Kapitel 2

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„Doch. Dein Gesicht habe ich ganz sicher schon mal .... Moment!" Er bleibt so abrupt stehen, dass ich aus Reflex ebenfalls stoppe. „Was?" Mit wachsendem Interesse sehe ich ihm in sein geschockt aussehendes Gesicht. Bestimmt hat jemand irgend ein Bild von mir verunstaltet und dann ins Internet gestellt, weil er selbst kein eigenes Leben hat. Oder irgendjemand, der sich nur mit 'kleinen' und 'schwachen Außenseitern' anlegt, weil er sich vor den Leuten seiner Größe fürchtet. Was auch immer, dieser jemand kann was erleben!

„Komm!" Vollkommen unerwartet schnappt sich der fremde Typ meine Hand und zieht mich mit sich. Aus meinen Gedanken gerissen registriere ich erst ein paar Sekunden später die Situation.

„Lass mich los!" Mit fester Stimme versuche ich ihn dazu zu bewegen, von meiner Hand abzulassen, doch er scheint ein ganz bestimmtes Ziel zu haben, von dem er sich nicht abbringen lässt. Da ich bezweifle, dass er mich in einer finsteren Gasse vergewaltigen will, lasse ich mich schließlich von ihm mit sich ziehen.

Er bewegt sich immer weiter stadteinwärts bis er schließlich vor der Bibliothek zum stehen kommt. Doch er denkt nicht daran, meine Hand loszulassen, sondern reißt mich unsanft hinter sich her ins Innere des Gebäudes. Als würde er eine ganz bestimmte Abteilung ansteuern geht er schnurstracks durch die mit Teppich ausgelegten Gänge, sodass mir kaum Zeit bleibt, mich umzusehen. Ich war schon lange nicht mehr hier, da die Schule inzwischen eine eigene Bibliothek hat, damit die Schüler die Literatur, die sie benötigen, direkt zur Hand haben. Doch hier hat sich einiges verändert. Die Regale scheinen ein wenig höher zu sein als früher und reichen jetzt bis fast unter die Decke, wodurch sie mit Leitern ausgestattet wurden, die mit Schienen an den Regalen befestigt sind, sodass sie hin und her geschoben werden können. So kommt man auch an die obersten Fächer heran. Die Teppiche, die nun den gesamten Boden bedecken, sind ebenfalls neu. Dadurch werden unsere Schritte gedämpft und die uns umgebenden, lesenden Leute nicht gestört.

In einer abgelegenen Ecke kommt mein Führer endlich zum Stehen und gibt meine Hand frei. „Und was machen wir jetzt hier?", frage ich ihn ungeduldig. Doch anstatt mir zu antworten, dreht er sich zu einem der uns umgebenden Regale und fängt an, nach einem Buch zu suchen - vermutlich. Unschlüssig, was ich tun soll beginne ich mit dem Fuß zu wippen und sehe auf meine Uhr. Wir haben erst halb fünf, sodass ich noch genug Zeit habe, bis meine Mum von der Arbeit nach Hause kommt.

„Ah!" Der Laut, der plötzlich von der Person vor mir kommt, holt mich in die Gegenwart zurück. „Ich hab's." Mit einem dicken Schinken in der Hand dreht er sich strahlend zu mir um. „Ich bin mir ganz sicher, dass es in dem hier gewesen sein muss!" Hilflos sehe ich ihn an. „Was muss da drin gewesen sein?" Ich stehe total auf dem Schlauch. Wovon zur Hölle spricht er? „Komm mit." Schon wieder geht er voraus und führt mich ins Ungewisse, nur dass er diesmal keine Hand frei hat, um meine zu halten - das Buch ist wohl zu schwer. Vor einem leeren Tisch, der in der hintersten Ecke der Bibliothek steht kommt er zum Stehen und setzt sich. Der Tisch ist bis auf zwei grüne Leselampen leer. Eine davon schaltet er an und beginnt, in dem Wälzer zu blättern. Zunehmend neugieriger stelle ich meine Tasche ab und setzte mich auf den Stuhl ihm gegenüber. Während er in dem Buch nach etwas sucht, habe ich die Gelegenheit, ihn ein wenig genauer zu betrachten. Das Licht der Lampe bringt sein dunkelbraunes Haar zum glänzen und wirft Schatten auf sein Gesicht, was dieses kantiger erscheinen lässt. Eine Strähne ist ihm in die Stirn gerutscht und verleiht ihm ein jungenhaftes Aussehen. Wie alt er wohl ist? Vielleicht 17, aber auf keinen Fall älter. Seine langen dunklen Wimpern werfen federnartige Schatten auf seine Wangen, auf denen ein leichtes Rosa liegt. Mein Blick wandert weiter zu dem Tisch auf dem meine Ellenbogen liegen. Er ist aus dunklem Holz und verleiht der Ecke ein edles Aussehen. Insgesamt geben der Junge vor mir und der Tisch mit seinen Lampen ein ruhiges und harmonisches Bild ab, das fast den Charme eines Gemäldes in sich trägt - ein Junge, der nach der Schule nach passender Literatur für den Unterricht sucht. Plötzlich fühle ich mich fehl am Platz, als würde ich dieses ruhige Bild zerstören. Doch dann sieht er auf und blickt mir mit seinen blauen Augen direkt ins Gesicht. Mustert es ganz genau. Und sieht wieder auf die aufgeschlagene Seite in dem Buch.

Was soll das denn jetzt? Vergleicht er mich mit einer dort beschriebenen Romanfigur oder was? Skeptisch sehe ich ihn an. „Hast gefunden, wonach du gesucht hast?" Aber anstatt auf meine Frage zu antworten blickt er bloß wieder auf und starrt mich mit offenem Mund an, um gleich darauf wieder auf diese dämliche Seite zu sehen. Jetzt reicht es aber. Ich erhebe mich von meinem Stuhl und gehe einmal um den Tisch herum, damit ich auch in das Buch sehen kann. Als ich hinter ihm stehe, reiße ich geschockt die Augen auf. Auf der Seite steht nichts geschrieben, wie ich vermutet habe, dort ist das Portrait eines Mädchens abgebildet. An sich nichts Besonderes. Sie hat wache, eisblaue Augen, einen normal geformten Mund und lange dunkle Wimpern. Ihre Nase umgeben leichte Sommersprossen und ihre langen dunklen Locken umrahmen ihr Gesicht. Und doch kehrt sich mir beim Anblick dieses Bildes der Magen um. Denn ich kenne diese Person. Das Gesicht, in das ich blicke, ist kein anderes als mein eigenes.

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Heyy Leutchens!

Also erstmal find ich es total toll, dass ihr meine Story lest und - ich würd gern mal eure Meinung hören :D Also, was ihr zu der Länge der Kapitel sagt und ob ihr die grundsätzliche Idee gut findet ;)

Bis dann,

Katiiiie ;D

Die Vergangenheit ist meine ZukunftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt