26 | Annäherung

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Ohne viel Blabla gehts direkt weiter :)

Das Herz schlug mir bis zum Hals, als ich mich an Marten vorbei hinter den Tresen schob. Obwohl ich ihn nicht ansah, ließ er mich keine Sekunde aus den Augen. Noch immer wusste ich nicht, weshalb er hier einfach so mitten in der Nacht auftauchte, aber nach unserer letzten Begegnung, bei der er mich dermaßen blöd angepöbelt und sich anschließend nicht mal mehr gemeldet hatte, hielt sich meine Freude in Grenzen.

„Was willst du hier?", seufzte ich, ohne ihn anzusehen.

"Wollte noch n Bier trinken, bevor ich nach Hause fahr", antwortete er. Seine Stimme klang sehr viel sanfter als bei unserer letzten Diskussion. Ich fuhr skeptisch zu ihm herum.

„War der Kiez nicht groß genug oder hast du in allen anderen Läden Hausverbot, weil du dich danebenbenommen hast?", fragte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. Er ließ sich unterdessen unbeeindruckt auf einen freien Hocker sinken.

„Ich habe keinen Grund, woanders hinzugehen", sagte er entschieden, legte seine Unterarme auf dem Tresen ab, verschränkte locker seine Hände ineinander und sah mir fest in die Augen. Sein Blick war so intensiv, dass ich mir auf die Zunge beißen musste. Doch obwohl er mir gerade unterschwellig erklärte, dass er nur meinetwegen hergekommen war, konnte ich mich nicht freuen.

„Pils?", hakte ich mürrisch nach, als ich begriff, dass er nicht gehen würde. Er nickte. Ich atmete tief durch, dann zapfte ich ihm eins. Vor lauter Nervosität lief mir beinah der Schaum über. Grimmig schob ich es ihm über den Tresen.

„Nervt dich der Typ?"

Erst jetzt bemerkte ich Viktor, der inzwischen wieder aus seinem Büro gekommen war. Marten verdrehte unterdessen die Augen.

„Du gehörst auch zu den Leuten, die ich nicht vermisst habe", kommentierte er finster. Viktor schien das nicht zu beeindrucken. „Ich fand's auch ganz angenehm, dass du komplett von der Bildfläche verschwunden bist."

„Hatte einfach keinen Bock mehr auf Visagen wie deine", sagte Marten unfreundlich, doch dann huschte ihm ein verräterisches Grinsen übers Gesicht und er begrüßte Viktor mit einem Handschlag. Ich seufzte innerlich auf. Klar, hätte ich auch von selbst drauf kommen können, dass die beiden sich kannten. Aber bevor Viktor dazu kam, alte Erinnerungen aufzufrischen, dröhnte lautes Gepolter durch den Raum. Zwei Männer waren am Automaten aneinandergeraten und schaukelten sich aufgebracht hoch. Ich hatte keine Ahnung, worum es ging. Viktor verdrehte die Augen, dann machte er sich auf den Weg, den Streitschlichter zu spielen. Ich blieb mit Marten allein zurück. Hilfesuchend schaute ich mich nach Melody um, doch auch die war ausgerechnet jetzt verschwunden. Kurzerhand wandte ich mich an Georg Griesgram, der, wie jede Nacht, mit mürrischem Gesichtsausdruck am Tresen saß und sich an seinem Glas Bier festhielt. Selbst mit ihm unterhielt ich mich im Moment lieber als mit Marten.

„Kann ich dir noch was bringen?", fragte ich hoffnungsvoll, doch er winkte ab, ohne einen Ton zu sagen. Also wandte ich mich an Ratte und Jules, die sich gerade über irgendeinen Film unterhielten.

„Möchtet ihr noch was?", wollte ich wissen. Im Augenwinkel konnte ich sehen, dass er kopfschüttelnd die Augen verdrehte und die Kiefer fest aufeinanderpresste. Es war offensichtlich, dass ihm nicht gefiel, wie ich ihn ignorierte.

„Nee, ich glaub, ich hau mich gleich hinten hin", antwortete Ratte und strich sich müde mit der Hand über den zerrissenen Pullover. Also drehte ich mich Jules zu. „Und du?" Auch sie schüttelte den Kopf. „Nee, ich warte nur auf Pina, dann ziehen wir weiter", lächelte sie.

„Wo geht's denn hin?", versuchte ich, das Gespräch am Laufen zu halten und beugte mich ihr neugierig entgegen.

„Wollen noch rüber ins Docks", erzählte sie bereitwillig.

Anger Management | Marten | 187Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt