Kapitel 14

73 8 5
                                    

Lange Zeit saß ich auf der Bettkante am darauffolgenden Morgen. Ab und an stand ich auf, um aus dem Fenster zu schauen: der Himmel war durch und durch bewölkt. Es würde mich nicht überraschen, wenn er heute hier auftauchte. Noch schlug zumindest niemand Alarm und Kaveh schlief noch ruhig und selig. Kurz vor Mittag, als ich wieder neben ihm saß, rüttelte ich ihn sanft wach. Verwirrt und müde drehte er sich zu mir um. "Guten Morgen. Oder eher Vormittag. Du sagtest ja gestern selbst, dass du nicht verpennen willst." Sagte ich. Kaveh nickte. "Danke. Gibt's Neuigkeiten wegen ihm?" "Nein, bisher scheint noch nichts passiert zu sein. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass er heute aufkreuzen wird. Der Himmel ist bewölkt." Erklärte ich. Kaveh richtete sich im Bett auf und legte seinen Kopf auf meine Schulter. "Dann heißt es jetzt nur noch warten..." Murmelte er.

Kurz vor Mittagszeit verließen wir gemeinsam das Baumhaus, um die anderen vorsichtshalber schon mal vorzuwarnen. Tighnari und Cyno standen vor ersterem Haus und schienen sich angestrengt zu unterhalten. Wir gingen zu ihnen herüber. "Hey. Gibt's ein Problem?" Fragte ich, als wir den beiden gegenüber standen. "Nicht wirklich. Das Wetter beunruhigt mich etwas, wenn ich ehrlich bin. Ich habe den anderen lediglich gesagt, sie sollen sich schonmal auf ihren Posten verteilen." Erklärte Cyno. "Ah, sehr gut, deswegen wollten wir euch schon informieren. Es ist nur zu wahrscheinlich, dass er heute herkommt." Erwiderte Kaveh. "Eben. Ich habe außerdem ein paar Fallen am Boden aufgebaut, nur zur Sicherheit. Und Medizin und Verbandszeug haben wir auch in Massen. Wir sind gut vorbereitet." Verkündete Tighnari. "Ich würde vorschlagen, wir essen jetzt erstmal was. Eine Verstärkung vor dem Kampf wird uns gut tun." Schlug er ebenso vor, bevor er sich Collei zuwandte, die soeben aus dem Haus kam. "Collei, könntest du den anderen Waldhütern sagen, dass sie nachher mal herkommen sollen? Ich möchte, dass sich jeder noch etwas zuessen abholt. Sie sollen alles untereinander mit den Soldaten teilen." Schilderte Tighnari. Collei nickte. "Wird gemacht, Meister Tighnari." Damit ging sie auch schon los.

Eine halbe Stunde später saßen wir alle fünf, Kaveh, Cyno, Tighnari, Collei und ich, am Esstisch in Tighnaris Wohnzimmer und hauten ordentlich rein. Außer Kaveh natürlich. Er konnte es ja schließlich nicht essen und außerdem war er sicher noch satt von gestern. Ab und an klopfte es an der Tür, wenn Leute vorbeikamen, um sich wie versprochen hier ihre Mittagsrationen abzuholen. Ich war ehrlich gesagt beeindruckt davon, dass Tighnari wirklich genug für alle vorbereiten konnte. Dann wiederum hatten wir ihm auch bei der Zubereitung geholfen, aber dennoch. "Übrigens, wie machen wir es nachher, falls er herkommt? Greifen wir ihn sofort an, sobald wir ihn sehen?" Fragte Kaveh. Stimmt, darüber hatte ich selbst auch noch nicht ganz nachgedacht. Nach kurzem Bedenken legte ich mein Besteck ab. "Nein, das geht nicht. Wir wissen noch immer nicht genau, was Kaveh heilen könnte. Wir haben eine Spur, ja, aber was wenn wir ihn direkt töten, es nichts bewirkt und wir die einzige Person verlieren, die uns Antworten liefern könnte?" "Und du glaubst, er würde so einfach damit rausrücken?" Fragte Cyno skeptisch. "Lass uns zuerst versuchen, mit ihm zu reden. Man weiß ja nie." Sagte ich schulternzuckend.

Die Zeit, die wir gemeinsam in den vier Wänden verbrachten, ging schnell vorüber, sodass wir am Nachmittag alle draußen standen und nach dem Vampir Ausschau hielten. Kaveh und ich standen beieinander am Boden, unscheinbar die Finger ineinander verschlungen, angespannt den Augenblick abwartend, in dem er in unser Sichtfeld kommen würde.

Der Nachmittag zog sich. Je länger wir ihn nicht sahen umso angespannter wurden alle, bis plötzlich Raschelgeräusche und Ästeknacken hörbar wurden. Zunächst wurde vermutet, dass sich einer von uns dort umherbewegt, doch wurde schnell deutlich, dass das nicht der Fall war, da fast keiner sich in den letzten Stunden auch nur ansatzweise vom Fleck bewegt hatte. Die Geräusche hallten immer lauter durch den Wald, bis ein bekannter Lederumhang uns allen ins Auge fiel. "Hey. Es ist etwas her, nicht?" Grüßte er mit einem unheimlichen Grinsen auf dem Gesicht. "Ich sagte ja, wir würden uns wieder begegnen. Und was für tolle Arbeit ihr hier geleistet habt. Bra-vo." Trällerte er amüsiert.

Das Raubtier (Kavetham Vampir!AU)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt