Kapitel 6: Was geschieht hier?

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Ich versuche zurück zu denken, wo all die Zeit geblieben ist. Hmm... Ich überlege, überlege, versuche mich zu erinnern...
Und dann kam mir etwas in den Sinn:
,,Es hat keinen Zweck mehr, länger zu warten. Fangt an. Zuerst nur wenig.", flüstert die Stimme, vor der ich am meisten Angst habe. Dann Schritte, Snow geht weg. Was ist jetzt los? Ich spüre ein Stechen am Arm und plötzlich bin ich weg. Morfix? Ein paar Minuten später habe ich den schlimmsten Albtraum seit meiner Ankunft. Es ist wie immer der Gleiche, aber meine Angst ist stärker als sonst.
Ich streiche mir über die Stelle am Arm, wo es gespritzt wurde. Nur ein wenig da drunter ist eine riesige Blase, oder eher ein Stich. Es tut weh, darauf zu drücken. Es ist wie in den ersten Hungerspielen. Der gleiche Albtraum. Ich hatte ihn da das erste Mal. Als ich von den Jägerwespen gestochen wurde. Die Beule fühlt sich an wie ein Jägerwespenstich! Und dann erinnere ich mich, wann das war: Vor einer Weile wurden ,,die Rotschöpfe" gefoltert und danach bin ich kurz ohnmächtig gewesen. Und dann war meine Angst besonders groß. Hmm...

Meine Angst um sie steigt von Minute zu Minute. Doch dann kommt ein Friedenswächter mit einem Fernseher! Das ist purer Luxus hier! Ich starre es an und dann sehe ich es: ich habe den Propo gesehen
...
Geschockt starre ich den Bildschirm an. Ich kann nur zwei Sätze denken, die sich in meinem Kopf abwechselnd wiederholen: Du lebst! Du bist nicht verletzt!
Diese Worte werden von mal zu mal lauter, bis ich sie tatsächlich ausspreche. Ich fühle mich so leicht und glücklich! Als wäre ich nie in den Hungerspielen gewesen und ich zusammen bin mit Katniss. Du lebst! Du bist nicht verletzt! Jetzt kam noch ein dritter Satz hinzu: Du bist nicht hier! Und nachdem ich auch diesen Satz immer wieder wiederholt habe, ein vierter, ein fünfter, immer mehr, bis ich nicht mehr nur in sich wiederholenden Sätzen denke. Sie ist frei! Snow kann ihr nichts tun! Sie lebt! Sie ist kaum verletzt! Es geht ihr gut! Sie kämpft gegen Snow! Sie kämpft für uns gegen Snow! Das ist einfach unglaublich!
Alle meine Sorgen um sie fallen ab, weichen unendlichen Glück. Katniss geht es gut! Snow kann ihr nichts tun! Ich bin so glücklich, ich könnte singen und tanzen und lachen und schreien! Das erste gute seit ich hier bin! Katniss geht es gut! Ich liebe dich, Katniss! Ich liebe dich! Ich komme noch zu dir zurück! Ich werde kommen! Ich liebe dich! Das verspreche ich dir! Ich komme zu dir zurück! Eine Träne des Glücks rollt meine Wange runter. Snow kann ihr nichts tun!
Aber...irgendwas stimmt nicht...warum hat Snow mir dann so gedroht? Ich lasse das Gespräch mal Revue passieren. ,,Wo ist Katniss?", rufe ich. ,,Geht es ihr gut?" Er lächelt. ,,Das kommt ganz auf dir an, Peeta." Jetzt verstehe ich nichts mehr.
,,Wenn du tust, was ich von dir will, wird es ihr vielleicht gut gehen." Jetzt verstehe ich das. Und schon gebe ich mich geschlagen. Wenn er Katniss hat, dann muss ich tun, was er sagt. ,,Was wollen Sie von mir?" ,,Das mag ich so an dir, weißt du, Peeta? Nun, was ich von dir will ist einfach: Heute Abend hast du ein Interview mit Ceasar. Überzeuge die Rebellen, den Krieg zu beenden."
Hmm...er hat nie gesagt, Katniss wäre in seiner Gewalt...Hat er vielleicht etwas anderes gemeint? Dieser Gedanke wirft mich aus allen Wolken. Kann er Katniss trotzdem wehtun? Kann er sie erreichen, sie töten? Ihr Schmerzen hinzufügen? Was kann er tun? Alle meine Sorgen kommen mit einem Schlag zurück. Es wäre weniger schlimm, wenn sie nicht verschwunden wären. Wenn nur die gleiche Menge Sorgen hinzugekommen wären. Doch jetzt prasselt alles auf mich ein. Es ist schlimmer, als alles hier zusammen. Mein Glück ist komplett verschwunden. Die Friedenswächter verschwinden und nehmen den Fernseher mit.

Was machen sie mit mir? All meine Gefühle waren einfach zu stark! Da stimmt was nicht! Was haben sie mir gespritzt? Jägerwespengift? Warum? Was hat das zu bedeuten?
Snow sieht mich an. Ich habe nicht gemerkt, dass er mich etwas gefragt hat. Ich zucke mit den Schultern.
,,Du hast es nicht verstanden?" Ich schüttele den Kopf.
,,Dann nochmal: Du führst wieder ein Interview mit Caesar." Er wartet und ich nicke. ,,Caesar wird dich über die Propos ausfragen." Ich bin verwirrt: Was sind Propos?
,,Propos?", frage ich. ,,Propaganda Spots. Das Video von Katniss.", erklärt er. Ich nicke. Ok. ,,Du wirst ihr sagen, dass sie damit aufhören soll. Wie, ist mir egal. Aber du tust es! Verstanden?" Ich nicke. Was bleibt mir den sonst übrig? Ich kann ja nicht weg! Und ich muss Katniss beschützen! Und jetzt kommen die Friedenswächter. Sie bringen mich zu Portia und ich sehe in den Spiegel ich bin entsetzt, wie sehr ich mich verändert habe.Ich bin abgemagerter als ich dachte. Meine Hände zittern. Ich habe Ringe unter meinen Augen. Man sieht mir sogar an, dass mir jede Bewegung Schmerzen bereitet, obwohl ich es zu verbergen versuche. Portia gibt ihr bestes, doch man kann nur manches verbergen. Nur sehr wenig. Ich sehe einfach nur furchtbar aus.
Und dann bringen die Friedenswächter mich zum Interview mit Caesar.
Wieder bin ich sehr nervös, so dass ich wieder den Anfang nicht mitbekomme. Aber zum Glück kann ich mich besser konzentrieren als letztes Mal!
,,Nun, Peeta, du weißt ja, was Katniss tut. Kannst du dir vorstellen, warum sie diese Filme für die Distrikte dreht?"
,,Offenbar benutzen sie Katniss, um die Rebellen anzustacheln. Ich bezweifle, dass sie überhaupt weiß, was im Krieg genau vor sich geht. Was da auf dem Spiel steht.", sage ich.
,,Möchtest du ihr irgendetwas mitteilen?", fragt Caesar.
,,Ja"
Ich schaue genau in die Kamera.
,,Sei nicht dumm, Katniss! Gebrauch deinen
Verstand! Sie wollen dich als Waffe einsetzen, um die Menschheit zu zerstören. Wenn du wirklich Einfluss hast, nutze ihn, um diese Sache zu stoppen! Stopp den Krieg,bevor es zuspät ist! Frag dich selbst, ob du den Leuten, für die du arbeitest, auch wirklich trauen kannst! Weißt du überhaupt, was vor sich geht? Wenn nicht versuch,es herauszufinden." Ich wollte ihr bloß sagen, dass ich dashier nicht freiwillig mache, ohne sie in Gefahr zu bringen.
,,Das war gut, Mr. Mellark." Erst seine kalte Stimme lässt mich bemerken, dass die Kamera aus ist. Ich blicke in die Schlangenaugen.
Ich versuche, Ruhig zu bleiben. Aber es ist nicht so leicht, wenn man in diese grausamen Augen schaut. ,,Mal sehen ob das etwas bringt. Wenn nicht könnte das für Katniss ganz furchtbar werden." Mit diesen Worten ließ er mich stehen. Was meinte er damit? Würde er ihr von hier aus wehtun können, weil ich versage? Das darf nicht sein! Er darf ihr nichts tun! Eine Träne der Verzweiflung und Angst rollt herunter, bevor ich mich wieder konzentrieren kann. Hör auf, Peeta! Egal, was er tut, du weißt, was du tun musst! Katniss retten! So war es immer und so wird es immer sein! Du musst alles tun, um sie zu retten!

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