Kapitel 18

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„Wie du kannst es mir nicht sagen?!" „Warum musst du das wissen?" Weil ich so eine kostenlose Mitfahrgelegenheit nach Schottland hätte. „Darum." Er zieht zweifelnd die Augenbrauen zusammen und sieht mir wieder in die Augen. Sein Blick ist forschend. „Rose, warum ist das so wichtig für dich?" Er scheint wirklich gut in seinem Job zu sein. Nur ich kenne ihn kaum – ich werde ihm ganz sicher nicht meine Erlebnisse der letzten Tage erzählen nur damit er nachvollziehen kann, warum mir das so wichtig ist. „Ist es dieser Kerl aus Glasgow?" Wenn ich keine Fragen beantworten will, stelle ich grundsätzlich eine Gegenfrage. Das verwirrt die meisten Menschen und lenkt sie von der eigenen Frage ab. „Das war keine Antwort." Sein Ton ist härter und misstrauischer geworden. Er sieht mich aus zusammengekniffenen Augen an, als versuche er meine Gedanken zu lesen. Scheinbar hat er mich durchschaut – ich mag es nicht, durchschaut zu werden. Das gibt mir das Gefühl, berechenbar zu sein. Und das wiederum bedeutet Schwäche. Ich richte mich ein wenig auf und mache einen Schritt auf ihn zu, um zu zeigen, dass ich ganz sicher keine Angst vor ihm habe – auch wenn er viel größer und stärker ist. Ach und natürlich schon Kampferfahrungen als Soldat hat.

Doch er weicht zurück und stößt mit dem Rücken gegen die Wand, was mich irgendwie an diese ganzen Romanzen erinnert, die meine Mum manchmal im Fernsehen guckt – nur dass da immer die Frauen gegen die Wand stoßen. „Bist du etwa so ein kranker Groupie, der sich nur an mich ran geschmissen hat, um diesem John Blayn nahe zu sein?!" Aha, also ist es wirklich der Schotte. Sehr gut. Nur dass er mich für einen Fan von diesem Kerl hält, ist weniger positiv. Ich hab noch nicht mal einen blassen Schimmer wie der Typ aussieht – geschweige denn weshalb er überhaupt berühmt ist.

„Geht's noch?!" Entsetzt sehe ich ihn an und versuche mein Grinsen darüber, dass er mir indirekt meine Frage beantwortet hat, zu verstecken. Doch ich kann nicht anders und breche in schallendes Gelächter aus. Man muss also nur seinen Stolz ankratzen und er verplappert sich – das kann unter Umständen noch einmal nützlich sein. Nun vollkommen verwirrt starrt er mich einfach nur ungläubig an. Mit Tränen in den Augen – schon das zweite Mal an diesem Tag, dass ich ihn auslache – trete ich auf ihn zu und lege meine Hände an seine Brust. Dann sehe ich ihn an und muss lächeln. Er sieht wirklich verwirrt aus – und scheint keine Luft zu bekommen. Ich spüre sein Herz unter meiner rechten Hand schneller schlagen und grinse in mich hinein. Ist schon toll, andere Menschen nur durch eine Berührung beeinflussen zu können.

„Chris. Ich habe keine Ahnung wie dieser Kerl überhaupt aussieht – ich kann lediglich einen Nutzen aus seiner Abreise ziehen. Ich würde mich niemals an jemanden ran schmeißen, um irgendeinem seltsamen Kerl nahe zu sein. Du hast mir geholfen und dafür bin ich dir wirklich dankbar."

Während ich redete ging sein Atem immer schneller und er schien sich nur schwer auf meine Wort konzentrieren zu können. Aus reiner Neugierde stelle ich mich auf die Zehenspitzen und bringe so unsere Gesichter näher an einander. Seine Augen weiten sich und ich bin mir nun vollkommen sicher, dass ich und mein Aussehen der Grund für seine Nervosität sind. Doch bevor ich mich wieder zurückziehen kann, liegen seine Lippen ein weiteres Mal auf meinen. Und dieses Mal scheint er keine Zeit verlieren zu wollen, denn er drängt seine Zunge direkt in meinen Mund. Es fühlt sich seltsam und doch irgendwie toll an – und ich bin einfach zu neugierig auf neue Erfahrungen um den Kuss zu unterbrechen. Außerdem liebe ich die Wirkung die ich auf ihn habe – vielleicht kann er mir helfen, mich in dem Auto von diesem John zu verstecken. Ich muss es nur richtig anstellen. Er greift nach meinen Handgelenken, dreht uns um und presst mich gegen die Wand – die Handgelenke rechts und links neben meinem Kopf. Das ist das Bild, das ich aus den Filmen kenne. Sein Mund passt perfekt auf meinen und seine Zunge spielt mit meiner. Ich werde immer mutiger und es wird eher zu einem Kampf um die Dominanz – ich bin einfach niemand, der sich gern etwas sagen lässt. In meinem Bauch kribbelt es ein wenig und mein Herz schlägt definitiv schneller als sonst. Er lässt meine Hände los und greift nach meinen Hüften um mich näher an sich zu ziehen. Ich greife wie schon zuvor in seine Haare und bemerke das erste Mal, wie weich sie doch sind.

Als ich jedoch Schritte wahrnehme, die immer lauter werden, löse ich mich schlagartig von ihm und sehe ihm in die Augen. Dann deute ich mit dem Kopf in die Richtung, aus der ich die Schritte gehört habe und er mach erschrocken ein paar Schritte zurück, wobei es mich loslässt. Er streicht mit seiner Hand durch die Haare, die darauf wieder perfekt aussehen – zwar durcheinander, aber perfekt. Wie meine Frisur inzwischen aussieht, will ich gar nicht wissen. Aber außer an den geröteten Wangen ist ihm nicht mehr anzusehen, was gerade geschehen ist. Das ist auch gut so, denn keine Sekunde später kommt ein Mann in Anzug um die Ecke direkt auf uns zu. „Meyer! Wir brauchen dich unten, der Spezialgast macht einen Ausflug. Warum verlässt du einfach unerlaubt deinen Posten?" Dann wandert sein forschender Blick zu mir, nur um sich dann gleich wieder auf Chris zu richten. „Wer ist das?" Dass er nicht mich fragt, wer ich bin, bringt meinen sowieso schon von Natur aus dünnen Geduldsfaden zum reißen. „Na hören sie mal, sie Grünschnabel, erstens fragt man eine Person selbst nach ihrem Namen – auch wenn es sich um eine junge Frau handelt – und außerdem spricht man nicht so mit einem Kollegen, der gerade sehr freundlich einem Gast geholfen hat, den Weg zur Abstellkammer zu finden. Wissen sie, mein Freund und ich haben gestern Nacht das Zimmer ein wenig .... verunstaltet, wenn sie verstehen, was ich meine. Da will man nicht, dass die Putzfrauen das mitbekommen. Da habe ich lieber einen ihrer Männer gefragt – sie scheinen verschwiegen und korrekt zu sein. Wenn ich mich irre sagen sie Bescheid und ich werde eine Beschwerde einreichen. Und um ihre Frage zu beantworten – mein Name ist Malissa Grant. Wenn sie beide mich nun freundlicherweise hinunter begleiten würden? Ich habe noch eine Verabredung und nicht die Absicht, hier Wurzeln zu schlagen." Mit diesen Worten rausche ich an dem Fremden Kerl vorbei auf die Aufzüge zu.



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