Kapitel 1

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Alhaitham pov

Als ich an diesem Abend nach Hause kam, saß Kaveh wie üblich im Wohnzimmer und zeichnete. Ich legte meine Jacke ab und schaute ihm kurz über die Schulter: der Bauplan, den er skizzierte sah wirklich herausfordernd aus, umzusetzen. Außerdem wirkte das Papier bereits dreckig, so oft, wie er vermutlich schon etliche Male etwas wegradierte. "Wieder mal ein anstrengender Klient, wie ich sehe." Murmelte ich und stützte mich auf die Rückenlehne der Couch. Kaveh war so vertieft in seine Skizze, dass er mich jetzt erst bemerkte, zusammenzuckte und sich zu mir umdrehte. "...erschreck mich nächstes Mal nicht so." Meinte er monoton und drehte sich wieder dem Papier zu. <Da ist aber jemand schlecht gelaunt...> dachte ich. "....und ja. Er wollte wieder was geändert haben an den Plänen. Ich hab mittlerweile schon aufgehört, zu zählen, wie oft das nun so war." Ergänzte er dann, während er weiter zeichnete. Ich antwortete nicht und beobachtete ihn nur dabei im Stillen.

Dann vermalte er sich kurz etwas. Kaveh seufzte genervt und griff nach dem Radiergummi neben sich. Seine Hand war angespannt, als er ihn hob. "Ich denke, du solltest dich lieber erst beruhi---" bevor ich den Satz zuende führen konnte, hallte das laute Geräusch des Reißenden Papiers durch das Wohnzimmer. Eben dieses war nun irreparabel zerstört. Kaveh schwieg und starrte auf das Papier, während er den Radiergummi zwischen seinen Fingern umherrollte. Trotzdem konnte ich spüren, wie sehr er gerade innerlich brodelte. Wortlos stand er auf und pfefferte den Radiergummi mit voller Wucht durch den Raum, griff das Papier und zeriss es in weitere, kleine Fetzen, bis es schon fast farblosem Konfetti ähnelte. Dann fuhr er zu mir rum. "Hast du nichts besseres zu tun, als mich so blöd anzuglotzen?!" Giftete er mich an. Das Wort "blöd" spuckte er mir förmlich entgegen, so als hätte er es die ganze Zeit schon im Mund gehabt. Dennoch blieb ich ruhig und sah ihm in seine wütenden, feurigroten Augen. "Was bringt es dir, mir jetzt die Schuld daran zu geben? Ich hab noch versucht, dich zu warnen." Meinte ich daraufhin gelassen. Das schien ihn nur noch wütender zu machen. "Du hast nicht die geringste Ahnung, was hier abgeht, oder?! Jeden. Einzelnen. Tag. Opfere ich Blut, Schweiß und Tränen für diese Ganze Scheiße und du hast nie irgendwas besseres zu tun, als auf mich herabzusehen. Wie viel wichtiger du doch bist, nicht wahr?" Fauchte er. Er schrie so angestrengt, dass sein Gesicht völlig rot war und man sogar schon Adern unter seiner Stirn hervorschauen sehen konnte. "Habe ich je etwas dergleichen behauptet?" Fragte ich ihn skeptisch. "Nein, aber du hast es mehr als deutlich gemacht." Er blieb kurz still und seine Augen begannen, glasig zu schimmern. "Du bist....so ein...arroganter, aufgeblassener, besser wissender, empathieloser Bastard..." wimmerte er. Dann sahen wir uns schweigend an. Ich würde lügen, wenn ich sagte, dass mich diese Worte nicht verletzten, vorallem, wenn sie von Kaveh stammten. Dennoch wäre jetzt keineswegs ein guter Zeitpunkt gewesen, darauf aufmerksam zu machen. Ohne ein weiteres Wort brach Kaveh den Blickkontakt ab, lief Richtung Haustür und pfefferte sie weit auf.

Da knallte die Tür mit Schwung hinter ihm wieder zu. Gereizt massierte ich mir über die Stirn. Es war zwar keineswegs das erste Mal, dass wir stritten oder Kaveh abhaute, aber jetzt, wo ich heute schon gestresst genug war, frustrierte mich das alles nur umso mehr. <Was solls. In spätestens einer Stunde ist er wahrscheinlich eh wieder zurück...> langsam stand ich vom Sofa auf und ging in mein Zimmer, wo ich mich umzog und dann prompt erschöpft aufs Bett schmiss. <Wenn ich aufwache, sitzt er sicher wieder wie ein bockiges Kind im Wohnzimmer.> dachte ich seufzend, als ich so langsam in den Schlaf abdriftete.

Am nächsten Morgen wurde ich von den Sonnenstrahlen geweckt, die mir geradewegs durch den minimalsten Spalt zwischen den Gardinen in die Augen schienen. Ich richtete mich auf und lauschte: es war noch immer still. Entweder er schlief noch oder er saß bereits jetzt schon beleidigt irgendwo herum. Ich stand auf, verließ mein Zimmer und sah mich erstmal um. Nichts. Nirgends war er. <Dann schläft er noch.> Dennoch müsste ich zugeben, dass ich etwas beunruhigt war. Sonst war Kaveh immer ein ziemlicher Frühaufsteher, zumindest im Vergleich zu mir. Ich verbannte die Unruhe so gut es ging vorerst aus meinem Kopf und ging meiner Routine nach: frühstücken, anziehen, Bett machen, Schlüssel mitnehmen und fertig.

Das Raubtier (Kavetham Vampir!AU)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt