Haymitch, ich und meine Familie.Hätten uns im Wald versteckt. Und jetzt sitze ich hier.
,,Ich weiß nicht, was ich noch sagen könnte." Ich versuche bloß Zeit zu schinden. Doch dann kommt mir eine Idee. Er würde Katniss doch nicht wehtun, wenn ich ihm und nur ihm jetzt meine Meinung sage? Oder? Oder doch? Würde er? Ich grübele. Es entsteht eine lang Pause bevor ich mich entschließe.
,,Ich ... habe das Blut satt. Und es klebt eher an den Händen eines einzelnen Friedenswächters, als an allen Distrikten zusammen. " Er lächelt mich an und das war es, was mich sicher machte: Ich hätte es nicht sagen sollen. Dafür wird sie büßen.
,,Mein Junge, in einem Zuhause mögen hundert Dinge zu reparieren sein, doch das rechtfertigt nicht, es niederzubrennen." Achja? Wir rechtfertigen Sie dann die Bombardierung auf Districkt 12? Dort gab es nur zwei Sachen zu reparieren, Katniss und mich, aber Sie haben es niedergebrannt!, will ich schreien, doch ich halte mich zurück. Das würde die Lage nur verschlimmern.
,,Wir sind uns einig, dass ein Krieg die Menschheit vernichten könnte. Sagen Sie das einfach weiter mit der Ihnen so eigenen Aufrichtigkeit...Mr. Mellark, manchmal werden wir, ob gewollt oder nicht, zu Symbolen in dieser Welt." War das nicht genau die Lage von Katniss? Sie wollte nie ein Symbol werden! Doch sie wurde es! Und dafür straft er uns beide, Katniss und mich.
,,Und da ich ein Symbol für Macht und Förmlichkeit bin, wie dieses Siegel an der Tür, was bedeutet, dass ich nicht immer jedes Zuhause erreiche, muss das von einem Freund kommen." Ich will schnauben. Freund!
,,Jemand, der den Menschen vertraut vorkommt. Jemand, der in der gleichen Lage ist. Ein Bäckerssohn. Je früher diese Aufstände beendet werden, desto früher sehen Sie Ihr Zuhause wieder."
Wie bitte? Districkt 12 ist doch abgebrannt! Das ist ein Scherz!
,,Also, worum bitten Sie mich, Sir? Ich soll Ihre Stimme der Vernunft sein? " Das kann er doch nicht verlangen?
,,Sie haben alles verstanden, bis auf ein winziges Detail. Das ist keine Bitte!" Mir läuft ein Schauer den Rücken runter. Er sieht mich mit gefährlichen Augen an, während ich mich zu kontrollieren versuche. Doch die Angst und die Sorge, die Wut und der Schmerz lassen sich nicht mehr verstummen. Voller Panik versuche ich nicht mehr in seine Augen zu sehen, um mich zu beruhigen und sehe an mir herunter. Was ich sehe bereitet mir Übelkeit und Angst: Das graue Hemd und die graue Hose, die sie mir gegeben haben, waren durchlöchert, doch das war nicht das Schlimmste. Überall war eingetrocknetes Blut, Eiter und andere Überreste von menschlichen Schmerz. Es klebte Dreck und Erbrochenes daran. Alles beginnt sich zu drehen. Es bilden sich schwarze Flecken vor meinen Augen und ich schreie vor Panik. Alles wird schwarz und ich schreie immer weiter, während ich in einem Albtraum sinke.

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