Teil 5

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Die Tür fiel hinter mir zu.

Es dauerte einen Moment, bis sich meine Augen an das spärliche Dämmerlicht im Zimmer gewöhnt hatten, weshalb mir erst die Orientierung fehlte.
Mühsam versuchte ich, mich vom Boden aufzurappeln, aber einmal gelegen war mein Kreislauf am Ende, daher dauerte es einen Moment. Kaum hatte ich es geschafft, mich mit wackeligen Armen aufzusetzen, packte er mich am Saum meines Pullovers und zog mich unsanft zurück auf die Beine.

„Was sollte das? Ich dachte, wir waren uns einig, dass du die Klappe hältst", schrie er mir wütend entgegen.

Viel Zeit, um über eine Antwort nachzudenken blieb mir nicht, da er im nächsten Augenblick ohne jede Vorwarnung ausholte, um mir ins Gesicht zu schlagen. Bevor er mich traf, ließ er mich abrupt los, sodass ich wieder auf den Boden zurück stolperte, was die Wucht seines Schlages verstärkte.
Erst als ich spürte, wie etwas Warmes von meiner Nase tropfte merkte ich, dass ich Nasenbluten bekommen hatte. Sobald mir das bewusst wurde wischte ich mit meinem Ärmel hastig übers Gesicht. Trotz Allem blieb ich still, traute mich nicht, irgendwas zu sagen. Wer weiß, was er mir noch alles antun könnte.
Er schien allerdings auf eine Antwort meinerseits zu warten.

„Es tut mir leid", sagte ich schließlich. Meine Stimme war brüchig. Ich versuchte stark zu bleibe und die Tränen zurückzuhalten, die sich ihren Weg über meine Wange bahnen zu drohten, aber Parker ignorierte mich.

Ich spürte einen Tritt in der Magengegend und mir wurde schlecht vor Schmerz.
Ich hatte gar nicht gesehen, wie er ausholte, bevor er abrupt von mir abließ. Er warf einen Blick auf mich hinunter. Was ich darin erkannte verwirrte mich. Neben dem üblichen Ausdruck der Verachtung, die er so ziemlich immer ausstrahlte, wenn er mich ansah, fand ich auch einen Funken darin, der fast wie Mitleid aussah.
Ich weiß nicht, wie lange ich noch so auf dem Boden lag, zusammengekrümmt und zitternd, die Augen fest zusammengekniffen, während er sich entfernte und mir weiter keine Beachtung schenkte. Meine Tränen liefen ohne unterlass.

Ich weiß nicht, wie lange es dauerte, bis ich endlich von der Dunkelheit erlöst wurde, ich weiß nur, dass ich mir wünschte, nicht wieder aufzuwachen.

Es war früher morgen.
Die Morgendämmerung hatte das Fenster erst halb erreicht und das erste Tageslicht fiel sanft durch die Vorhänge.
Bis auf das leise, monotone Piepen der verschiedenen Geräte, welche neben dem Krankenhausbett standen, in welchem ich lag, war nichts zu hören.

Vor einigen Stunden war die Tür aufgegangen. Eine Schwester hatte meine Werte überprüft und mir noch eine Spritze mit Beruhigungsmittel gegeben. Danach war ich zum Glück wieder eingeschlafen. Mir tat immer noch alles weh, was es erheblich schwerer machte, auf natürliche Weise in den Schlaf zu finden.

Vor einigen Stunden hatten sie mich nach der Entführung endlich gefunden, dehydriert, blutüberströmt und nicht mehr ansprechbar. Ich wurde sofort ins Krankenhaus gebracht und die Nacht über operiert, um die Blutungen zum Stoppen zu bringen.
Jetzt war ich hier, vermeintlich in Sicherheit, aber leider nicht vollkommen.

Ich hatte Angst, denn das hier war ein öffentliches Krankenhaus, nicht etwa die sichere Krankenstation im Hauptquartier. Für Mitch Parker, den Mann, der mich entführt hatte, wäre es ein leichtes, hier hereinzukommen und mich auszuschalten, bevor ich vor meinem Chef gegen ihn Aussagen konnte.
Dieser Gedanke ließ mir keine Ruhe. In meinem Kopf spielten sich die Ereignisse der letzten paar Tage immer wieder ab und ich sah die Geschehnisse immer wieder vor mir, sobald ich die Augen schloss.
Parkers kalte Hand auf meinem Mund, um die Schreie zum Verstummen zu bringen von denen ich hoffte, Toby würde sie hören und mir helfen, um das Schlimmste noch abzuwenden.

Vergebens.
Ich sah noch immer den dunklen Keller vor mir, in dem er mich eingesperrt hatte.
Er versuchte gewaltsam, Informationen von mir zu erhalten. Hauptsächlich ging es um anstehende Einsätze. Er stellte mir tagelang dieselben Fragen. Es blieb für ihn ohne Ergebnis, da er keine Hinweise von mir erhielt. Ich beantwortete ihm keine einzige Frage, nicht weil ich es nicht wollte, sondern vielmehr, weil ich es nicht konnte. Selten hätte ich überhaupt eine Antwort parat gehabt.
Ich sah immer noch das Messer in seiner Hand vor mir uns wie es vor meinen Augen aufblitzte. In diesen Momenten hätte ich alles dafür getan, dass er aufhörte, mir wehzutun.
Teilweise war der Schreck dabei schlimmer gewesen als der Schmerz selber, zumindest bis die Wunden wenige Augenblick später zu bluten begannen oder die Stellen, an denen er mich geschlagen hatte, begannen, sich bläulich zu verfärben.
Er wurde mit der Zeit ungeduldiger. Er war wütend, nicht das zu erfahren, was er wissen wollte, da ich ihm nichts von dem gesagt hatte, was er hören wollte.
Parker hatte die Wunden jedesmal desinfiziert. Ich konnte die Schreie nicht unterdrücken, es brannte fast schlimmer als die Verletzung selbst.

Bei den Erinnerungen lief eine einsame Träne über meine Wangen.
Die Unruhe verging nicht und meine Angst bleib ebenfalls. Der Nachwirkung der Medikamente war es zu verdanken, dass ich schließlich doch noch einmal in einen unruhigen Schlaf fiel.

Battleside - depths of despair Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt